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Die Metamorphose der Editors

Editors veröffentlichen vier Jahre nach ihrem letzten Studioalbum nun „EBM“, ihr insgesamt schon siebentes. Mit „EBM“ erkundet die Band rund um Sänger Tom Smith die dunklen Ecken des Dancefloors.

von Eva Umbauer

Da ist sie wieder, diese Stimme von Tom Smith, dessen Bariton mit den Jahren immer prächtiger wird. Es ist eine große Stimme, die man in ihrer Erhabenheit wohl nur mit der von David Bowie vergleichen kann. Auf „Heart Attack“, einem der Songs vom neuen Album, kommt das besonders gut rüber, aber auch bei „Silence“. Wen kümmert es schon, dass auf der neuen Platte der Editors nicht so viel Gitarre zu hören ist - und wenn, dann klingt das meist schneidend wie eine Glasscherbe -, solange es da diese Stimme gibt.

„EBM“ ist das erste Album der Editors, bei dem der englische Musiker Benjamin John Power als vollwertiges Bandmitglied mitgewirkt hat. Benjamin war beim Electronic-Duo Fuck Buttons, das 2004 im südwestenglischen Bristol gegründet wurde, beeinflusst vom englischen 90er-Jahre-Elektroniker Aphex Twin und der schottischen Postrock-Band Mogwai. Auch solo veröffentlichte Benjamin John Power elektronische Musik, und zwar unter dem Namen Blanck Mass.

Bei „Violence“, dem letzten Album der Editors, half Benjamin John Power als Blanck Mass schon mit, dazu gab es dann die „Blanck Mass Sessions“ der Band. Dass er nun ein Bandmitglied geworden ist und weiter einen Beitrag zur Metamorphose der Editors leistet, erstaunt also nicht wirklich. Der muskulöse Electronic-Industrial-Techno von Blanck Mass bildete die Grundlage für die neuen Tracks der Editors. Der Albumtitel „EBM“ steht dann auch für „Editors Blanck Mass“.

„We talked about Rammstein quite a lot when we were making this record.“

„EBM“ steht aber auch für die Electronic Body Music, eine Elektronik-Musikrichtung, die in den 1980er und frühen 1990er Jahren bekannt war und deren Vertreter vor allem aus Deutschland und Belgien kamen: Bands wie DAF oder Front 242. Aber auch britische EBM-Vertreter gab es, etwa Nitzer Ebb. EBM gilt als zufallsbedingte Verschmelzung von britischer Industrial und kontinentaleuropäischer Minimal-Electro-Musik und nahm Einfluss auf die Entwicklung nachfolgender Musikrichtungen wie Techno. EBM verkörperte die düsteren Ecken des Dancefloors, und auf diese beziehen sich nun die Editors mit ihrem neuen Album, das die nächste Ära einer der beständigsten musikalischen Erfolgsgeschichten Großbritanniens einläutet.

Alle sechs bisherigen Studioalben der Editors haben sich in den britischen Top-10-Charts platziert, zwei davon sogar auf Platz 1 - „An End Has A Start“, 2007, und „In This Light And On This Evening“, 2009. Mit dem neuen Album präsentiert die Band ihr bisher ungewöhnlichstes Song-Material. Zumindest von der Kraft, der Energie und dem Vibe her ist „EBM“ letztlich aber doch noch ein Rock-Album geworden.

„It´s an electronic record, but it´s also a rock record“ - Tom Smith, Editors

„There is a strong physicality to this record. ‚EBM‘ started its life with the intention of connecting with people and filling a very physical space. There is also however an emotional physicality running throughout; an urgency and a sense of panic. An unease. Even in its more tender moments there is a yearning for connection“, sagen die Editors über ihren neuen Longplayer.

Rotes Cover mit Logo der Editors

Editors

„EBM“ von Editors ist bei PIAS erschienen.

Die neuen Songs dieser Ex-Indierockband, die sich immer mehr zu einem faszinierenden Nachtschmetterling entfaltet, sind dramatisch und nehmen sich meist recht viel Zeit. Es gibt aber auch dystopische Hits wie „Strawberry Lemonade“, wo Tom Smith von einer „broken nation“ singt - er singt vom United Kingdom - oder die vergleichsweise traditionellen, gitarrigen „Education“ und „Karma Climb“. In letzterem, das ein wenig an New Order erinnert, geht es laut Smith darum: „It’s about hedonistic escapism, not only from the world generally, but also from what people think of you.“

„This party is over, let the rain pour down on me“, singt Tom Smith in „Strange Intimacy“, dem letzten Track am neuen Editors-Album, der ein wahrlich furioses Finale ist. Die hedonistische Party mag für viele von uns vorbei sein, die Feier, das Zusammenkommen bei gedimmtem Licht muss aber unbedingt weitergehen. „EBM“ ist der Soundtrack dazu.

Am 17. Oktober sind Editors im Gasometer in Wien zu sehen.

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