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Die Plattensammlung von Electric Indigo

Substance Records

Electric Indigo gibt ihre Plattensammlung her

Die umfangreiche Sammlung der legendären DJ und Produzentin steht seit dieser Woche im Wiener Plattenladen Substance Records.

Von Stefan Trischler

Sie ist eines der heimischen Aushängeschilder in Sachen Techno. Seit 1989 ist Electric Indigo als DJ unterwegs, fast genauso lang produziert sie auch. Jetzt hat sie damit aufhorchen lassen, dass sie ihre vielen Tausend Platten weggibt. Ihre Sammlung steht seit dieser Woche im Wiener Plattenladen Substance zum Durchstöbern bereit.

Im Interview erzählt Electric Indigo von ihre Beweggründen und Erfahrungen beim Aussortieren.

Electric Indigo: Ich denk mir erstens schon seit zehn, 15 Jahren, dass ich zu viele Platten hab. Zweitens ist mir dauernd bewusst, ich verwende sie kaum, weil ich jetzt schon lange lieber digital auflege als mit Vinyl. Und wenn ich zu Hause Musik höre, dann entweder in Vorbereitung für die DJ Sets oder ich mache selber Musik. Es ist wirklich ganz selten, dass ich Musik anhöre, und es findet nie statt bei mir, dass Musik im Hintergrund läuft. Das macht mich komplett fertig. Das heißt, es gibt wenig Gelegenheiten für mich, Platten einfach so mal aufzulegen.

Dann kamen auch so Gedanken wie „Was ist eigentlich, wenn wenn ich sterbe, und dann müssen sich irgendwelche armen Erbinnen darum kümmern?“ Dieser Gedanke kam auch damit, dass ein paar Freunde und Kolleginnen in den letzten Jahren viel zu früh abgetreten sind. Peter Rehberg zum Beispiel oder Kelli Hand - alle meine Generation oder ein bisschen jünger.

Electric Indigo

Substance Records

Electric Indigo: Der eigentliche Anlass war dann, dass mein Bruder, der hier nämlich in dieser Wohnung Hauptmieter ist, endlich mal eine ordentliche Renovierung angehen wollte. Das war die Initialzündung, jetzt mal ernsthaft dieses Zu-viele-Platten-Problem anzugehen. Weil es hat sich echt wie ein Problem angefühlt, dass sich in jeder Ecke riesige Stapel unsachgemäß gelagerter 12 Inches angesammelt hatten. Na gut, und jetzt trenne ich mich davon. Und das ist überraschend einfach. Ich bin jetzt ungefähr die Hälfte meiner Sammlung durchgegangen, so circa 4.000 Platten, und ich hab halt irgendwie so ein liebevolles Gefühl gehabt. Ich habe mich gefreut, ich hatte so ein leichtes Lächeln auf den Lippen, aber auch Freude darüber, dass die jetzt eine andere Bestimmung finden, und dass ich die jetzt weggebe und dadurch sehr viel Platz und Luft gewinne.

In der kleinen Kiste, die bleibt, finden sich ausgewählte Jazz-Platten, aber auch viel Kraftwerk, Prince, Pan Sonic oder Monolake.

Es hat sich auch tatsächlich ein bisschen befreiend angefühlt, aber nicht, weil ich mir denke, das war alles doof, und die Musik gefällt mir nicht mehr, ganz und gar nicht. Eher ist es ein liebevolles Verabschieden. Ich hab mir auch gedacht, dass mir das schwerer fällt oder dass es eine sehr unangenehme Aufgabe wird. Aber so ist es dann gar nicht und es ist mir bewusst, dass da ein paar wirklich tolle Sachen dabei sind, die ich musikalisch immer noch großartig finde, wo ich aber nicht so sentimental an dem Objekt der Platte selber hänge, sondern mir denke, im Bedarfsfall höre ich mir das digital an und alles ist wunderbar.

Nur einen ziemlich kleinen Teil, maximal 5 Prozent, werde ich mir aufheben. Erstens muss mir da die Musik noch immer gut gefallen und ich muss den Sound mögen. Ganz wichtig ist auch der Faktor, dass ich noch immer einen persönlichen Bezug zu dem Objekt selber habe. Das heißt, dass das Erinnerungen in mir auslöst und mit bestimmten Erlebnissen oder Phasen in meinem Leben zusammenhängt. Die beiden Faktoren sind das eigentlich.

Radio FM4: In den Kommentaren zur Ankündigung dieses Verkaufes haben Leute vorgeschlagen, die Sammlung hätte ja an die Mediathek oder so eine Museumssammlung gehen können. Hast du das auch überlegt oder gab es da Gespräche in die Richtung?

Electric Indigo: Ich bin erst durch diese Kommentare auf mein Posting draufgekommen, dass meine Plattensammlung ja theoretisch einen kulturellen Wert hat in dieser Zusammenstellung - und hab dann auch die direkten Kontakte bekommen. Ich habe wie vorgeschlagen an die Österreichische Nationalbibliothek und das Museum für Angewandte Kunst und das Technische Museum, zu dem die Mediathek gehört, geschrieben, aber keine Antworten bekommen. Ich habe auch mit der Lilli Hollein gesprochen, vom Museum für Angewandte Kunst. Sie hat sich grundsätzlich interessiert gezeigt, aber praktisch ist es natürlich erstens zu umfangreich und zweitens gibt es im MAK gar keine Abteilung, wo Schallplatten irgendwie reinpassen würden. Und ich muss das Ganze jetzt abschließen. Das heißt, ich habe nicht jahrelang Zeit, mit irgendwelchen österreichischen Bundesinstitutionen zu verhandeln. Es wäre irgendwie nett gewesen, aber eigentlich gefällt mir der Gedanke fast besser, dass Leute damit auch wieder was machen und das dann eine neue Bestimmung findet, die über das Konservieren hinausgeht.

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