Russlands Sat-Spionagestation in Wien mit Technik von NATO-Lieferanten
Von Erich Moechel
Eine Analyse hochauflösender Fotos der Antennen am Dach von Russlands UN-Botschaft im 22. Bezirk in Wien hat Erstaunliches ergeben. Die meisten Empfangsmodule der leistungsfähigsten Antennen stammen von der kanadischen Firma Norsat, einer Vertragsfirma der NATO und des Pentagon, die nach eigenen Angaben alle Waffengattungen des US-Militärs beliefert.
Weitere Module stammen von der schwedischen Firma SMW, die wie alle westlichen Unternehmen aus diesem Sektor neben kommerziellen Satellitendienste, auch Militärs bedient. Da fraglich ist, ob diesen Unternehmen überhaupt bekannt ist, dass auch das russische Außenministerium zu ihren Kunden zählt, wurden an beide Firmen Anfragen gestellt.
Nomen Nescio / Radio FM4
Jagd auf VSAT-Verbindungen
Den georeferenzierten Bildern von Vienna GIS ist nicht nur die Lage des Botschaftskomplexes gut zu entnehmen, sondern auch die Positionierung der beiden Antennen, um die es hier geht.
Der obige Dish ist aktuell mit einem Doppelmodul von Norsat bestückt, das über einen Splitter am selben Feed hängt. Eines dieser beiden Elemente ist von den Anschlüssen her für dіe unteren Sat-Bänder im Bereich von 1 bis 8 GHz ausgelegt. Je nach verwendetem Modul dazwischen kann der Dish für eines oder mehr dieser drei Frequenzbänder des Sat-Spektrums bestückt werden, nämlich L, S oder C. Für welches Band diese Schüssel hier aktuell konfiguriert ist, lässt sich anhand der Fotos allein nicht nachweisen. Auszugehen ist aber davon, dass es sich um das C-Band handelt. (siehe unten).
Das schwarze Teil in der Mitte zwischen den Modulen ist ein Splitter, über den Modul zwei angeschlossen ist. Die Anschlüsse sind hier für die oberen Bänder X, K und Ku ausgeführt (Downlink 7-12,5 GHz). Im Ku-Band arbeiten die weitaus meisten Datentransponder in Europa, über die jeder Fernsehsatellit zusätzlich verfügt. Darüber werden VSAT-Internetverbindungen und Datenlinks zwischen unterschiedlichen Regionen in variierenden Bandbreiten angeboten, aber auch Langstrecken-Überspielungen über sogenannte „Wide Beams“. Die Kombination aus C- und Ku-Band verweist auf Satelliten, die über Downlinks in diesen beiden Bändern verfügen.
Norsat
Serienweise Norsat-Filter
Auf dem Gebäuderund in Wien 22 drängen sich mehr als ein Dutzend Spiegel unterschiedlicher Größen, die auf alle möglichen Sat-Positionen zielen.
Eine weitere Antenne (siehe Bild darunter) zeigt ein ganz ähnliches, aber ausgefeilteres Set-up für die beiden oben genannten Satellitenbänder. Alle weißen Elemente können zweifelsfrei Norsat zugeordnet werden. Das kurze, um 90 Grad versetzte Element dürfte ein LNB, also ein kombinierter Frequenzkonverter für das Ku-Band (Downlink 10.9-12.75 GHz) sein. Das lange ebenfalls um 90 Grad versetzte, doppelte Steckmodul zusammen mit dem quadratischen, weißen Mittelstück sollte ein dreiteiliger kombinierter Bandpassfilter für den Bereich ab 3,4 GHz sein.
Das ist der erweiterte Downlink-Bereich im C-Band und der überschneidet sich mit den 4G/5G-Frequenzbereich der Mobilfunker im Bereich 3,4 bis 3,8 GHz, der in Österreich bereits vergeben wurde. Dieser enorme Filteraufwand ist deshalb notwendig, weil die Signale der Mobilfunkmasten im 22. Bezirk auf dem Dach der russischen Botschaft mit Feldstärken einfallen, die um Zehnerpotenzen größer sind, als die Signale eines Satelliten, der aus einer Entfernung von 35.000 Kilometern herunterstrahlt.
Nomen Nescio / Radio FM4
Ziele in Nahost und Afrika
Diese beiden Spiegel haben in ihrer aktuellen Konfiguration also Satelliten im Visier, die sowohl Ku-Band-Beams wie Beams im C-Band betreiben. Dieses älteste aller Sat-Bänder wird heute noch vor allem in vier Weltregionen eingesetzt, nämlich in Russland, dem Nahen Osten, Asien und Afrika. Diese beiden Dishes dienen zur Nachrichtenaufklärung und bilden die strategischen Interessen und die militärischen Engagements Russlands in Afrika und dem Nahen Osten direkt ab. Will heißen, diese Dishes sind mit großer Wahrscheinlichkeit hinter Satelliten her, die Regionen in Afrika bzw. Nahost mit VSAT-Internet und Datenüberspielungen versorgen.
Nomen Nescio / Radio FM4
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Publiziert am 20.11.2022