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Harry Styles und Emma Corrin in einem Swimmingpool in "My Policeman".

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Harry Styles spielt top, „My Policeman“ ist trotzdem ein Flop

Harry Styles ist schon wieder in einer Hauptrolle in einem Film zu sehen: Wenige Wochen nach dem Kinostart von Olivia Wildes „Don’t Worry Darling“ spielt er die Titelrolle in „My Policeman“. Der Film ist schrecklich fad geraten und das liegt nicht an Harry Styles.

Von Maria Motter

Für das erste Treffen sind Harry Styles, Emma Corrin (sie spielt Lady Di in „The Crown“) und ihr Schauspielkollege David Dawson in ein Tonstudio ans Klavier bestellt worden: um dort gleich füreinander zu singen als erste Vorbereitung für ihren gemeinsamen Film „My Policeman“. Harry Styles hat die Titelrolle: Als junger Polizist im Brighton Ende der 1950er-Jahre geht er auf die Avancen einer jungen Lehrerin ein, trifft sich aber heimlich mit einem Kurator, der in einem Museum arbeitet.

Die Geschichte um Begehren, Eifersucht und Verrat, für die Harry Styles sich auch noch auszog und erstmals Sexszenen drehte, hätte mit diesem Cast das Zeug gehabt, ein Hit, wenn nicht ein Klassiker zu werden. Doch die Hochglanzproduktion „My Policeman“ wirkt, als hätte Regisseur Michael Grandage, der auch Opern und Theaterstücke inszeniert, einen Film für die Urgroßeltern von Harry Styles’ Fans machen wollen. Es dauert neun Minuten, bis Harry Styles erstmals ins Bild kommt.

Denn die Geschichte wird auf zwei Zeitebenen erzählt, damit das Publikum auch was zu leiden hat. In der einen Zeitebene stapft ein älterer Mann mit Hund an Englands Küste, während die Ehefrau ein Krankenzimmer herrichtet. So schnell wie möglich will man aus diesem sterilen Haushalt raus und in die andere Zeitebene zurück in die 1950er Jahre, die sich hier ausgesucht maßgeschneidert selbst in einigen Massenszenen auftun und wo das Drama „My Policeman“ seinen Lauf nimmt.

Harry Styles und Emma Corrin in "My Policeman".

Parisa Taghizadeh/Amazon

Charme und Liebesmüh, doch so ein schreckliches Storytelling: „My Policeman“

Harry Styles und Emma Corrin als Bilderbuch-Match

Harry Styles und Emma Corrin sind ziemlich entzückend als junges Paar in „My Policeman“. Er bringt ihr das Schwimmen im Freibad bei, weil sie sich nicht ins Meer traut. Harry Styles läuft als Tom im Hemd mit Strickweste zu ganz kurzen Shorts über den Strand in Brighton, Emma Corrin trägt als Marion einen Frotteeumhang über dem grünen Badeanzug und lächelt schüchtern. Die Tage der ersten Annäherungen sind schön anzuschauen. Aber Regisseur Michael Grandgage gönnt dem Publikum keine Rom-Com – auch und schon gar nicht, als da noch ein anderer Mann in Spiel kommt. „My Policeman“ ist nicht mal ein bizarre love triangle, es ist ein sad love triangle, dem mit ärgerlichen Wechseln der Zeitebenen die Dynamik geraubt wird.

Der Polizist und die Lehrerin, das ist von außen betrachtet ein perfektes Match für eine Gesellschaft, in der schwul sein verboten ist und strafrechtlich verfolgt wird. In England ist das bis 1967 der Fall gewesen. Dass ihr Mann heimlich den guten Freund liebt, der ihm auch noch den Hochzeitsanzug ausgesucht hat und dem offiziellen Paar am ersten Tag der Ehe das Abendessen kocht, ist außerhalb des Erfahrungshorizonts der jungen Ehefrau in „My Policeman“.

Emma Corrin, Harry Styles und David Dawson in einem Museum im Film "My Policeman".

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Sad love triangle: David Dawson, Emma Corrin und Harry Styles in „My Policeman“

Bis die Nonne ums Eck biegt

In einer der wenigen herzigen Szenen im Film ist das Trio in ausgelassener Stimmung in einer Bar, Harry Styles singt den Song „I’m Going to Get Lit up (When the Lights Go up in London)“ und bei einer Überlandpartie im Auto stimmen die beiden anderen mit ein. „Lit“ stand viele Jahrzehnte für berauscht sein und der Song von Hubert Gregg war tatsächlich von der australischen öffentlich-rechtlichen Rundfunkgesellschaft wegen „bad taste“ gesperrt worden. Das katapultiert einen zurück in eine restriktive Zeit und das ganze Drama der Geschichte von „My Policeman“ ist darin begründet.

Da lieben ein Mann und eine Frau denselben Mann, doch für das sehr gute Schauspiel bleibt wenig Raum in den plakativen Filmsequenzen. Harry Styles liebt und leidet erneut wunderbar in den 1950er- Jahren, noch mehr als schon in „Don’t worry, Darling“ kann er sein Schauspieltalent zeigen. Er spielt den Polizisten Tom überzeugend, wie der hingerissen lächelt, als er mit Freundin und Freund unterwegs ist, sich in seiner Professionalität in Sicherheit wähnt und auf das Leben des Kunstkurators und Geliebten mit Argwohn blickt, auch wenn er sich nach ihm sehnt. „Men ought to be married“, sagt der Polizist Tom zu seinem Freund und müht sich beim Sex mit Marion. Einmal gelingt eine Liebesflucht nach Venedig, auch dort drücken sich der Polizist und der Kurator verstohlen an eine Wand, um zu schmusen. Da biegt eine Nonne um die Ecke und bekreuzigt sich beim Anblick der beiden. Als das Drama noch einen Ausflug ins Genre Gerichtsfilm unternimmt, scheint das Schicksal der Männer besiegelt.

Das Riesenproblem von „My Policeman“ aber ist die Rahmenhandlung. Die zeigt uns die drei Leute im Alter - gespielt von einer anderen Generation erfahrener Schauspieler, u.a. Rupert Everett - und zwar von Filmbeginn an und jedes Mal genau dann wieder, wenn man gerade dabei ist, in die Geschichte zu kippen. Das Storytelling ist schrecklich, und die Sexszenen können die biedere Inszenierung nicht wettmachen. Dass man schwulen Sex zärtlicher als sonst darstellen wollte, hat dem Regisseur vorab Kritik und Lacher beschert. Am Ende von „My Policeman“ gibt es auch noch eine Zusammenfassung des Dramas - das ist praktisch für alle, die vom Film ins Smartphone gedriftet sind, um Harry-Styles-Interviews zu googeln. Die wenigen offenen Geheimnisse des Films werden dann in einem Monolog ausgesprochen, dann schaut man einem Taxi viel zu lang nach.

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