Liebeserklärung an „Wednesday“
Von Natalie Brunner
Wednesday, das ist Wednesday Addams von der legendären „Addams Family“, die von dem US-amerikanischen Cartoonisten Charles Addams in den 1930er Jahren erstmals gezeichnet wurde. Auf Tik Tok wimmelt es gerade nur so von Wednesday Addams, mit ihrer Tanzszene hat sie das Universum der Reels erobert, und auch ganz oben in den Streamingcharts sind ihre Abenteuer zu finden.
Die Addams Family ist eine satirische, düstere Version des Ideals der US-amerikanischen Familie, mit einem invertierten ästhetischen Empfinden und Lebensstil. Die exzentrischen Mitglieder der Addams Family vergnügen sich am Grotesken und Makabren, ohne zu merken, dass Normies Angst und Ekel verspüren angesichts ihres Quells der Freude.
Fast 100 Jahre später funktioniert das Konzept der Addams Family immer noch! Wednesday Addams ist in der neuen Tim-Burton-Serie ein Teenager. Sie ist ein großartiges Rolemodel und hat mit ihrem klugen Nihilismus auch bei mir für einige WOW!!!!-Momente gesorgt.
Niemand quält meinen Bruder außer mir!
Mit diesen Worten entlässt Wednesday Addams ein paar Piranhas in den Swimmingpool, in dem die Schulbullies, die Pugsley Addams gemobbt haben, gerade trainieren. Einer von ihnen verliert bei diesem Racheakt einen Hoden, Wednesday sieht es als Dienst an der Menschheit. Dennoch wird sie von ihren Eltern in ein Internat verfrachtet, voll mit Werwölfen, Vampiren, Medusen, Hexen, Zauberern. Die Nevermore School ist ein Harry-Potter-mäßiges Szenario, dank des großartigen Humors von Tim Burton aber mit einem viel schwärzeren, bissigeren Humor imprägniert.
Wednesday Addams wird perfekt von Jenna Ortega gespielt, die in die großen Fußstapfen von Christina Ricci schlüpft, die die Rolle in den 90er-Jahre-Filmen als perfekt emotionsfreien Eisblock gespielt hat. Ricci ist als Geschenk für die Fans in der neuen Serie als Vertrauenslehrerin Marilyn Thornhill zu sehen, die Wednesday den wunderbaren Ratschlag gibt: Bleib, wie du bist und lass nie zu, dass andere dich definieren.
Netflix
Die Pose des schnippischen, von jeder Emotion befreiten kindlichen Genies, die Ricci in den 90er-Jahren einnahm, kann man als Teil eines Casts in einem Film durchziehen, aber über die Länge einer Serie, die man als Hauptfigur tragen muss, ist das schwer. So entwickelt Jenna Ortega als Wednesday doch im Laufe der ersten Staffel eine gewisse soziale Kompetenz im Umgang mit anderen jugendlichen Outcasts.
Wednesday wird in einen paranormalen Kriminalfall, der sich über 400 Jahrhunderte zieht, verwickelt, und wir lernen, diesmal auf sehr lustige Weise: Nichts ist monströser als die Abgründe, die hinter vermeintlich frommen Moralaposteln lauern.
Publiziert am 01.12.2022
