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Cover "Dunkel Nacht"

Oetinger

Kirsten Boie: „Dunkelnacht“ - über ein Endphasenverbrechen

„Dunkelnacht“ erzählt die unfassbare Geschichte des bayrischen Dorfes Penzberg, in dem Nazis direkt vor Kriegsende 16 Leute grausam ermordeten. Für den Roman wurde Kirsten Boie mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet.

Von Zita Bereuter

Direkt vor Kriegsende kommt es in dem kleinen Dorf Penzberg in Bayern zu einem sogenannten „Endphasenverbrechen“. Einen Tag bevor die Amerikaner in Penzberg einmarschieren - die Geschützfeuer kann man bereits hören - ermorden die Nazis 16 Menschen bestialisch. Acht Bewohner des Dorfes werden erschossen, sieben Bewohner und eine Bewohnerin im Dorf gehängt. Täter ist der sogenannte „Werwolf“, eine Untergrundorganisation von freiwilligen einheimischen Nazis.

„Dunkelnacht“ von Kirsten Boie ist im Verlag Oetinger erschienen und wurde mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis 2022 ausgezeichnet.

Kirsten Boie hatte davon gelesen und war erschüttert. Sie arbeitete sich intensiv durch das Archivmaterial - von den Ereignissen und in Folge auch von dem Prozess, der drei Jahre später gegen die Täter in Penzberg stattgefunden hat und zu dem es eine umfangreiche Dokumentation gibt. „Da war ich erschüttert vom Verhalten der Täter, die keinerlei Unrechtsbewusstsein oder Schuldbewusstsein gezeigt haben. Die immer noch fanden, dass alles richtig war, weil sie ja Befehle befolgt hatten und der Krieg noch nicht zu Ende war. Da mussten sie ja so handeln. Und das wirklich Furchtbare ist eben: Die sind verurteilt worden und später alle in Revision gegangen und alle freigekommen. Und dadurch hat dieses Thema für mich noch mal an Wucht zugenommen“ erzählt Kirsten Boie im Interview.

„Sechzehn Ermordete und kein einziger Mörder. Das soll man verstehen können.“

Kirsten Boie schreibt in „Dunkelnacht“ nur von wenigen Tagen: vom Abend des 27. April 1945, der Mordnacht am 28. April und dem frühen Morgen des 29. April. Das grausame Verbrechen erzählt sie auf knapp 120 Seiten. „Ich glaube, es musste so knapp erzählt werden, um eine Wucht entwickeln zu können. Es hätte sich ja sehr ausgedünnt, wenn ich 200 Seiten gewählt hätte und zwischendurch immer ausführlich die Gefühle und Gedanken und so weiter der Personen beschrieben hätte.“

So stehen die realen Ereignisse im Mittelpunkt. Die erzählt sie aus der Perspektive von Jugendlichen. Für diese hat sie das Buch auch geschrieben. Denn ihre Erfahrungen sind, „dass Bücher für Kinder und für Jugendliche noch was bewirken können, was wir bei Erwachsenenbüchern ja längst nicht mehr immer erwarten. Aber für Kinder ist alles immer noch das erste Mal und da kann man noch ganz viel anstoßen. Jugendliche sind einfach sehr, sehr offen für Themen. Auch für schwierige Themen. Und deshalb macht es mir einfach ganz große Freude.“

Die ausgezeichnete Kirsten Boie

Kirsten Boie ist eine der bekanntesten Kinder- und Jugendbuchautorinnen im deutschsprachigen Raum. Rund 100 Bücher hat sie geschrieben. Von „Paule ist ein Glücksgriff“ zu „Heul doch nicht, du lebst ja noch“. Daneben zwölf Reihen von King Kong dem Meerschweinchen zu den Kindern aus dem Möwenweg. 2007 wurde ihr Lebenswerk mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnet.

Kirsten Boie

Radio FM4 / Zita Bereuter

Jetzt, 15 Jahre später, erhält sie den Deutschen Jungendliteraturpreis wieder - für ihren Roman „Dunkelnacht“. „Es hat mich natürlich wahnsinnig gefreut, weil in gewisser Weise beglaubigt das jetzt diesen Preis für das Gesamtwerk.“

Außerdem wurde sie auch von den Jugendlichen der Jugendjury für den Buchpreis nominiert. „Die Nominierung durch die Jugendjury war mir deshalb so wichtig, weil ich es als Jugendbuch geschrieben habe. Es dürfen gerne Erwachsene lesen, aber ich habe es geschrieben als Jugendbuch. Und diese Nominierung zeigt, dass es Jugendliche erreicht. Insofern ist mir die Nominierung fast genauso wichtig wie der Preis von der Kritikerjury.“

Dass sie überhaupt Kinder- und Jugendbücher schreibt, habe sich so ergeben. „Das ist keine besonders analytische Antwort. Aber es ist einfach so: Mein erstes Buch ist mir eingefallen, als ich nicht mehr als Lehrerin arbeiten durfte, weil wir unseren Sohn adoptiert hatten. Damals musste man dann zu Hause bleiben. Ich habe nach einer Alternative gesucht. Natürlich war dann mein erstes Buch ein Kinderbuch und es hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dabei geblieben bin.“

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