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Rotes schummriges Licht in einem Club

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Wie umgehen mit Drogen in der Clubkultur?

Es ist ein offenes Geheimnis: Für viele Menschen gehört zum Clubbesuch der Konsum von härteren Drogen dazu. Wie gehen Clubs und Partyveranstalter*innen damit um?

Von Xaver Stockinger

Koks, Speed, Ecstasy, Ketamin – dass derlei Substanzen beim Feiern in Clubs gerne konsumiert werden, dürfte niemanden überraschen. Ebenso wenig, wenn nach längerem Warten in der Club-Kloschlange endlich eine Kabinentür aufgeht und gleich mehrere Leute verstohlen herausschleichen. „Es ist wie ein Elefant im Raum, über den niemand reden will, aber natürlich existiert das in der Nacht!“, erklärt Gregor Imhof. Er ist Mitbetreiber vom Club SASS am Wiener Karlsplatz, einer Institution in der Wiener Clublandschaft.

Es sei schlichtweg unmöglich, psychoaktive Drogen gänzlich aus Clubräumen herauszuhalten. Menschen würden immer einen Weg finden, Substanzen mit hineinzunehmen. „Wie weit soll ich die Gäste an der Tür durchsuchen? Soll ich sie nackt ausziehen lassen? Das ist ja illusorisch“, so der SASS-Betreiber. Man müsse akzeptieren, dass der Konsum von Drogen nun einmal Bestandteil von Clubkultur ist.

Safer-use statt Null-Toleranz

Das sieht auch Jacob Chagnon so. Er hat soeben seinen Master an der Central European University in Wien gemacht. In seiner Abschlussarbeit forschte er zum Thema harm reduction am Beispiel des Wiener Nachtlebens. Anstatt zu versuchen, psychoaktive Substanzen und ihre Konsument*innen aus Clubräumen zu verbannen, sei es sinnvoller, mit Information und Aufklärung die Risiken von Drogenkonsum zu reduzieren – „safer-use“ sei hier das Stichwort. Doch wie könnte ein Clubraum aussehen, der sich dieses Anliegen zu Herzen nimmt?

„Wichtige Schlüsselfaktoren sind die Bereitstellung von kostenlosem Info-Material zum Thema „safer use“, die Einrichtung von Cool Down-Räumen, in denen sich Gäste von der stimulierenden Umgebung erholen können, sowie Personal, das im Umgang mit Überdosen und Vergiftungserscheinungen geschult ist“, erklärt Jacob Chagnon. Dazu komme vor allem in Wien auch die Möglichkeit, mit lokalen Expert*innen und Servicestellen zu kooperieren.

Chagnon erinnert an die Wiener Organisation checkit!, die kostenloses drug-checking an Veranstaltungsorten anbietet. Konsument*innen haben dort die Möglichkeit, anonym Substanzen abzugeben und werden über die genauen Inhalte und Gefahren informiert. Die Servicestelle PsyCare biete krisenpsychologische Betreuung bei sogenannten bad trips. Die Liste an möglichen Maßnahmen und Servicestellen, die in Partyräume integriert werden könnten, ist also lang. Doch wie stellt man sicher, dass Clubs und Veranstalter*innen solche Maßnahmen auch tatsächlich umsetzen?

Im Rahmen des Waves Festivals gab es im September dieses Jahres auch ein Panel zum Thema „Harm Reduction at Music Events“

Ein Gütesiegel für Clubs?

Jacob Chagnon nennt eine mögliche Lösung: Ein „Safer Partying Label“, eine Art Gütesiegel für Clubs. In anderen Ländern, wie etwa der Schweiz ist das schon Realität. Wenn Clubs oder Veranstalter*innen gewisse „safe use“-Standards erfüllen, erhalten sie das Label. „Je mehr Clubs dieses Label führen, desto größer wird der Druck auf andere Clubs, nachzuziehen“, so Jacob Chagnon. Nachtschwärmer*innen hätten dann die Gewissheit, dass sie in einem Club mit dem „Safer Partying Label“ ein hohes Maß an Sicherheitsstandards erwarten könnten.

Clubbetreiber Gregor Imhof vom Club SASS hält den Ansatz für sinnvoll: „Ich halte es für eine super Idee. Wenn man Räume für den Exzess freigibt, dann hat man auch eine gewisse Verantwortung.“

So ein Label biete aber auch die Chance, den Begriff der Sicherheit umfassender zu betrachten. Nicht nur „safer use“-Vorkehrungen, sondern auch Maßnahmen gegen Sexismus und Rassismus im Club sollen Voraussetzung sein, damit ein Club oder eine Veranstaltung das „Safer Partying Label“ erhält, meint Jacob Chagnon. Er nennt hier etwa die Möglichkeit, Awareness-Teams wie Awa* im Clubraum zu integrieren.

Die Vienna Club Commission lädt zur Diskussion

Du hast Probleme mit Drogen? Hier findest du Beratungsstellen, Information sowie Online Selbsthilfeprogramme zum Thema „Drogen & Sucht“.

Solche und noch weitere Ideen zum Thema safer nightlife werden aktuell von der Vienna Club Commission (VCC) - der Vermittlungsstelle der Wiener Clubkultur – in den Fokus genommen. In einer neuen Diskussionsgruppe mit dem Titel „safer party – safer nightlife“ lädt die VCC regelmäßig alle Akteur*innen der Wiener Clubkultur – von Clubbetreiber*innen bis zu Awareness-Teams – ein, sich gemeinsam die Frage zu stellen: Wie sollen Orte des Feierns aussehen? Welche Sicherheitsstandards wollen wir? Das alles mit dem Ziel, das Nachtleben in Zukunft für alle sicherer zu gestalten.

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