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Call of Duty MW2

Activision

Die größte Schießbude der Welt

„Call of Duty: Modern Warfare 2“ ist der 19. Teil der ermüdend langlebigen Militainment-Blockbusterreihe: Männerkitsch für Millionen.

Von Rainer Sigl

„Modern Warfare 2“ - das neue „Call of Duty“ teilt den Namen eines alten „Call of Duty“. Es ist wie sein direkter Vorgänger ein Reboot oder vielleicht besser: ein Remix der historischen Teile desselben Titels - nur in hübscher. Die Fans wird das Aufwärmen von Figuren und Szenen garantiert nicht stören, denn die haben ohnehin kein Interesse an Innovation.

Was stattdessen wichtig ist: Bombastische Effekte, noch bessere Grafik, und immer wieder dieselbe Story von heldenhaften westlichen Soldaten im Kampf gegen Russen, Araber und sonstige Abziehbösewichte. Wenn Michael Bay Spiele machen würde, würden sie genau so aussehen.

Call of Duty MW2

Activision

Call of Militainment

„Call of Duty“ hat Hollywoodfilmen längst den Rang als weltgrößtes Militainment-Vehikel abgelaufen, also als Unterhaltungsprodukt, das vom Reiz des Miltärischen lebt. Wie „Top Gun“ & Co im Kino zeigt auch die Shooter-Reihe den Krieg großteils als Sache von harten Männern, die an der Front die Drecksarbeit erledigen und sich - „für uns alle“ - die Finger dreckig machen.

Der Feind dabei: natürlich Terroristen, Drogenkartelle und die üblichen Schurkenstaaten, aber immer wieder auch realitätsfremde Bürokraten, Politiker und Geschäftsmänner der eigenen Seite. Werkzeug, Handlanger, Waffe, aber auch Leidtragende und Opfer dieser Schreibtischtäter sind immer schon die Männer (und manchmal auch Frauen), die hier kämpfen und sterben. Die Wahrheit gibt’s ausschließlich an der Front, also hinter dem Visier der jeweiligen, bis ins Detail nachgebauten modernen Schusswaffe, im Kampf ums eigene Leben.

Call of Duty MW2

Activision

Männerkitsch mit Hang zur Verschwörungstheorie

„Call of Duty“ ist Männerkitsch, wie immer, wenn es abgebrühte Profis mit weichem Kern zu sehen gibt, die im besten Fall wie eine gut geölte Maschine zusammen Unglaubliches leisten, „Competence Porn“ eben, mit coolen One-Liners und immer wieder auch melancholischen Momenten.

Soldaten, die miteinander kämpfen, leiden und sich hintergehen, die gemeinsam im hohen Gras liegen und hintereinander herrobben: „Call of Duty“ ist das homoerotischste Stück Fiktion, das je erschaffen wurde, schwuler noch als jedes Frankie Goes to Hollywood-Video, so hat der britische Journalist und Autor Charlie Brooker einmal geätzt. Viel unsympathischer ist dabei, dass sich in den letzten Jahren in den Hintergrundgeschichten immer wieder auch Verschwörungserzählungen realer Rechtspopulisten wiederfinden; dem Erfolg der Spielereihe hat das nicht geschadet, im Gegenteil.

Vielleicht auch, weil die meisten KäuferInnen angeblich ohnehin nur den Multiplayer-Teil spielen; der kommt ohne Story aus und beschränkt sich so darauf, Heimat einer der toxischsten Games-Communitys überhaupt zu sein. Auch das ist für die Fans egal, solang es hübsch aussieht und knallt: „Call of Duty“ ist und bleibt „Call of Duty“; eine Schießbude, in der Krieg spielen Spaß macht und Politik nur Tapete ist. Genau das macht seinen langjährigen Erfolg aus.

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