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Desinformator vor Fliesenwand

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Schwurbellingo vom Feinsten

Fakenews und Verschwörungstheorien kann man jetzt mit dem „Desinformator“ von Pia Frey und Peter Wittkamp selber machen.

Von Zita Bereuter

Sie stecken doch alle irgendwie dahinter: „der geheime Sohn von Angela Merkel“, Lady Gaga und J.K. Rowling ebenso wie der gesamte Vorstand des Axel-Springer-Konzerns, Elon Musk und „ein geschäftstüchtiger Schwabe“.

Alle haben sie möglicherweise etwas vor: „soll angeblich den Brexit finanziert haben“, „hat die perfide Chemtrail-Technik entwickelt“ oder „fälscht seit Jahren Corona-Statistiken“. Eventuell auch „soll die Geburtsurkunde von Barack Obama gefälscht haben“, „ist als ‚Der Wendler‘ mega erfolgreich“ oder „hat die roten Gummibärchen vergiftet“. Sowas muss man natürlich auch kommentieren und bewerten. „Einfach nur traurig“, „Schön getarnt als Corona ‚Schutz‘-Maßnahmen“ oder „Da sieht man mal wieder, wie sich manche Leute verarschen lassen.“

So einfach baut der „Desinformator“ Fakenews oder Verschwörungstheorien: Man nimmt eine handelnde Person, lässt sie etwas tun und bewertet das. Zu diesen drei Kategorien gibt es je 50 Alternativen, und schon kann man 125.000 Verschwörungstheorien basteln.

Ausgedacht haben sich das die Journalistin Pia Frey und der Autor und Werbetexter Peter Wittkamp. Pia Frey sagt über sich, sie besitze eine seltsame Inselbegabung: „dass ich irgendwie Satzbau, Sätze oder Phrasen gerne im Kopf schematisiere und in verschiedene Strukturen bringe“. Auf diese Weise hat sie schon mehrere Flippbücher herausgegeben. Ob Sinnfragen, Moral oder Liebesbekundungen: Pia Frey liefert 125.000 mögliche Antworten.

Verschwörungstheorien waren schon länger eines ihrer Schubladenprojekte, und als sie zufällig ihrem Nachbarn Peter Wittkamp davon erzählte, „haute der da Inhalte raus, dass es kein Halten gab“.

Peter Wittkamp habe auch die ganzen Schwurblersätze drauf, erzählt Pia Frey. „Er hat einen unerschöpflichen Quell an diesem Geschwurbel, also an Schwurbellingo und Schwurbelthesen parat.“ Und so lesen sich diese Fake News so, also würde man sich durch soziale Netzwerke klicken oder das irgendwo bei einer Demo aufschnappen. „O tempora, o mores!“ Ihre Lieblingsspalte sei dabei die letzte, „diese kommentierende, die das Ganze nochmal in einen intentionalen Kontext setzt und die die Verschwörung so auf das nächste Level hebt“.

Desinformator vor Fliesenwand

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„Der Desinformator“ von Pia Frey und Peter Wittkamp ist bei DuMont erschienen.

Das Erstellen der Möglichkeiten war für Pia Frey und Peter Wittkamp ebenso unterhaltsam, wie es das Spielen und Lesen mit dem „Desinformator“ letztlich ist. Das Thema Desinformation ist im Grunde alles andere als lustig. „Aber es hat mir eine Form von Erleichterung verschafft, mit diesem düsteren Thema in Gaganess zu fliehen“, erklärt Pia Frey. Die Suche nach der kleinsten gemeinsamen Wahrheit mit Verschwörungsanhänger*innen falle ihr schwer, „und hier haben wir irgendwie das Gefühl gehabt, die zu finden, in einer absoluten Quatschwelt“. Mit Humor lassen sich zwar auch Verschwörungstheorien nicht lösen, aber vielleicht schafft gemeinsames Lachen „hier und da eine kleine Portion Abstand“, hofft Pia Frey.

Eine Gebrauchsanweisung für den „Desinformator“ hat Pia Frey nicht parat. Allerdings weiß sie, dass solche Klappbücher häufig in Klos zu finden sind. In einem bestimmten Akademiker*innenmilieu habe sich dieses Format als „Kloaccessoir“ etabliert, und das mache sie „sehr freudig und stolz“, sie „stehe gerne auf dem Klo“.

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