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Joesef

Nathan Dunphy

Joesef und sein Debütalbum „Permanent Damage“

Der schottische Musiker Joesef begeistert mit einem sehr persönlichen Indie-Soul-Album. Es geht um die Liebe und das gebrochene Herz. Letzteres schädigt einen in gewisser Weise dauerhaft, und darum nennt Joesef die Platte „Permanent Damage“. Aber letztlich geht es sich doch immer irgendwie aus, und auch davon handeln die dreizehn Songs von Joesef.

Von Eva Umbauer

Joesef war sich erst gar nicht sicher, ob er singen könne. Erst als ihn ein Freund überredete, bei einer Open-Mic-Night in ihrer Heimatstadt Glasgow aufzutreten, wurde dem jungen Schotten sein Potential bewusst. Sein erstes Konzert - in der legendären Glasgower Venue King Tut’s Wah Wah Hut - war bereits ausverkauft, da hatte Joesef sein erstes Mini-Album noch gar nicht veröffentlicht. Dann steckte er seine Gitarre am Laptop an und sang dazu. Nun ist nach zwei EPs das erste komplette Album erschienen: „Permanent Damage“ von Joesef. A star is born.

Die Spatzen pfiffen es zuletzt schon ein wenig von den Dächern - in diesem Fall waren die Spatzen die BBC, die den leicht geheimnisvollen Joesef auf eine ihrer jährlichen Listen setzte, die jungen Talenten eine große Pop-Zukunft voraussagen. Joesef ist ein Songwriter mit bemerkenswerter Stimme und unter anderem von altem Soul inspirierten Songs. Seine ersten Tracks hatten Namen wie „Don’t Give In“ oder „The Sun Is Up Forever“.

Ende 2020 zog Joesef von Schottland hinunter in die riesengroße Stadt, nach London. Trotzdem, oder gerade deshalb, widmet er mit „East End Coast“ der Community in seiner alten Heimatstadt einen Song. „East End Coast“ ist ein Shout Out an Glasgow, eine Hommage an jene Stadt, aus der er kommt und über die er sagt, dass sie zwar noch immer zum Teil ziemlich rough ist, einem aber auch erlaubt, so zu sein, wie man möchte, was dem queeren Joesef viel bedeutet.

„East End Coast“ ist einer der schönsten Songs auf „Permanent Damage“. Der erste Track, den Joesef für das Album schrieb, war „Just Come Home With Me Tonight“ - ein Song über eine vergangene Liebe, von der sich der Protagonist wünscht, dass sie noch einmal aufflammt. Der letzte Song hingegen, der für „Permanent Damage“ entstanden ist, ist das berührende „Borderline“, ein Song über den Joesef sagt „It´s definitely a right person, wrong time kind of song. I still find it completely devastating.“

„Didn’t Know How To Love You“ schrieb Joesef zusammen mit dem britischen Musiker Barney Lister, der auch das Album produzierte. Barney hat etwa schon mit der Britin Celeste gearbeitet. „I think, we made it sound like a band in a room jamming together“, sagt Joesef über „Didn’t Know How To Love You“.

Weiter geht es am Album mit „Apt 22“, einem Song, der davon handelt, dass man die Abwesenheit eines Menschen so sehr spürt, dass dieser Mensch schon fast wieder präsent ist. „We were just letting the story inform the orchestration“, meint Joesef über die Streicherarrangements von diesem Song.

"Permanent Damage von Joesef

AWAL

„Permanent Damage“ von Joesef ist bei AWAL erschienen.

Beim Refrain von „Apt 22“ singt Guy Garvey mit, der Sänger der englischen Bad Elbow. Guy und seine Band nahmen im gleichen Tonstudio auf wie Joesef, man lief sich also über den Weg. Joesef war absolut begeistert: „I’ve been such a fan forever, so this song is so special to me.“

Während seiner Kindheit war Joesef von früh bis spät von den Lieblingsplatten seiner Mutter umgeben - The Mamas and Papas, Marvin Gaye oder Donny Hathaway -, aber es gab kein Geld für Musikunterricht. Joesef brachte sich also selbst das Notenlesen und die Technik bei und lernte mit Gitarre, Bass, Keyboards und Aufnahme-Software umzugehen.

Der Song „Joe“ hat einen hübschen Gitarrenbeginn und ist „a bit of a conversation with myself. Much of the album is about my relationship with someone else, but this one is about the relationship I have with myself.“

„Just Come Home With Me Tonight“ strahlt eine schwermütige Atmosphäre aus, wie ein Abend, der sich dem Ende zuneigt, eingehüllt in Reverb und mit hautnahem, intimem Gesang, der die rohen Emotionen des Songs umspielt. Joesef schrieb den Track allein, als er noch in Glasgow lebte.

„Blue Car“ hat eine Akustikgitarre und ist wunderschön. „All Good“ ist der musikalische Epilog von diesem Album, das eine hervorragende Dramaturgie aufweist. „All Good“ ist wie ein alter englischer Northern-Soul-Track, der davon handelt, dass nichts im Leben einfach ist, aber dass sich letztlich dann alles doch irgendwie ganz gut ausgeht.

„Last Orders“ ist ein Song, den Joesef schon immer machen wollte, „like those boom clap Motown records. We put the sounds through a lot of vintage equipment and set it to tape, so it has a lot of old-school textures.“

Davor gibt es noch „Moment“, ein poppiges Stück, das sich besonders gut für die Konzertbühne eignet und über das Joesef sagt „We’d been listening to a lot of indie bands making this tune, like The Radio Dept. and Beach Fossils.“

Joesef besitzt das Talent, die Seele wie mit Schnappschüssen einzufangen. Auf seinem Debütalbum erkundet er Neues mit der Produktion seiner Tracks, konzentriert sich aber letztlich stets auf das große emotionale Gewicht seiner Songs, die er selbst gerne als „pure working class torch songs“ beschreibt. Sie sind unverblümt und schmerzhaft ehrlich, aber mit einem Sinn für Humor, der die harte Wahrheit unterstreicht.

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