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Andrea Putz/Wexl Trails

Mountainbiken braucht mehr legale Strecken

Österreich ist noch keine „Bike Nation“, zumindest nicht, was die Infrastruktur anbelangt. Es fehlen tausende Kilometer legaler Mountainbike-Strecken, das wurde beim Mountainbike-Kongress in Saalbach-Hinterglemm einmal mehr betont. Doch es gibt Lösungen dafür.

Von Simon Welebil

Wenn Harald „Hari“ Maier den Status quo von Mountainbiken in Österreich zusammenfasst, trennt er das nach Zielgruppen auf. Bei den Liebhaber*innen von Naturtrails und Singletrails fällt sein Fazit besonders ernüchternd aus: „Es ist besser, wenn die in die Schweiz fahren, nach Südtirol oder Bayern, denn die werden in Österreich nicht viel Freude haben.“ Anders sieht es für Downhiller*innen aus, denn die Bikeparks sind für sie recht gut aufgestellt. Trailcenter sind in der Ausbauphase, Forststraßen gibt es jede Menge und touristisch gibt es auch genügend Wachstumspotential.

Hari Maier ist der Initiator des Mountainbike-Kongresses in Saalbach-Hinterglemm, der vergangene Woche verschiedene Stakeholder*innen und ihre Positionen zum Thema Mountainbike zusammengebracht hat. Was die Situation hierzulande im Großen und Ganzen recht gut zusammenfasst, war auch der Titel eines der Diskussionspanels: Österreich hat demnach das „attraktivste ‚illegale‘ Wegenetz der EU“.

Eigentlich gibt es jede Menge Straßen und Wege in Österreich, die interessant für Mountainbiker*innen wären, doch laut Forstgesetz ist Mountainbiken auf allen Wegen im Wald und darüber generell verboten. Ausgenommen sind ausdrücklich freigegebene Mountainbike-Strecken. Von denen gibt es jedoch viel zu wenige für die immer größere Nachfrage, sodass viele Mountainbiker*innen sozusagen in die Illegalität getrieben werden.

In der Trailarea Göttweig

Trailwerk Wachau

Im Trailwerk Wachau shapen Vereinsmitglieder die Trails für Mountainbiken ohne Konflikte.

Gefahren wird auf jeden Fall

Eine große Umfrage des Österreichischen Alpenvereins mit über 15.000 Teilnehmer*innen im Jahr 2020 hat ergeben, dass 88 Prozent der Mountainbiker*innen regelmäßig auf illegalen Strecken unterwegs sind. Rund um Innsbruck wurden im selben Zeitraum über 100 Kilometer illegale Trailvarianten kartiert, die in einem krassen Missverhältnis zu den legalen Trailkilometern stehen, deren Zahl nur einstellig ist. Auch an anderen Orten zeigen Heatmaps aus Sporttrackingapps und auch Daten von Mobilfunkanbietern, dass trotz Verboten gefahren wird.

Immer größere Teile der Bevölkerung bewegen sich also in der Illegalität, auch weil es keine andere Möglichkeit gibt:

Du kommst mit dem Mountainbike aus der Stadt Salzburg nicht legal heraus, das heißt, du kannst sie nur illegal verlassen. Legal kommst du nur heraus, wenn du das Rad in deinen Kofferraum schmeißt. (Hari Maier)

Um den Großteil der illegalen Fahrten zu beenden, bräuchte es laut Hari Maier etwa 24.000 Kilometer leichte Mountainbikestrecken in Österreich und etwa 2.400 Kilometer Singletrails als Basisangebot. Und die bräuchte man nicht einmal neu bauen, die gäbe es bereits.

Am Gesetz liegt es nicht

Hari Maier schreit jetzt nicht nach einer Änderung des Forstgesetzes und einer Öffnung aller Forststraßen für Mountainbiker*innen, denn man brauche ohnehin nur die attraktiven Forststraßen und Wanderwege, also jene, die zu Hütten oder zu Ausgangspunkten von Abfahrten führen. Diese Wege können mit den verschiedenen „Mountainbike-Modellen“ der Bundesländer freigegeben werden.

Dass dies auch passiert, dafür sind unter anderem die Mountainbike-Koordinatoren zuständig, die es mittlerweile fast in jedem Bundesland gibt. Der ehemalige Downhill-Profi Markus Pekoll ist seit eineinhalb Jahren Mountainbike-Koordinator des Landes Steiermark. Seine hauptsächlichen Tätigkeiten beschreibt er so: „Aufklärungsarbeit, fast ein bisschen Mediator, Konflikte abbauen und sehr viel zuhören.“ Er ist dafür zuständig, einen Interessenausgleich zwischen Land- und Forstwirtschaft, den Gemeinden, Jäger*innen, Wander*innen und eben Mountainbiker*innen herzustellen und auch Regionen in Bezug aufs Mountainbiken weiterzuentwickeln.

Markus Pekoll

Chris Cummins

Markus Pekoll 2020

Seine Idealvorstellung für Mountainbike-Infrastruktur wäre, dass es in der Nähe von urbanen Zentren Trails und Übungsbereiche gibt, wo sowohl Erwachsene als auch Kinder über Vereine ans Mountainbiken herangeführt werden, die auch einen respektvollen Umgang mit dem Wald vermitteln. Im Mittelgebirge und in den hohen Bergen sollen dann Shared Trails ins Zentrum rücken, also Wege, die sich Wanderer*innen und Biker*innen teilen und die bereits vorhanden sind. Damit das funktioniert, sollten sich Mountainbiker*innen auch an der Erhaltung der Wege beteiligen und gemeinsam Verantwortung übernehmen. In jeder Region brauche es zumindest einen „Kümmerer“ als Ansprechpartner*in.

Es braucht viel Kommunikation

Es braucht Feedbackschleifen und jede Menge Kommunikation, dann könne es einen Interessenausgleich geben und man könne das Mountainbiken nach vorne bringen. Markus Pekoll sieht das bisherige Problem mit dem Ausbau von Mountainbikestrecken vor allem in der Kommunikation, an mangelndem Austausch und an „emotionalen Altlasten“ aus den letzten 20 Jahren: Biker*innen gegen Wander*innen, Biker*innen gegen Grundstücksbesitzer*innen und Jäger*innen. Das gelte es zu überwinden, indem man die Werte des Gegenübers akzeptiert.

Die Rahmenbedingungen im Hintergrund, um mehr legale Strecken zu bekommen, sind laut Markus Pekoll mittlerweile in allen Bundesländern vorhanden: Digitalisierung, Beschilderung, Verträge, Versicherung, Haftungsübernahme - man müsse das nur an die Leute bringen. Markus Pekoll ist positiv, dass in dieser Hinsicht in den nächsten Jahren einiges weitergeht:

Wenn in dem großen Wegenetz in Österreich die „richtigen Wege“ und wenn auch die „richtigen Leute“ gefunden werden, die mit den alpinen Vereinen zusammenarbeiten, „dann kann man aus diesem ‚illegalen Wegenetz‘ etwas sehr Attraktives machen, wobei wir dann fast nur Gewinner haben.“

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