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Raye vor einem Haufen Intstrumenten

Raye

Raye veröffentlicht nach jahrelangem Kampf ihr Debütalbum

Nach fast zehn Jahren Schikane rächt sich die britische Popsängerin Raye an ihrem ehemaligen Label mit dem Debütalbum „My 21st Century Blues“ und Haufen von Instrumenten vor der Tür.

Von Dalia Ahmed

2014 unterschrieb die Musikerin aus Süd-London einen vier Alben umfassenden Vertrag mit der Plattenfirma Polydor Records, einem Teil von Universal Music. Danach releaste Raye mehrere Top 20 Hits in den UK Charts, arbeitete mit Beyoncé und John Legend zusammen, durfte aber kein einziges Album veröffentlichen. Jetzt hat Raye ihr Debüt endlich als independent Artist herausgebracht, samt smarter Marketing-Kampagne.

Fast zehn Jahre lang soll das Musiklabel Raye hingehalten und ihre Karriere sabotiert haben. Nach jedem Hit, der hohe Listening-Zahlen auf Spotify und gute Chartplatzierungen einbrachte, hoffte Raye, dass ihr das Label endlich erlauben würde, ein Debütalbum zu veröffentlichen, aber ihr wurde immer wieder gesagt, dass die Zeit noch nicht reif dafür sei.

Warum das passierte, wissen wir nicht ganz genau, aber wahrscheinlich war es eine Kombination aus Gründen: Die Zuständigen beim Label dachten eventuell, dass der Popmarkt im UK übersättigt war mit Acts wie Dua Lipa, Little Mix oder Mabel. Der Chef, unter dem Raye gesignt wurde, verließ 2016 Polydor und damit rutschte Raye nochmal weiter nach unten auf der Prioritätenliste. Sie nützte dem Label viel - vielleicht sogar mehr - als Sängerin, die in den Songs großer UK Producer als Featuregast auftrat und nur einzelne Singles veröffentlichte, die viral gingen.

2020 veröffentlicht Raye nach einigen Beteiligungen an Hits, quasi auf eigene Faust ein Mini-Album. „Euphoric Sad Songs“ knackte zwar nicht die Top 40, wurde aber viel gestreamt. Dem Label reichte es trotzdem nicht als Grund, ihr ein ordentliches Debütalbum zu ermöglichen.

Irgendwann hielt Raye das Sitzen auf der Reservebank nicht mehr aus und tweetete im Sommer 2021, dass ihr Label ihr Debütalbum blockiere. Daraufhin einigte man sich einvernehmlich, Raye von ihrem Vertrag zu befreien.

2022 veröffentlichte Raye, zum ersten Mal nach der Vertragsauflösung, als independent Artist eine Single. Und jetzt ist das Debütalbum „My 21st Century Blues“ erschienen, ein Album auf dem sich Raye voll austobte. Von den dancigen, clubbigen Klängen, mit denen sie in den letzten Jahren Chart- und virale TikTok-Hits landen konnte, bis hin zu RnB Grooves (der Sound, mit dem sie ihre Karriere eigentlich begann) ist da viel Popvariation dabei.

Außerdem geht es auf „My 21st Century Blues“ um viel Heartbreak, aber auch um alles, was Raye aktuell zu beschäftigen scheint, zum Beispiel gesellschaftliche Schönheitsvorgaben und ihren Struggle damit oder auch den Klimawandel. Die Songs dazu heißen „Body Dysmorphia.“ und „Environmental Anxiety.“ – mehr literal geht eigentlich nicht.

Das ist auch eigentlich der einzige Kritikpunkt an dem Album: Dass es sehr geraderaus daherkommt. Raye sagt 1:1, was sie meint. Manchmal klingt das erfrischend ehrlich, aber oft auch irritierend simpel.

Womit Raye glänzt, ist die Verpackung. Die Beats stimmen, ihre Stimme kann Vieles und die Marketingkampagne drumherum ist innovativ. Zuerst wurde auf den TikTok-Trend eingegangen, bei dem Songs beschleunigt abgespielt werden. Der Song „Escapsim.“, der als „Sped Up“ Version viral gegangen war, wurde offiziell von Raye in eben dieser beschleunigten Version neu veröffentlicht.

Und dann inszeniert Raye ihre kleine Schwester am Albumcover als Mini-Raye, die einen Berg weißer Instrumente erklimmt, unter denen Labelbosse verschüttet liegen. Genau diesen Berg aus Instrumenten positionierte Raye als Kunstinstallation am Releasetag vor dem Büro von Polydor in London. Eine symbolische, vor allem promomäßig smarte Aktion.

Überhaupt scheint Raye als Pop-Alchemistin, aus allem, was sie eigentlich runterziehen sollte, virale Momente und Hits zu spinnen. „My 21st Century Blues” ist damit der Startschuss einer Karriere, die schon seit 10 Jahren am Laufen ist, aber erst jetzt wirklich abheben kann, und ein Beweis, dass sich Artists, auch ohne großes Label im Rücken eine Popkarriere erkämpfen können.

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