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Iggy Pop

Iggy Pop

Iggy Pop lässt seinen nihilistischen Zorn wieder auflodern

Am Freitag hat Iggy Pop sein 19. Soloalbum veröffentlicht. Versprochen hat er uns „music made the old-fashioned way, which will beat the shit out of you“.

Von Natalie Brunner

„Every Loser“ heißt Iggy Pops neues Album, auf dem er den nihilistischen Zorn wieder auflodern lässt, mit dem er 1969, damals mit seiner Band The Stooges, die Arena betreten hat. Rock der härteren Sorte ist da zu hören. Iggy Pop hat das neue Album mit dem Producer Andrew Watt gemacht, zu dessen Kunden auch Miley Cyrus, Morrissey und Elton John gehören.

Als Musiker sind unter anderen Chad Smith von den Red Hot Chilli Peppers und Duff McKagan von Guns’n’Roses an der Seite von Iggy zu hören. Auch spielt der inzwischen verstorbene Drummer der Foo Fighters, Taylor Hawkins, auf zwei Nummern mit. Es sind seine letzten Aufnahmen.

Plattencover in Schwarzweiß

Iggy Pop

Er selbst ist das Gegenteil von „Every Loser“, Iggy Pop ist ein großer, freier und nicht dem Altern unterworfener Geist, der aus all dem Zorn und Exzess der frühen Jahre etwas destilliert hat, das ihn auch in der sechsten Dekade seines Schaffens zu einem faszinierenden Performer macht. Irgendwie hat er es zu Wege gebracht, dass in den knapp 60 Jahren seiner ununterbrochenen Bühnenpräsenz das Gegenteil von dem passiert, was er in seinen Texten in wandelndem musikalischem Kleid beschwört, nämlich ein Ausbrennen an der Grausamkeit und Hohlheit der Welt. Iggy Pop ist ein wacher, schelmischer Geist.

Seine wöchentliche Radioshow Iggy Confidential ist ein eklektisches Fest, das keine Limits kennt. Seine Kommentare und Erinnerungen, so lapidar und kurz sie auch sein mögen, sind authentische Perlen einer zeitlebens gepflegten Liebe zu Musik. Der Zorn und die Darkness in Iggy Pops musikalischen Werk stehen im Kontrast zu der abgeklärten Gelassenheit, die ihn im Frühstücksfernsehen strahlen lässt.

In seinen Instaposts sehen wir einen grinsenden Iggy Pop, der im Garten seines Anwesens im Pensionistinnenparadies Florida chillt. Sein geliebter Kakadu Biggie Pop sitzt headbangend auf seiner Schulter.

Miami, Florida, dem Ort, den Iggy Pop seit den 90er Jahren Zuhause nennt, hat er auch einen Song auf „Every Loser“ gewidmet. „New Atlantis“ bringt seine Liebe zu dem Ort, wo ein Mensch frei sein kann und seine Sorge über den Klimawandel zum Ausdruck.

Für jemanden, der so auf du und du war mit dem Tod und seinen Körper so gefordert und verletzt hat, ist Iggy Pop verdammt gut alt geworden. „My mind is on fire when I should retire“, singt er in der Nummer „Frenzy“.

Es ist nicht schal oder klischeehaft, wenn Iggy Pop, der Drogen vor Jahren abgeschworen hat, auf der zweiten Single zu „Every Loser“, einem Stück namens „Strung Out Johnny“ ein Junkie-Schicksal Revue passieren lässt. Es ist eine Kombination aus Achter- und Geisterbahnfahrt, auf die Iggy Pop gelassen und selbstironisch zurückblickt. In einem Interview erzählt er von den Albträumen, die er heute noch als Konsequenz dieser Zeiten hat: „I’m usually barefoot and I have like a crinkled dollar bill in my pocket. I’m in a strange city, in a dirty street, knocking on doors where there is no doorknob and nobody there. But that’s ok. It’s fun to wake up.“

Wer hätte gedacht, dass der Typ, der, wenn ihm die Drogen ausgegangen sind, um irgendetwas zu spüren, brennende Glühbirnen zerbissen hat, ein paar Jahrzehnte später trotzdem oder vielleicht auch deswegen im seinem 76. Lebensjahr ein leuchtendes Vorbild für ein glückliches und selbstbestimmtes Leben sein würde. Der Musik macht, die in Abgründe blicken lässt, ohne in sie hineinzustürzen. Iggy hat alles gesehen, hat alles überlebt und er kann lachen über die Welt und sich selbst.

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