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Stadt Wien

„Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen!“

Mit Citylights, TV- und Radio-Spots und Getränkeschutzdeckeln will die Stadt Wien vor allem potenzielle Opfer und das Umfeld sensibilisieren und stellt zu Beginn der Woche die Kampagne „Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen!“ vor. Anlass sind die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen.

Von Aischa Sane

K.O.-Tropfen sind geruchlos, schmecken nur leicht seifig oder bitter und werden meist sehr schnell abgebaut. Personen, denen die Tropfen verabreicht werden, fühlen sich in den ersten Momenten häufig, als hätten sie zu viel getrunken. Sie sind etwa euphorisch und sexuell stimuliert. Eine höhere Dosierung führt zu Bewusst- und Orientierungslosigkeit. Nach dem Aufwachen erinnern sich die Opfer an nur wenige Ereignisse aus der letzten Nacht. Deshalb kommt das Betäubungsmittel häufig in Verbindung mit sexualisierter Gewalt und Diebstahl zur Anwendung.

Wird es einem alkoholischen Getränk beigemischt, reichen auch kleinere Mengen, um eine Person zu betäuben. Dass tatsächlich Tropfen verabreicht wurden, lässt sich zum Beispiel am nächsten Morgen an einem „Filmriss“ feststellen, dem der vorausgegangene Alkoholkonsum nicht gerecht wird. Hinweise auf einen sexualisierten Übergriff können etwa zerrissene Kleidung oder Unterleibschmerzen sein. Oder, dass das Opfer desorientiert woanders als daheim aufwacht.

In den letzten Jahren ist die Zahl an Fällen, in denen Menschen gegen ihren Willen und ohne ihr Wissen K.O.-Tropfen verabreicht wurden, angestiegen. Bei dem 24-Stunden Frauennotruf der Stadt Wien gab es in diesem Jahr drei Mal soviele mehr Beratungen wie 2020 – insgesamt etwa 60. Das dürfte daran liegen, dass mehr Frauen einen Anruf wagen. Die Dunkelziffer ist wahrscheinlich trotzdem weitaus höher. Vermehrt werden die Tropfen auch nicht nur beim Fortgehen verabreicht, - ein Kontext, der den meisten in diesem Zusammenhang bekannt sein dürfte – sondern auch im privaten Umfeld. Also etwa beim gemeinsamen Filmabend oder auf Hausparties. Folglich sind Täter also nicht nur Fremde im Club, sondern in manchen Fällen auch Freunde, Bekannte oder Gspusis.

Gefahr K.O.-Tropfen

Der Frauenservice der Stadt Wien möchte heuer, im Rahmen der 16 Tage gegen Gewalt an Frauen, Aufmerksamkeit für die Allgegenwärtigkeit von K.O.-Tropfen schaffen. Die Kampagne „Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen“ richtet sich vor allem an Frauen, da die Droge ihnen am häufigsten verabreicht wird.

Frauenstadträtin und Vizebürgermeisterin Kathrin Gaál stellt klar: „Gewalt gegen Frauen ist absolut inakzeptabel“. Im Hinblick auf K.O-Tropfen wird zur Vorsicht und Obacht in entsprechenden Situationen ermahnt: also in der Bar, im Club oder auf Feiern. Gleichzeitig wird zur Zivilcourage aufgerufen, hier sind unter anderem auch Männer gefragt. Wer beobachtet, dass anderen etwas ins Getränk geschüttet wird, sollte den Konsum möglichst verhindern und zum Beispiel das Barpersonal aufmerksam machen. Sollte eine Person schon Symptome aufweisen, gilt es, sie sicher heimzubringen und sicherzustellen, dass es ihr physisch gut geht.

Die Täter tragen die Schuld

Betroffene haben oft mit Unsicherheit und Scham zu kämpfen. Sie können sich in Wien jederzeit an den 24-Stunden Frauennotruf der Stadt (01/71719) wenden, wo sie vertraulich und auf Wunsch auch anonym beraten und unterstützt werden. Ganz gleich, wie lange der Vorfall zurückliegt.

Leiterin Heidemarie Kargl betont außerdem, dass immer die Täter die Schuld und volle Verantwortung für ihr Handeln tragen müssen. Egal in welcher Situation. Opfern rät sie darüber hinaus, sich im persönlichen Umfeld an Vertrauenspersonen zu wenden, sich wenn nötig abzulenken und sich mit Struktur und Routinen zu helfen.

Betroffene wissen häufig nicht, was geschehen ist, ob oder in welcher Form und von wem ihnen möglicherweise Gewalt angetan wurde. Oft gibt es nur ein vages Gefühl, dass es zu einem sexuellen Übergriff oder zu einer Vergewaltigung gekommen sein könnte.

Schnelligkeit zählt

An der Kampagne beteiligt sich auch die Landespolizeidirektion Wien und bittet Betroffene, sich bei einem Verdacht möglichst schnell an die Polizei zu wenden. Das Betäubungsmittel baut sich schnell ab, umso schneller, wenn hinterher viel getrunken wird. Freund*innen, Kolleg*innen und Bekannte können bei der Ermittlung mit Gedankenprotokollen helfen.

Catrin Weniger vom Landeskriminalamt Wien ist seit 12 Jahren im Bereich Sexualdelikte tätig und ermutigt Betroffene, sich in jedem Fall zur Polizei zu trauen: „Ich begleite das Opfer mit ins Krankenhaus, ich bin bei der Untersuchung dabei oder sitze vor der Türe, ich nehme mir Stunden Zeit für das Opfer.“ Betroffenen, die unschlüssig sind, versichert sie, dass ihnen geglaubt wird. Und es sei nicht nur für das Opfer selbst wichtig, dass ermittelt wird. Männer die K.O.-Tropfen verabreichen, sind nicht selten Wiederholungstäter. Deshalb gilt, die Polizei lieber einmal zu viel als einmal zu wenig zu verständigen.

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