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Klimabücher für Weihnachten

Für alle, denen das Ausmaß der Klimakrise noch immer nicht bewusst ist, die nicht wissen, wie damit umgehen oder wie man am besten selbst aktiv werden kann: „Das Klimabuch“, „Der Anfang von morgen“, „Klartext Klima!“, „Warum machen wir es nicht einfach?“ und „Das Ende des Kapitalismus“.

Von Simon Welebil

Am Thema Klimakrise kommt man im Jahr 2022 nicht mehr vorbei, das zeigt sich auch am Buchmarkt. In wohl kaum einem Jahr hat es so viele, vor allem aber so viele gute und ausgezeichnete Bücher zur Klimakrise gegeben, aus unterschiedlichen Perspektiven, mit verschiedenen Zugängen, in unterschiedlichem Umfang.

Greta Thunberg - „Das Klimabuch“

Buchcover mit Grafik zur Erderwärmung

S. Fischer

„Das Klimabuch“ von Greta Thunberg ist in der Übersetzung von Michael und Ulrike Bischoff im S. Fischer Verlag erschienen.

Die wohl bekannteste Klimaaktivistin der Welt, die schwedische Schülerin Greta Thunberg, hat diesen Herbst, in der Woche vor der UN-Klimakonferenz im ägyptischen Sharm El Sheikh, gemeinsam mit über 100 der renommiertesten Klimaexpert*innen der Welt, ein großartiges Nachschlagewerk zur Klimakrise vorgelegt. „Das Klimabuch“, annähernd 500 Seiten stark, ist der wohl beste Einstieg, um das größte Problem der Menschheit in seiner ganzen Dimension zu erfassen.

„Es behandelt alles“, schreibt Thunberg deshalb auch zu Beginn in ihrer Einleitung, und das in fünf großen Teilen: die Grundlagen des Klimas, die Veränderungen auf dem Planeten, die Folgen für uns, was wir bisher dagegen unternommen haben und zum Schluss: Was wir jetzt tun müssen. All das wird in sehr kurzen, meist nur wenige Seiten langen Kapiteln abgehandelt, die im Gegensatz zu vielen wissenschaftlichen Publikation auch sehr verständlich geschrieben sind und von vielen Grafiken und Schaubildern ergänzt werden. „Das Klimabuch“ bietet die Grundlage für jegliche Klimadiskussion und ist sowohl für Einsteiger*innen als auch Expert*innen ins Thema geeignet. (Mehr dazu)

Jens Liljestrand - „Der Anfang von morgen“

Buchcover von Jens Liljestrands Roman "Der Anfang von morgen". Rote Flammen ziehen sich über das Cover

S. Fischer Verlag

„Der Anfang von morgen“ von Jens Liljestrand ist von Thorsten Alms, Karoline Hippe, Franziska Hüther und Stefanie Werner übersetzt worden und im S. Fischer Verlag erschienen.

Es braucht nicht nur Fakten, um die Klimakrise erfassen zu können, sondern auf Fiktion, um Abstraktes verständlich zu machen. Jens Liljestrands Roman „Der Anfang von morgen“ ist deshalb einer der besten Romane zur Klimakrise und im Jahr 2022, das so geprägt war von Extremwetterereignissen, so etwas wie der Roman der Stunde.

Liljestrands Roman beginnt mit einem riesigen Waldbrand in Mittelschweden, wo man die Klimakrise bisher recht gut ausblenden konnte. Doch innerhalb einer Woche lässt der Autor die Ereignisse eskalieren. „Klimaflüchtlinge“ stürmen die schwedischen Städte, die sich abzuriegeln versuchen. Verkehr und Stromversorgung brechen zusammen, es entstehen Konflikte um Lebensmittel, Wasser und Medikamente, Krawalle brechen aus. Währenddessen radikalisiert sich auch die Klimabewegung und geht von Demonstrationen zu Sabotageakten über.

In dieser Form geht die Klimakrise unglaublich nahe. An vielen Stellen ist der Roman unangenehm, wenn man eigene Verhaltensmuster darin wiedererkennt, in anderen augenöffnend, wenn er etwa klarmacht, wie leicht man die Klimakrise verdrängen kann, solange sie nur die anderen betrifft. All das ist bei Liljestrand aber nie aufdringlich. Er verpackt Fakten in einen Roman mit unglaublich fesselnder Handlung, dessen über 500 Seiten keinen Moment zu lang erscheinen. (Mehr dazu)

Sara Schurmann: „Klartext Klima!“

Buchcover

Brandstätter

„Klartext Klima“ von Sara Schurmann ist im Brandstätter Verlag erschienen.

Die Journalistin Sara Schurmann hatte im Sommer 2020 ihr „Erweckungserlebnis“. Damals ist ihr klargeworden, welch riesiges Ausmaß die Klimakrise hat und wie wenig Zeit uns bleibt, das Ruder noch herumzureißen. Dafür sei das Thema noch viel zu unterrepräsentiert in den Medien, und da setzt Sara Schurmann an.

Im September 2020 hat Schurmann mit ihrem offenen Brief „Journalist:innen, nehmt die Klimakrise endlich ernst!“ versucht, die Branche aufzurütteln. 2021 hat sie dann das Netzwerk Klimajournalismus Deutschland mitbegründet, auch weil sie der Meinung ist, dass die Klimakrise in den Redaktionen großer Medienhäuser nur ein Thema von vielen sei, dass es mehr Expertise brauche und die Klimakrise auch bei der Berichterstattung zu anderen Themen immer mitbedacht werden müsse.

Mit „Klartext Klima!“ will Schurmann nun aufrütteln und eine emotionale Verbindung zum abstrakten Thema Klimakrise herstellen. Sie präsentiert dazu einerseits die Fakten, was die Klimakrise für uns konkret in Zukunft bedeuten wird, legt dar, wie es so weit kommen konnte, dass wir in dieser prekären Situation gelandet sind, und legt dar, was das für unser Handeln im Hier und Jetzt bedeuten sollte. Die Lösungen kommen im letzten Teil, dass es nämlich massive strukturelle Transformationen braucht, dass wir fast alles in unseren Leben umkrempeln müssen. Schurmann zeigt aber auch „1.000 Wege“ auf, um die Zukunft zu retten und gibt fünf konkrete Tipps. Vielleicht können wir dann soziale Kipppunkte erreichen, die uns die Klimakrise endlich mit der Aufmerksamkeit angehen lassen, die ihr zusteht.

Isabella Uhl-Hädicke - „Warum machen wir es nicht einfach?“

Buchcover mit der Autorin

Molden

„Warum machen wir es nicht einfach?“ von Isabella Uhl-Hädicke ist im Molden Verlag erschienen.

Warum wir die Klimakrise nicht in dem Ausmaß angehen, die ihrer Dramatik angemessen ist, darüber machen sich aber nicht nur Journalist*innen Gedanken, sondern auch Psycholog*innen. Umweltpsychologie ist eine der jüngeren Spezialisierungen der Disziplin und Isabella Uhl-Hädicke eine ihrer Vertreter*innen.

„Warum machen wir es nicht einfach?“, fragt sich Uhl-Hädicke in ihrem Buch, nachdem sie sich und ihren Freundeskreis beobachtet hat. Was haben kognitive Dissonanz, individuelle Werteinstellungen und soziale Normen mit unserem Verhalten zu tun? Uhl-Hädicke versucht Antworten zu finden. Sie will aber mehr als erklären, nämlich auch Auswege anbieten, was es braucht, dass wir „es doch einfach machen“.

Uhl-Hädicke versucht sich in einem recht einfachen Stil, der manchmal zu banal wirkt, ihre Beispiele bleiben aber hängen. Auch wenn die Psychologie beim Individuum ansetzt und daran, wie man den eigenen „Umweltschweinehund“ überwindet, was natürlich alleine nicht die Klimakrise lösen kann, geht es in weiterer Folge auch um politische Entscheidungen und die Akzeptanz von verordneten Maßnahmen, wo wirklich etwas bewegt werden kann.

Ulrike Herrmann - „Das Ende des Kapitalismus“

Warum das aktuelle Buch der TAZ-Wirtschaftsjournalistin und Bestsellerautorin Ulrike Herrmann ein Klimabuch ist, erschließt sich erst aus dem Untertitel. „Das Ende des Kapitalismus. Warum Wachstum und Klimaschutz nicht vereinbar sind - und wie wir in Zukunft leben werden“. Herrmann stellt gleich zu Beginn klar, dass sie Kapitalismus eigentlich für einen Segen hält, weil er die Gesellschaft insgesamt reicher gemacht, die Lebenserwartung verdoppelt und allgemeine Bildung, Gleichberechtigung und Demokratie erst möglich gemacht hat. Das Problem des Kapitalismus sei aber, dass er ein totales System sei, also alle Bereiche des Lebens erfasse und auf Wachstum angewiesen sei, um stabil sein zu können. Auf einem endlichen Planeten könne es aber kein unendliches Wachstum geben, weshalb echter Klimaschutz nur möglich wäre, wenn man den Kapitalismus abschafft.

Buchcover mit Baum, der die Blätter verliert. Die Blätter sind Geldscheine.

Kiepenheuer & Witsch

„Das Ende des Kapitalismus“ von Ulrike Herrmann ist bei Kiepenheuer & Witsch erschienen.

Herrmann holt in ihrem Buch weit aus und beschreibt den Aufstieg des Kapitals von der Industriellen Revolution an, wobei sie ihn immer an die Verfügbarkeit von - fossiler - Energie koppelt. Da wir die Verbrennung fossiler Energieträger vermeiden müssen, in naher Zukunft aber nicht ausreichend „grüne Energie“ bereitstehe, könne sich auch „grünes Wachstum“ nicht ausgehen. Mit großem Literaturapparat versucht Herrmann, die Illusion eines grünen Wachstums aufzulösen.

Besonders interessant wird es, wenn Herrmann die Konsequenzen aus dieser Erkenntnis zieht, denn ein „grünes Schrumpfen“ der kapitalistischen Wirtschaft würde bedeuten, dass diese zusammenbricht. Nachhaltige Kreislaufwirtschaft schön und gut - und auch alternativlos -, aber bisher habe niemand einen Weg gefunden, wie wir ohne Chaos dahin kommen könnten.

Dabei will es Ulrike Herrmann aber nicht belassen, denn sie hat in der Geschichte eine Episode gefunden, die zeigt, wie es gehen könnte, nämlich die britische Kriegswirtschaft im Zweiten Weltkrieg, eine Art Planwirtschaft, aber mit privaten Betrieben und einer Demokratisierung der Warenverteilung. Ein interessanter Gedanke, der es wert ist, weiter ausgeführt zu werden - auf jeden Fall eine interessante und mutmachende Lektüre.

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