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„Eismayer“: Lebensgeschichte wird Liebesgeschichte

Beruhend auf einer wahren Geschichte erzählt Regisseur David Wagner in seinem Debütfilm die Geschichte des brutalen Bundesheerausbildners Charles Eismayer. Im toxischen Umfeld des Heers verliebt er sich in einen Rekruten.

Von Philipp Emberger

Tyrann, Sadist, Schleifer - der Nachname Eismayer kommt häufig mit wenig schmeichelnden Zusätzen daher. In seiner Zeit beim Bundesheer galt der Vizeleutnant Charles Eismayer als einer der härtesten Ausbildner. Die Rekruten, die unter ihm dienen mussten, hatten keine einfache Zeit. Es hat sich sogar regelrecht ein Mythos um ihm gebildet, zahlreiche Horrorgeschichten inklusive. Die berühmteste ist, dass er eine Kuh mit einer Panzerfaust in die Luft gesprengt haben sollen. Eine Referenz auf diese legendäre Geschichte findet sich auch im Film „Eismayer“. Die Lebensgeschichte des realen Charles Eismayers dient Regisseur David Wagner in seinem Spielfilmdebüt als Grundlage.

Die Lebensgeschichte wird zur Liebesgeschichte. Es gibt nämlich auch andere Bilder vom Eismayer. Jene, auf denen zu sehen ist, wie er sich 2014 mit seinem langjährigen Partner Mario Falak in der Maria-Theresien-Kaserne verpartnern ließ. Die beiden tragen ihre weiße Galauniform, sind mit militärischen Orden dekoriert. Der härteste Ausbildner beim Bundesheer ist schwul? Das kann es eigentlich nicht geben. Ist aber so.

Wenn Sie erfrieren, dann bringe ich Sie um!

In Kochschürze, Gulasch und Bier auftischend, hat Regisseur Wagner den wirklichen Eismayer kennenglernt. Ein Bild, das im ersten Moment mit den Gruselgeschichten, die man vom Bundesheer-Eismayer gehört hat, nicht recht zusammenpassen mag. „Dieser Mann hat so viele unterschiedliche Charaktereigenschaften und Emotionen. Daraus eine Geschichte zu spinnen, war für mich total interessant“, erzählt Wagner im FM4 Interview. Geworden ist es ein fokussierter und komprimierter Spielfilm, der nur an manchen Stellen etwas zu fokussiert gerät.

Als der junge Rekrut Mario, top gespielt von Luka Dimić, zum Bundesheer kommt, dauert es nicht lange, bis sich die Blicke von Eismayer (Gerhard Liebmann) und ihm treffen. Zuerst sind die Blicke noch von Härte gekennzeichnet. Eismayer degradiert den Neuankömmling, auf seinen Migrationshintergrund anspielend, gar zum „Rekrut Tschusch“. Später werden diese Blicke aber liebevoller, zärtlicher, in ihnen liegt Begierde. Eine Begierde, mit der die beiden umzugehen versuchen, während um sie herum rassistische und homophobe Aussagen durch die kalten Kasernengänge fliegen. Es ist eine Liebe in einem toxischen Umfeld.

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Gerhard Liebmann als Eismayer mit Luka Dimić als Rekrut Mario Falak

„Eismayer“ erklärt nicht viel, blickt meistens von außen auf die Geschehnisse und versucht diese, trotz fiktionalisierter Form, so realistisch wie möglich wiederzugeben. Das gelingt auch hervorragend, lediglich bei einer Sexszene im Auto müsste man in puncto Realitätstreue nochmal drübergehen. Aber sei es drum. Die Uniformen, die Umgangsformen und der raue Ton sind dafür gruselig realistisch on point.

Das Heer als Ort scheinbarer Progressivität

In der Kategorie „Settimana della Critica“ hat „Eismayer“ bei den Filmfestspielen von Venedig seine Weltpremiere gefeiert und gleich die Auszeichnung als bester Film abgeräumt. Im Rahmen der Viennale feierte der Film nun seine Österreich-Premiere und startet diese Woche regulär in den Kinos. Viele österreichische Soldat*innen dürften den Weg in die Kinos antreten. Schließlich sind die Geschichten über den Eismayer fast schon größer als die Person selbst.

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Dass zwei Männer in Galauniform heiraten können und dürfen, ist für viele wohl schwer mit dem Bild des Bundesheers vereinbar. Es zeigt aber auch, dass die Realität eben meistens doch komplexer ist. In erster Linie wollte David Wagner eine Liebesgeschichte in dem streng hierarchischen Umfeld des Heers erzählen. Gleichzeitig kann der Film aber auch einen Diskurs fördern. Sexualität beim Heer, Männlichkeit, hierarchische Strukturen oder Machtmissbrauch sind nur einige Beispiele, die Wagner da selbst sieht: „Wie wir leider immer wieder sehen und hören, ist das halt noch nicht ganz vorbei. Da passen immer wieder Dinge, die schlimm sind.“ Der Film kann und soll also dazu beitragen, auch wieder über Schattenseiten zu sprechen, passend zum Zeitpunkt, nachdem am Nationalfeiertag das Bundesheer gerade omnipräsent war.

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