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Was hilft bei Herbst-Winter-Depression?

Gerade in der finsteren Jahreszeit fühlen sich viele Menschen kraft- und antriebslos. Oft handelt es sich um einen „Winterblues“, den man mit ausreichend Bewegung, genügend Licht und Stressvermeidung in den Griff kriegen kann. Die wenigsten, etwa zwei Prozent der Österreicher*innen, leiden an einer Herbst-Winter-Depression.

Von Savanka Schwarz

Bei der auf Herbst-Winter-Depressionen spezialisierten Ambulanz im Wiener AKH können sich Betroffene Hilfe holen. Telefonisch wird ein Termin vereinbart, der in der Regel innerhalb von zwei Wochen stattfindet. Gemeinsam werden dann die Symptome erörtert und durch Untersuchungen ausgeschlossen, dass die psychische Verstimmung auf Krankheiten wie eine Schilddrüsenunterfunktion zurückzuführen ist. Frauen sind doppelt so häufig von Depressionen betroffen wie Männer und gerade bei saisonalen Depressionen ist der Anteil an betroffenen jungen Frauen noch höher.

Von einer Herbst-Winter-Depression spricht man dann, wenn wiederholt saisonal eine Depression eintritt, sagt der Psychiater Prof. Dr. Winkler von der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen im Wiener AKH. Hauptgrund für saisonale Depressionen sind die geringen Sonnenstunden im Winter. Sich täglich mindestens 30 Minuten vor eine Tageslichtlampe zu setzen, kann eine gute Therapiemöglichkeit sein. Die Ambulanz im AKH verborgt die Geräte an Betroffene.

Auch Wolfgang nutzt eine Tageslichtlampe. Der Mitte 30-Jährige leidet an Depressionen, die in der kälteren Jahreszeit noch stärker werden. Er ist medikamentös eingestellt und macht eine Gesprächstherapie. Er beschreibt seine Depression als einen gefühllosen Zustand, der das ganze alltägliche Leben beeinflusst.

Dass eine Depression den Alltag maßgeblich verändert und sehr einschränken kann, ist auch einer der Unterschiede zum sogenannten Winterblues, erklärt Prof. Dr. Winkler: „Der Begriff Herbst- oder Winterblues wird typischerweise für die subsyndromale Variante verwendet. Das heißt, für diese Kategorie, wo der klinische Leidensdruck relativ gering ist und auch das soziale Funktionieren der Patient*innen nicht signifikant beeinträchtigt ist.“

Tageslicht, Therapie und Freund*innen helfen mehr als gutgemeinte Tipps

Wolfgang hat im Zuge seiner Gesprächstherapie gelernt zu akzeptieren, dass während seiner starken Depressionen Dinge wie Duschen oder Einkaufen einfach nicht möglich sind. Gerade in unserer leistungsorientierten Gesellschaft sei es schwer, sich zu erlauben, dass in gewissen Phasen einfach nichts außer im Bett zu liegen geht, sagt er. Das Bewusstsein darüber, was eine Depression genau ist und wie sie sich äußert, wurde seiner Wahrnehmung nach in den letzten Jahren bereits geschärft, es brauche dennoch mehr Aufklärungsarbeit über psychische Krankheiten, glaubt er. Zusätzlich plädiert Wolfgang für mehr Kassentherapieplätze: „Ich habe das Glück, dass ich einen Kassentherapieplatz habe, aber Freund*innen von mir sparen sich ihre Therapie wirklich vom Essen ab.“

Dass Gesprächstherapie auch bei einer Herbst-Winter-Depression helfen kann, bestätigt der Prof. Dr. Winkler. Wenn die Lichttherapie nicht den erwarteten Erfolg bringt, können in der Ambulanz für Herbst-Winter-Depressionen auch Medikamente verschrieben werden. Außerdem bietet die Ambulanz eine Therapie mit Omega-3-Fettsäuren an, zu der momentan eine Studie läuft.

Auch wenn Bewegung und frische Luft das Gemüt durchaus positiv beeinflussen können, rät der Psychiater von gut gemeinten Ratschlägen wie „Geh halt öfter aus dem Haus“ ab. Auch Wolfgang sagt, dass solche „Tipps“ ihm vor allem das Gefühl vermitteln, selbst für die Krankheit verantwortlich zu sein. Außerdem suggeriert das, er könne durch einfache Umstellungen die Depression überwinden. Das erhöht den Druck und führt eher zu einer Verschlechterung des Zustands.

Am meisten helfen können ihm Bekannte, wenn sie kochen, Einkäufe oder kleinere Tätigkeiten im Haushalt übernehmen, wenn er diese nicht mehr schafft, meint Wolfgang. Außerdem sei es wichtig, keine großen Erwartungen an die betroffene Person zu haben, sondern den Ist-Zustand anzunehmen und auch mal wiederholt Hilfe für konkrete alltägliche Dinge anzubieten.

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