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Sexuelle Belästigung an der Uni

Sexuelle Belästigung ist auch an Österreichs Hochschulen ein Thema. Das hat eine Befragung der ÖH ergeben. Aber wie werden Betroffene unterstützt und was wird getan, um sexueller Belästigung vorzubeugen?

Von Livia Praun

Fast 12 Prozent der österreichischen Studierenden wurden in den letzten 12 Monaten sexuell belästigt. Das ist das Ergebnis einer Befragung der ÖH zu sexueller Belästigung an österreichischen Hochschulen. Täter*innen sind entweder Studierende oder Angestellte der Universität.

„Bei Autoritätspersonen fällt’s mir schwer mich dagegenzustellen, auch wenn ich das Recht dazu hätte, und vor allem war ich irgendwie auch abhängig von seiner Bewertung“, erzählt eine 24-jährige Studierende aus Salzburg. Sie ist 2020 im Distance-Learning zu Hause, als einer ihrer Professoren beginnt, ihr Mails zu schreiben. Anfänglich geht es noch um ein Seminar, dann wird er aber immer persönlicher. Irgendwann deutet er sogar an, mit ihr in die Therme gehen zu wollen.

„Als das mit den Emails angefangen hat, und dass er mich so lobt vor allen anderen, war es mir echt unangenehm in dieses Seminar zu gehen jede Woche. Ich hatte nicht Angst, aber es gab immer so ein mulmiges Gefühl im Bauch – es war wirklich unangenehm“, sagt sie.

Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen

Mit solchen Fällen sexueller Belästigung können sich Studierende an den Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen, kurz AKG, wenden. Den AKG muss es laut Gesetz an jeder Universität geben. Hier arbeiten unter anderem Lehrende und Studierende, die den Betroffenen zuhören, sie beraten, und mit dem OK der Betroffenen auch weitere Maßnahmen ergreifen. „Wenn es um Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen geht, setzen wir uns mit dem Dienstvorgesetzten in Verbindung. Und da werden dann Maßnahmen besprochen und dann auch durchgeführt. Ein Beispiel: Ein Lehrender, der einen Studierenden belästigt hat, hat seinen Lehrauftrag dann auch sofort entzogen bekommen“, erzählt Sylvia Arzt vom AKG der Uni Salzburg.

Laut der Befragung von der ÖH zu sexueller Gewalt werden aber mehr als 80 Prozent aller Vorfälle nicht bei der zuständigen Stelle an der Universität gemeldet. Viele Studierenden wollen nicht über ihre Erlebnisse sprechen – aber viele wissen auch gar nicht, an wen sie sich überhaupt wenden können.

Aber auch, wenn die Fälle gemeldet werden, sind Betroffene oft unzufrieden mit dem Unterstützungsangebot, meint die ÖH-Vorsitzende Keya Baier. Sie erklärt, dass die Arbeitskreise für Gleichbehandlungsfragen „häufig wirklich gar nicht gut funktionieren. Sie müssen zwar eingerichtet sein, aber ob die dann wirklich die Beratung und Unterstützung liefern können, ist mehr als fraglich. Da haben wir ganz viele Fälle schon gehört, wo man sich an den AKG gewendet hat und der einfach nichts unternommen hat, den Studierenden nicht geglaubt hat oder im Gegenteil die Studierenden unter Druck gesetzt hat, dass sie der Hochschule schaden, wenn sie den Fall quasi weiterverfolgen.“

Leitfaden für Universitäten

Das ist laut Baier nur möglich, weil es österreichischen Hochschulen frei überlassen ist, wie sie mit Vorwürfen sexueller Belästigung umgehen müssen. Deshalb fordert sie einen Leitfaden für die Universitäten: „Da stehen dann auch wirklich so sehr grundsätzliche Dinge drin, wie das auf jeden Fall dem Betroffenen geglaubt wird, dass die Betroffenen in keiner Form irgendwelche negativen Konsequenzen erfahren dürfen, wenn sie sich öffnen und Hilfe suchen. Dass Täterinnenarbeit passieren sollte. Dass man Täterinnen nicht unbedingt immer sofort loswerden muss, sondern dass man auch die Schulen kann.“

Dem kann Sylvia Arzt vom AKG Salzburg nur zustimmen. Generell brauche es auch mehr Bewusstsein für das Thema sexuelle Belästigung und Gewalt. Sylvia Arzt unterstreicht die Forderung der ÖH, dass Lehrende sogenannte Awareness-Schulungen machen müssen, und sieht auch die Mitarbeiter*innen vom Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen in der Pflicht. „Was auch wichtig ist, sind auch intern Fortbildungen zu diesem Thema. Wir machen das neben unseren normalen Uni-Jobs und sind nicht immer gleich Expert*innen in dem Thema“, sagt sie.

Aufklärung auf beiden Seiten

Für die Vorsitzende der ÖH, Keya Baier, braucht es aber auch bei den Studierenden mehr Aufklärung. Einerseits, damit sie überhaupt von den Unterstützungsangeboten erfahren, andererseits, damit sie für das Thema sensibilisiert werden.

Das wäre hilfreich – meint auch die Studierende, die von den Übergriffen ihres Professors erzählt hat. „Weil ich bei mir selber gemerkt habe, dass ich so viel, was mir passiert ist, jetzt nicht nur in der Uni, aber auch das mit dem Professor, dass ich selber das einfach so runtergespiele und nicht als sexuelle Belästigung wahrnehme, was es aber halt letztendlich gewesen ist. Und dass man auch in der Hinsicht aufgeklärt wird. Das ist einfach nicht okay. Und dass man das halt selber auch so anerkennen darf.“

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