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Born in Bulgaria

Jahrelang hat sich P. dafür geschämt, dass sie in Bulgarien geboren ist.

Eine Kolumne von Todor Ovtcharov

Viele, die P. in Österreich getroffen hatte, verwechselten Bulgarien mit Rumänien und hatten über beide keine gute Meinung. Deshalb stellte sich P. immer als Griechin vor.

P. hat wunderschöne schwarze Haare, große Augen und weiße Zähne – laut ihr alles Qualitäten, die einer Griechin entsprechen. Deshalb sagte sie immer, sie sei in Athen geboren. Das führte manchmal zu konfusen Situationen.

Einmal traf sie auf Menschen, die ein paar Monate in Athen verbracht hatten. Sie sprachen um die zwanzig griechische Worte und wollten sie im Gespräch mit P. unbedingt verwenden. Sie hatte große Schwierigkeiten, auf Griechisch zu antworten, und sagte ihnen, dass sie sich zu integrieren versuche und nur noch auf Deutsch spreche. Danach sagte sie nie wieder, sie komme aus Athen. Lange betrachtete sie die Landkarte von Griechenland und suchte sich ein kleines Dorf auf dem Peloponnes als Herkunftsort aus. Sie meinte, die Wahrscheinlichkeit jemanden von dort zu treffen, sei sehr gering.

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Alles lief gut, bis sie jemand aufsuchte, der gehört hatte, sie komme vom Peloponnes. Sie sollte für ihn eine Führung organisieren, da er unbedingt dort investieren wollte. Sie musste ihn dann lange überzeugen, dass ihre Heimatregion gar nicht für Investitionen geeignet sei. Die Menschen dort, meinte sie, seien blutdurstige Barbaren, Nachfolger von Räubern und Piraten und es wäre gar nicht sicher, dass sie lebendig wieder nach Hause kämen. So hat ihre Fantasieheimat einen Investor verloren.

Einige Jahre später verliebte sich P. und verriet ihrem Freund, dass sie keine Griechin, sondern Bulgarin sei. Der Mann nahm das mit Humor. Er schenkte ihr eine Reise auf den Peloponnes. Räuber und Piraten sahen sie nicht, nur Hoteliers und Restauranteure. Danach fuhren sie über die Grenze nach Bulgarien. Der Freund von P. verliebte sich in dieses Land. Die Möglichkeit, billig Fleisch zu essen und Rakija zu trinken, gefiel ihm so sehr, dass er jetzt immer bereit ist nach Bulgarien zu fahren. Und P. schämt sich nicht mehr, dass sie dort geboren ist.

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