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CC0 von Peggychoucair auf Pixabay

Was muss ein effektives Klimaschutzgesetz können?

Am 31. Dezember 2020 sind die Zielvorgaben des österreichischen Klimaschutzgesetzes ausgelaufen, wodurch das Gesetz praktisch unwirksam geworden ist. Doch auch davor war das österreichische Klimaschutzgesetz alles andere als effektiv.

Von Simon Welebil

Es gibt nicht wenige Stimmen in Österreich, die das Land als Vorreiter in Sachen Klimaschutz bezeichnen. Doch die nackten Zahlen erzählen eine andere Geschichte. Die Treibhausgasemissionen in Österreich sind praktisch immer noch auf dem Niveau von 1990, einzig durch die Einschränkungen aufgrund der Pandemie hat Österreich 2020 seine Klimaziele erreicht. Doch bereits 2021 sind die Treibhausgasemissionen in Österreich wieder angestiegen. Im Klimaschutzindex liegt Österreich nur auf Rang 37 von 64 untersuchten Staaten.

Warum Österreich beim Klimaschutz, der eigentlich Schutz menschlicher Lebensbedingungen auf diesem Planeten ist, derart ins Hintertreffen geraten ist, machen Expert*innen unter anderem am Fehlen eines Rahmenwerks fest, einem wirksamen Klimaschutzgesetz.

Ein zahnloses Klimaschutzgesetz

Das alte, Ende 2020 praktisch ausgelaufene Klimaschutzgesetz, konnte seine Aufgabe, die Emissionen nachhaltig zu senken, nicht erfüllen. Es hat zwar für insgesamt sechs Sektoren, von Industrie über Verkehr bis zur Landwirtschaft, Höchstmengen festgelegt, wurden diese nicht eingehalten, gab es keine Konsequenzen.

Das sei wie das „Hupverbot“ in Städten, meint die Umweltjuristin Priska Lueger: „Es weiß zwar jeder, dass man nicht hupen sollte, aber solange das nicht verfolgt wird und es keine Konsequenzen gibt, wird diese Regel auch nicht eingehalten.“

Konkrete Vorgaben mit Konsequenzen

Priska Lueger hat gemeinsam mit Katarina Zalneva für das Ökobüro, einen Dachverband österreichischer Umweltschutzorganisationen, eine rechtliche Hintergrundstudie darüber durchgeführt, welche Anforderungen man an ein effektives Klimaschutzgesetz stellen muss.

Priska Lueger

Martin Aschauer

Priska Lueger

Ihre zentralen Erkenntnisse: Ein Klimaschutzgesetz muss konkret vorgeben, wie viel Treibhausgasemissionen im Jahr eingespart werden müssen, in welchen Sektoren und wer für welche Einsparungen verantwortlich ist, ob Bund, Länder oder Gemeinden. Für all diese Körperschaften sollen wirksame Klimaschutzpläne erarbeitet werden, die mit dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens und unserem begrenzten CO2-Budget kompatibel sind. Werden die Reduktionsziele verfehlt, sollen definierte Sofortmechanismen greifen, und all diese Maßnahmen sollen auch vor Gerichten einklagbar werden, etwa von Umweltschutzorganisationen.

Solch ein Gesetz lässt jetzt schon über 600 Tage auf sich warten, wobei letztes Jahr ein Entwurf geleakt wurde, der schon einige dieser Forderungen enthielt.

Allgemeines Gesetz wäre grundlegend

Dafür hat die Regierung andere Projekte im Bereich Klimaschutz vorangetrieben, das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz, das die Stromproduktion in den Fokus nimmt, wie auch das Erneuerbare-Wärme-Gesetz zum Thema Heizen. Für umfassenden Klimaschutz brauche es allerdings ein allgemeines Gesetz als Fundament meint Lueger:

„Man kann sich das so vorstellen wie beim Bau eines Hauses. Es ist zwar schön, wenn man einen guten Elektriker hat oder eine sehr gute Installateurin, aber wenn es keinen umfassenden Bauplan gibt, der für alle Bereiche eine Grundlage bildet, dann wird das Haus auch nicht so schnell stehen. Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz oder andere sektorenspezifische Gesetze können einfach nur Teilbereiche regeln, die ein allgemeines KSG nicht ersetzen können.“

Zähe Verhandlungen

Im Klimaministerium sieht man das ähnlich, kann aber noch immer keinen konkreten Fahrplan für das Klimaschutzgesetz vorlegen. Ministerin Leonore Gewessler weilt im Moment in den USA, zum aktuellen Stand des Klimaschutzgesetzes hat uns das Klimaministerium folgendes Statement zukommen lassen:

„Klimaschutz muss oberste Priorität haben. Gerade vor dem Hintergrund der Klimakrise, werden die bereits jetzt spürbaren Auswirkungen, mit vielen Extremwetterereignissen, wie extremer Trockenheit, Murenabgängen und Überschwemmungen, in vielen Teilen Österreichs besonders sichtbar. Das Klimaschutzgesetz liegt in regierungsinterner Abstimmung. Zentral dabei ist, ein Gesetz zu haben, das anders als das bisherige Klimaschutzgesetz institutionell besser verankert ist und auch eine höhere Verbindlichkeit hat. Auch angesichts der aktuellen Ereignisse und dem damit verbundenen dringend notwendigen Ausstieg aus fossilen Energieträgern, soll das Klimaschutzgesetz möglichst rasch in Begutachtung gehen.“

Die Verhandlungen zum Klimaschutzgesetz sind kompliziert. Es müssen sich nämlich nicht nur die Regierungsparteien auf einen Entwurf einigen, sondern es braucht auch eine Zweidrittelmehrheit im Parlament, weil das Gesetz in so viele unterschiedliche Kompetenzen eingreift. Dass das noch heuer zu schaffen ist, traut sich Priska Lueger nicht zu wetten, aber da sich ÖVP und Grüne im Regierungsabkommen zu einem effektiven Klimaschutzgesetz bekannt haben, rechnet sie schon damit, dass es noch in dieser Regierungsperiode, also innerhalb der nächsten zwei Jahre, in Kraft tritt.

Klimademo #PeopleNotProfit

Unter dem vom März bekannten Motto #PeopleNotProfit laden die österreichischen „Fridays-for-Future“-Bewegungen für heute zur Klimademo Nummer elf und fordern dabei eine #EnergiewendeFürAlle. In Wien geht es ab 13 Uhr diesmal vom Bahnhof Wien Mitte über den Ring Richtung Heldenplatz, auch in sechs weiteren Bundesländern wird unter anderem für das weiterhin ausstehende Klimaschutzgesetz auf die Straße gegangen. Neu ist die Forderung nach einer Energiegrundsicherung.

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