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Die FM4 Lieblingslieder mit Phoenix

Thomas Mars und Laurent Brancowitz von Phoenix sprechen im schäbig-schönen Backstage der Columbia Halle Berlin über Supercomputer, Autofahrmusik und ja, Homer.

Von Lisa Schneider

Es gibt Lieblingsbands, die das deshalb sind, weil sie an besondere Lebensabschnittsmomente erinnern. An eine Liebe, die klein, mittel- oder vielleicht sogar riesengroß war, und unabhängig davon, ob romantisch oder nicht. Es gibt Lieblingsbands, die man nach vielen Jahren wieder findet, vielleicht, weil man umzieht und die Kartons ja irgendjemand packen muss, vielleicht aber, weil es sie ja noch immer gibt, sie noch immer Musik machen - und just eben ein neues Album rausgebracht haben. Phoenix nennen dieses, ihr aktuelles, siebtes Album „Alpha Zulu“.

Die meisten sind glücklich, der Großteil der internationalen Musikpresse ist es. Manche lassen sich hinreißen zu Aussagen wie „so gut wie Wolfgang Amadeus Phoenix“, das 2009 veröffentlichte und damals Grammy-ausgezeichnete, vierte Album. Das stimmt natürlich nicht, allein der titelgebende Hit ist zwar einer, aber ein fast schon grotesk schrecklicher (für jedes „Huh-Hah“ zerbricht ein Spiegel in Versailles). Im Schloss nämlich, in einem gemieteten Außenflügel, haben Phoenix diese neuen Lieder geschrieben.

Was die Band aber vor allem nach wie vor fast unübertroffen gut kann, und daran soll sie im Sammelbecken „Lieblingsband“ im Jahr 2023 gemessen werden, ist das Livespiel. Es ist bombastisch, fantastisch, und all die anderen, großen Worte, die beim Album „Alpha Zulu“ selbst nur in abgeschwächter Form angebracht sind.

Phoenix

FM4 / Lisa Schneider

Laurent „Branco“ Brancowitz und Thomas Mars von Phoenix im Backstage der Columbiahalle Berlin

Phoenix waren auf Tour durch die USA und sind da in den Genuss eines sehr guten Support Acts gekommen, wie sie im Backstage der Columbia Halle in Berlin erzählen. Laurent Brancowitz liebevoll zerzaust und mit gar zu französischem Halstuch, Thomas Mars, eleganter als ein Rockstar eigentlich sein darf, sitzen auf einer schwarzen Ledercouch. Der Raum rundherum passt nicht zu den Antworten, die die beiden geben, es muss ihnen - mehrmals und übereifrig - während des Interviews gesagt werden: Ihr malt wirklich schöne Bilder mit Worten. Als etwa obige Idee im Gespräch aufkommt, von Lieblingsbands und Lebensabschnittsmomenten (und -Partnern) und einer bestimmten CD (es war natürlich „Wolfgang Amadeus Phoenix“), die da so oft bei gemeinsamen Autofahrten lief. Es sei schön, das zu hören, sagt Laurent. Weil das ist eigentlich genau das, was sie tun wollen: Musik fürs Auto schreiben. Für das Auto als Raum an sich, weil es eine gute Atmosphäre, eine klangliche Dichte hat, aber auch natürlich für die Idee, der schon viele gefolgt sind: Musik zur Bewegung, Musik, die nach vorne will.

Porches heißt der Support-Act ihrer USA-Tour, jeden Abend haben Phoenix also Aaron Maine und seinen Spitzen-Artpop live gesehen, aus verschiedenen Blickwinkeln und in verschiedenen Gemütsverfassungen („eine Tour ist ein Zirkus!“). Dürften sie aktuell noch einer weiteren Band jeden Abend beim Spielen zusehen, wäre das das kalifornische Punkduo The Garden. Thomas Mars zückt sein Handy, flucht irgendwas auf Französisch, das zu verstehen schon fortgeschrittene Sprachkenntnisse verlangt, und findet dann ein Foto dieser Gruppe. Die folgenden Wörter fallen in so schön akzentüberhäuftem Englisch, sie hier nur niederzuschreiben, wird dem niemals gerecht: Oktoberfest, Commedia Dell’Arte, Lederhose. Sich bitte alles sehr gedehnt und sehr betont und sehr - Klischee! - französisch vorstellen.

FM4 Lieblingslieder

Musiker*innen sprechen über Songs, die ihr Leben verändert haben. Immer sonntags von 16 bis 17 Uhr mit Granada, AZE, KeKe, Wanda, Farce, Fuzzman, Danger Dan und vielen mehr.

Der weitere Lieblingsliederkatalog der Band Phoenix, in dem Fall von Thomas und Laurent, ist überschaubar alt. Brian Wilson, The Beatles, Joy Division. Auch Neil Young, weil den haben Phoenix 2009 bei erwähnter Grammy-Verleihung backstage getroffen. Ein netter Typ, eh auch so wie Paul McCartney.

Bleiben wir aber bei den schönen Geschichten, die Phoenix natürlich auch im hässlichen, grauen, berlinerwintergrauen Backstage parat haben - sie haben immerhin lange Jahre darauf hingeübt, wie sie selbst sagen. Brian Wilson ist eine Art „Supercomputer“, der alle anderen in Bezug auf Harmonien, Rhythmusfolgen und was denn noch alles aussticht, Homer hat natürlich was mit John Lennon zu tun, und Thomas Mars vergisst auf der Bühne tatsächlich regelmäßig seinen Text. Das Publikum merkt das vielleicht nicht und denkt einfach nur, es wird aufgefordert, da jetzt eben laut mitzusingen, werfe ich ein - gerade, wenn das bei Hits wie „Long Distance Call“ passiert. „Actually, no“, schmunzelt Thomas Mars wie einer, der es nicht mehr notwendig hat, Geheimnisse zurückzuhalten. Dass Menschen seine Lieder aber, egal wie schwierig, ohne Augenzucken herunterbeten, erstaunt ihn und rührt ihn immer. Er wird das sehr bald auch in Linz ausprobieren können: Ende Juni sind Phoenix Teil des hervorragenden Line Ups des Lido Sounds Festivals. It’s never been like that!

FM4 Lieblingslieder

Musiker*innen sprechen über Songs, die ihr Leben verändert haben. Immer Sonntags von 16 bis 17 Uhr mit Ezra Furman, AZE, KeKe, Wanda, Farce, Betterov, Danger Dan, Mavi Phoenix und vielen mehr.

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