Jeder glaubt, dass die eigene Sprache besonders wichtig sei
Eine Kolumne von Todor Ovtcharov
Wenn es nach den Menschen dort im Heim geht, spricht jeder, der keinen Dialekt versteht, eigentlich kein Deutsch. Für sie selbst sei es zu spät Hochdeutsch zu lernen, von unterschiedlichen serbischen oder polnischen Akzenten ganz zu schweigen.
Um den Service im Altersheim zu verbessern brauchen alle Pfleger*innen Dialektcrashkurse. Schwer wird es für diese Pflegekräfte, wenn sie wegen eines Jobs dann irgendwann nach Berlin oder nach Zürich umziehen sollen.
Jeder glaubt, dass seine Sprache besonders wichtig sei. Im 19. Jahrhundert war es gang und gäbe Französisch zu sprechen. Die Sprache der Diplomatie und der Poeten. Heute glauben viele in Frankreich, dass die Welt immer noch so funktioniert, und sprechen keine andere Sprache außer Französisch. Und hier meine ich nicht alte Menschen in Pflegeheimen, sondern auch ganz viele Junge, die nur ihre Muttersprache beherrschen. Ich erinnere mich, wie schwer es für mich war, einer Kleiderverkäuferin zu erklären, dass ich ein Hemd brauche. Ich musste meinen Pulli ausziehen um ihr mein Hemd zu zeigen. Zum Glück hat sie das nicht irgendwie falsch interpretiert.
Habt ihr in der jüngeren Vergangenheit mal einen amerikanischen Präsidenten eine Fremdsprache sprechen hören? Sie erwarten sich immer, dass die anderen Englisch sprechen müssen. Irgendwie blieb es beim berühmten „Ich bin ein Berliner“ von Kennedy. Doch jeder lernt nur das, was man in der Arbeit von ihm erwartet.
Wir leben im Turm von Babel und jeder spricht seine eigene Sprache. Doch irgendwann sollen wir lernen aufeinander zu hören. Deshalb liebe Hörerinnen und Hörer, fangt an Chinesisch zu lernen!
Publiziert am 05.10.2022