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Christian Hummer

Reinhold Wenzel

RIP Christian Hummer 1990 - 2022

Christian Hummer, Keyboarder und Gründungsmitglied von Wanda ist gestorben.

Von Susi Ondrušová

2012 haben Wanda ihr erstes Konzert im Wiener Werk gespielt. Dieser Tage veröffentlichen sie ihr fünftes Album. Wanda haben sich im deutschsprachigen Raum zur Headliner-Band entwickelt, Platin-Verkäufe, sieben Amadeus Awards, ausverkaufte Konzerte und Fans, die ihnen an den Lippen hängen.

Die Konzerte, die Wanda in diesem Jahr auf ihrer Tour absolviert haben, haben krankheitsbedingt ohne Gründungsmitglied Christian Hummer stattgefunden, aber das Fundament des heutigen Erfolges hat er maßgeblich mitgeprägt. Wie die Band heute mitteilt, ist Christian Hummer nach langer schwerer Krankheit gestorben.

„Ich wurde von meiner Mama, nachdem sie vom Spital nach Hause gekommen ist, direkt ans Klavier gelegt und hab angefangen, Klavier zu lernen“, erzählt Christian Hummer 2016 im FM4-Interview. Im Laufe des Gesprächs gibt er auch andere biografische Details preis: zum Beispiel, dass er mit acht Jahren ein Klavier-Quartett geschrieben hat, obwohl er damals noch gar nicht wusste, was ein Klavier-Quartett ist. Ob er ein Genie sei? „Nein!“ Aber Marco Wanda, der beim Interview neben ihm sitzt, erwidert: „Ja!“

Über das erste Kennenlernen vor der Band-Gründung hat Christian erzählt: „Unser erster Kontakt war ein Telefongespräch. Marco ist an meine Nummer gekommen!“ Marco ergänzt: „Ich habe mich ihm aufgedrängt! Ich kam mit vier Bier und einer Danzer-CD zu dir, kann das sein?“ Sie hätten sich gut verstanden und sofort gewusst, dass sie zusammenarbeiten werden, ABER: „Die Danzer-CD hast du dir von mir ausgeborgt. Die habe ich bis heute nicht wieder!“

Christian Hummer

Radio FM4 / Franz Reiterer

Christian Hummer bei einem FM4 Überraschungskonzert mit Wanda im Dezember 2018

Es war dann nicht Danzer, sondern es waren Nirvana und die erste Symphonie von Brahms, die die Musiker viel gehört haben, als sie am ersten Album gearbeitet haben. Über die Entstehungsgeschichte des Songs, der ihr Leben verändern sollte, hat Marco im ersten FM4-Interview erzählt: „Wir hören sehr viel Platten, entweder bei Manu oder beim Christian zu Hause. Und ‚Bologna‘ haben wir in so einer Session geschrieben.“ Amore! „Ich glaube, dass die Musik von Wanda direkt Leben ist! Es sind Lieder, mit denen man sich identifizieren kann, weil es Erfahrungen sind, die man - wenn man lebt - einfach macht!“, hat Christian damals auf die Frage nach der Anziehungskraft von Wanda-Songs geantwortet.

Als Kind hatte Christian einen wiederkehrenden Traum, in dem er mit zwei Löwen spazieren ging. Als der Multiinstrumentalist neben Wanda noch eine weitere Band gründete, nannte er sie dann auch LoeweLoewe. Dort war Christian als Frontman an den Vocals und Gitarre zu hören. Über die Debütsingle „Lauter Als Die Stimme Im Kopf“ meinte er: „Eigentlich ist die Thematik des Liedes düster, aber durch das wiederholte Sehnen nach etwas, das diese inneren Stimmen übertönt, und durch die kontrastreiche musikalische Struktur haben wir bewusst versucht, den hoffnungsvollen Moment in den Vordergrund zu rücken!“ Musikalisch hoffnungsvoll und vorantreibend klingt auch der zweite Song von LoeweLoewe: „Stop Lift Stop“

„Die Rockband einsetzen, als wäre sie ein Symphonieorchester“, so hat Christian seinen Zugang zum Musikmachen mit LoeweLoewe beschrieben.

Christian war nicht nur als Musiker im Studio, im Proberaum, am Mikro, an der Gitarre oder am Klavier. Er war auch hinter den Kulissen tätig und hat das Label Radio International ins Leben gerufen, um Nachwuchsbands wie zum Beispiel Lorenz Ambeek und Rahel eine Plattform zu bieten.

Auf der anderen Plattform, seinem privaten Insta-Kanal, hat er während der vielen Lockdowns im ersten Corona-Jahr mit der Kamera auf seine Finger gerichtet Klavier gespielt: Brahms, Schubert, Mozart, Beethoven, Beatles, Elton John. „Isolationssongs“ hat er diese Insta-Serie genannt. In einem Posting hat er es auch mit „Gedudel“ kommentiert.

Die Euphorie und Konzentration, die ihm während dieser kleinen Darbietungen ins Gesicht geschrieben stand, war eine andere, als man es als Wanda-Fan oder Musikjournalistin von ihm kannte. Was heißt aber schon kennen. Mitsingen, mitklatschen, fragen, wie es einem geht und ob er ein Genie ist und was Multiinstrumentalist eigentlich wirklich bedeutet.

Von jedem Instrument wollte er eines besitzen. Songs schreiben, produzieren, sich mitteilen, berühren, leben, lachen.

Alles Mitgefühl der Familie, den Freund*innen und der Band.

Im abgedunkelten Büro mit Christians Stimme im Ohr bleibt ein Klick in die Trostkammer des Musikers und Autors Nick Cave. Auf die Frage „What is the point in life?” hat Nick Cave in seinen „Red Hand Files“ eine poetische Abhandlung über den Zusammenhang von Verlust, Trauer, Glück und Freude verfasst:

“…We reach out and find each other in the common darkness. By doing so we triumph over our collective and personal loss. Through kindness we slant, shockingly and miraculously, toward meaning. We discover, in that smallest gesture of goodwill laid at the feet of our mutual and monumental loss, ‘the point’.”

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