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Sex Pistols in langweilig

Niemand scheint glücklich zu sein über die Sex Pistols TV-Serie von Regisseur Danny Boyle und das nicht, weil sie provokant oder gewagt ist.

Von Natalie Brunner

Leider ist die Serie auf unangenehme Weise nervig und kann die Portraitierten und das Geschehen nicht fassen. Allen voran der mit seinen Exbandkollegen zerstrittene John Lydon, vormals Johnny Rotten, ist erzürnt darüber, wie die 2017 erschienene Autobiographie des Sex Pistols-Gitarristen Steve Jones zu einem Drehbuch umgearbeitet wurde.

Die Sex Pistols existierten drei Jahre lang, von 1975 bis 1978, und in dieser Zeit verbreitenten sie genügend Chaos, um ihren popkulturellen Revoluzzerstatus für die Ewigkeit zu zementieren. Die sechsteilige TV-Serie „Pistols“, inszeniert von Trainspotting-Regisseur Danny Boyle, erzählt die Geschichte der Band größtenteils aus der Sicht des Gitarristen Steve Jones. Sie versucht, die Menschen hinter den von ihrem Manger Malcom McLaren erschaffenen und von Vivienne Westwood eingekleideten Figuren zu portraitieren. Das ist in Momenten lustig, etwa wenn Johnny Rotten Sid Vicious das Schlimmste nur mögliche androht, nämlich dass er ihn nicht mehr zu seiner Mama zum Tee mitnimmt. Aber im Großen und Ganzen ist es schnell langweilig und wirkt irrelevant.

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Die Sex Pistols, gelenkt von Malcolm McLaren, waren sehr gut darin, ihren eigenen Mythos zu bauen und ihn mit Hilfe von Filmemacher Julian Temple zu dokumentieren. Es gibt die Mockumentary „The Great Rock’n’Roll Swindle“ aus dem Jahr 1980, die ein sehr authentisches und lustiges Bild von dem Spirit der innovativen Provokateure zeichnet.

Kennt man diesen Film und hat die echten Sex Pistols jemals in Videos gesehen, so ist man ziemlich verstört von der Darbietung des Casts von „Pistol“. Als der Trailer herauskam, nannte Lydon, vielleicht auch weil nicht involviert und konsultiert, ihn „eine Mittelklassen-Fantasie“ und meinte weiter: „Disney hat unsere Vergangenheit gestohlen und ein Märchen geschaffen, das wenig Ähnlichkeit mit der Wahrheit hat“.

Hölzern und unglaubwürdig stellt „Pistol“ nach, was Punk in der Version und unter der Regie von Malcom McLaren angestellt hat. Der Spirit blitzt in der TV-Serie nicht durch. In „Pistol“ mag zwar viel Wille zu sozialem Kommentar und zur Konstruktion von Parallelen zur Gegenwart stecken, aber der Funke springt nicht über. Wenn man noch nie etwas von den Sex Pistols gehört oder gesehen haben sollte, dann ist das Serien-Reenactment ihres Angriffs auf Kirche, Staat und Showbiz möglicherweise interessanter als sich den Wikipedia Eintrag der Band durchzulesen. In jedem Fall würde ich aber empfehlen, den Great Rock’n’Roll Swindle und sämtliche Interviews mit Band und McLaren der sechsteiligen TV Serie „Pistol“ vorzuziehen.

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