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„Der Fuchs“: Ein Soldat kommt auf den Fuchs

In seinem dritten Spielfilm widmet sich Regisseur Adrian Goiginger abermals seiner eigenen Familiengeschichte. In „Der Fuchs“ rückt er die Beziehung seines Urgroßvaters, der als Motoradkurier im zweiten Weltkrieg diente, zu einem Fuchswelpen in den Fokus. Die Beziehung zum Fuchs wird zu einer Parabel über Liebe, Glück und den eigenen Platz im Leben.

Von Philipp Emberger

1940 in einem deutschen Wald: Ein kleiner Fuchswelpe tapst zwischen den Bäumen hilflos umher. Dessen Mutter liegt tot daneben – aufgespießt durch eine Falle. Die Rettung kommt für das junge Wildtier auf zwei Beinen daher. In Form des jungen Soldaten Franz Streitbergers (Simon Morzé). Er findet den verwaisten Fuchswelpen, nimmt ihn zu sich und zieht das Tier fortan groß. Das Unterfangen ist allerdings alles andere als einfach. Denn der junge Mann soll bald an die französische Küste. Er steht im Dienst der deutschen Wehrmacht und die befindet sich gerade mitten im zweiten Weltkrieg. Der Fuchs wird für den jungen Mann im Laufe der Reise zu einer wichtigen emotionalen Stütze in seinem Leben und dient dem Film als Parabel über das eigene Leben des Hauptprotagonisten.

Knapp dreizehn Jahre zuvor hat der Soldat Streitberger nämlich ein ähnliches Schicksal wie der Fuchs erlitten. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen in den 1920er-Jahren. Gefundene Kartoffeln reichen nicht annähernd dafür, die ganze Familie Streitberger zu ernähren. Für den jungen Bub, er hat noch zehn weitere Geschwister, bleibt nur die kleinste Portion. So entschließen sich sein Vater (Karl Markovics) und seine Mutter (Karola Niederhuber), den kleinen Franz wegzugeben und an einen anderen Bauernhof zu verschenken. Es ist die einzige Hoffnung für die Familie, das Kind (gespielt von Maximilian Reinwald) durch den bevorstehenden Winter zu bringen.

Aufgewachsen in bitterer Armut

Die Hoffnung in das Leben durch einen Fuchswelpen wiederzufinden, klingt wie ein wunderbar, fast schon zu wunderbar, geschriebenes Drehbuch. Tatsächlich beruht „Der Fuchs“ zum Großteil auf wahren Begebenheiten. Für seinen dritten Spielfilm greift der Salzburger Regisseur Adrian Goiginger nach „Die beste aller Welten“, in der er seine Kindheit mit einer heroinsüchtigen Mutter schildert, wieder auf eine Familiengeschichte zurück.

Dieses Mal rückt er die Geschichte seines Urgroßvaters ins Zentrum seines Films. Aufgewachsen in bitterarmen Verhältnissen im Salzburger Pinzgau wurde der junge, reale Franz Streitberger von dessen Familie an einen anderen, wohlhabenderen, Bauern verschenkt. Dort hatte der siebenjährige Bub zwar genug zu essen, an Zuneigung und Liebe fehlte es aber. Es ist ein Trauma, das Goigingers Urgroßvater sein Leben lang begleitete. Vorfälle wie dieser waren alles Andere als ein Einzelfall, wie der Regisseur im Interview mit FM4 bestätigt: „Das war kein Einzelschicksal, sondern ein trauriges Massenphänomen.“ Annahmekinder hat es gerade im ländlichen Raum in Österreich tatsächlich sehr viele gegeben. Die Auswirkungen der Traumata ziehen sich häufig noch durch nachfolgende Generationen.

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Marie (Adriane Gradziel) mit Franz und Fuchs

Im Film ist es dann der Fuchs, der Franz Streitberger wieder Glaube an das Leben und in die Liebe finden lässt. Klingt fast schon kitschig, doch diese Gefahr umschifft der Film gekonnt. Der Fuchs dienst als Spiegel für Franz eigenes Leben. Regisseur Goiginger dazu: „Mein Urgroßvater hat für den Fuchs der Vater sein können, den er sich für sich selbst immer gewünscht hat“.

Historische Genauigkeit vs. menschliche Story

Regisseur Goiginger begleitet den jungen Soldaten filmisch auch während einer Episode des Krieges. In Frankreich ist Franz Streitberger beim Sitzkrieg 1940 dabei. Recht viel passiert ist da nicht. Die Soldaten sitzen Großteiles rum, spielen Fußball und trinken Wein. Ein trügerisches Bild, wenn man die Bilder des Kriegsverlaufs präsent im Kopf hat. Der Film balanciert hier zwischen historischer Genauigkeit und dem eigentlichen Filmthema – dem Leben des jungen Österreichers. In Frankreich trifft Franz Streitberger dann auf die Französin Marie (Ariane Gradziel). Zum ersten Mal stellt sich ihm die Frage, wie lange er das Wildtier noch bei sich halten kann oder ob der Fuchs nicht in seinem natürlichen Gebiet, dem Wald, besser dran wäre.

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Mit Kamerad Dillinger (Marko Kerezovic) ist Franz Streitberger (Simon Morzé) an der französischen Küste

„Der Fuchs“ erzählt durch die Beziehung zwischen Fuchs und Mensch einfühlsam von Liebe, Familie, Zugehörigkeit. Das passiert auf subtile Art und Weise, ohne die Thematik in die Auslage zu stellen oder den Zuseher:innen überdeutlich aufs Auge zu drücken.

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