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Das war der Protestsongcontest 2023

Das Event fürs Dagegen ist geschlagen, gewonnen hat KüR! Und alle anderen! Ein Abend in Wort und Bild, und mit der besten Wertung für einen Song in der Geschichte des PSC.

Von Michael Fiedler

Der Protestsongcontest 2023 beginnt, wie er länger nicht beginnen konnte, aber immer beginnen sollte: Der Chor der Wiener Arbeiter*innen singt das klassische sozialistische Protestlied „Die Arbeiter von Wien“.

Michael Ostrowski übernimmt, packt die ganz großen Überleitungen aus, die er auf der Moderator*inneschule gelernt hat und rotzt ein Stand-Up zur aktuellen politischen Situation in Österreich raus, das sich alle Parteien zu Gemüte führen könnten.

Kurz die Jury vorgestellt, schon rocken VLUN, die in voller Länge Viel Lärm Um Nichts heißen. Ihr Song „E1NE VON DR3i“ richtet sich gegen Femizide. Danach gehts bei der Jury zur Sache: Sonja Maier sieht im Refrain eine gewisse Nähe zu einem bekannten Rocksong, Dynomite sagt Mord ist Mord und ist immer scheiße und bekommt dafür die ersten Buhrufe aus dem Publikum. Es ist wohl ein Missverständnis, aber das kommt als Verharmlosung von Femiziden rüber, was von Sigrid Horn dann auch angesprochen wird. Sie ist es auch, die kleinere textliche Schwächen im Song benennt.

Auf diesen harten Einstieg folgt ein harter Song: „Flüchtlingsheim“ von Teschek. „Georg Danzer Vibes“ spürt Sonja Maier und hätte noch ein Schlagzeug vermisst, doch der Drummer ist mit den Getränkebons über alle Häuser. Dynomite glaubt er setzt sich wieder in die Nesseln, wenn er sagt, dass man mit den Leuten reden muss, bei denen man merkt, dass sie nach rechts abdriften - und sie eben nicht direkt als Nazis bezeichnen und direkt ausgrenzen sollte. „Das hilft niemandem“, sagt er, nicht den Geflohenen und nicht den nach rechts Abdriftenden. Dafür bekommt er Applaus.

Lena Theresia tritt solo auf und besingt den Topfen vom Penisneid und die Vorteile ihrer Vagina, allen voran mit lautstarker Freude die multiplen Orgasmen. Antonia Stabinger, deren neueste, sehr gelungene Bühnenfigur eine Klitoris ist, ist natürlich begeistert. Die einzige, zarte Kritik kommt von Sigrid Horn, die sich „heute unbeliebt machen will“ und den Biologismus anmerkt. Aber auch sie feiert wie alle Anwesenden das Lied.

Mit Lenny420 und Benjo kommt der erste Hip Hop Track, der live so richtig fetzt und auch entsprechend Applaus bekommt. Kreiml & Samurai finden zwar, dass der Flow gut war, aber textlich war es leider „eine Aneinanderreihung von Floskeln“. Das sitzt. Wir haben hier vielleicht den Beginn einer Fehde zwischen Linzer Donau-Westufer und Wiener Ostbahn-Damm.

Werner Brix rappt auch, und zwar unglaublich schnell. Sein bislang letzter Bandwettbewerb war vor 41 Jahren sagt er anschließend. Michael Ostrowski nimmt den Pass volé: „Und damals warst du vierzig.“ So etwas geht unter Freunden. „Nervt a bissl wie a Hofer-Werbung“, sagt Sonja Maier und ein Raunen geht durch das Publikum. Aber ein Protestsong soll ja auch nerven.

Die „Vollzeitarbeitshölle“ von La Gouche ist auch ein superverviges Lied - wie die 40-Stunden-Woche an sich. Michael Ostrowski kitzelt dann aus der Band heraus, woher ihr Name kommt, nämlich von Goschen. Es klingt halt einfach besser, wenn man es französisch ausspricht und sie halten sicher nicht die Goschen. Nachdem die Jury aus Künstler*innen besteht, kommt das auch gut an, nur Sonja Maier hat fundierte Kritik: „Der Bass hat mir persönlich ein bissl zu viel getan.“

Flow & Felvin haben wie es scheint einen Fanclub mitgebracht. „Was’ los?“ fragt Michael Ostrowski und Felvin sagt: „Nix.“ „Es macht mich ein bissl fertig. Pock i ned.“ sagt Samurai, Dynomite weiß nicht, ob das jetzt nett gemeint ist, weil er hatte Gänsehaut. Antonia Stabinger macht argumentativ das Fenster auf und lüftet mal ein bissl durch: „Alle Anwesenden stellen sich hier auf die Bühne.“ Dafür gibt es Respekt.

Luksan Wunder schicken ein Video zum PSC.

Christian Stipkovits, Radio FM4

Der Sänger von Luksan Wunder hat sich diese Woche beim Sport verletzt, die Band konnte nicht aus Deutschland anreisen. Sie haben in kürzester Zeit ein Video gebastelt, das zugespielt wird. Das senkt natürlich die Siegeschancen. Außerdem ist sich die Jury einig, dass es schade ist, dass am Ende die alten, weißen Hoden stehen bleiben. Oder hängen bleiben. Die Qualität des sehr kurzfristig produzierten Videos darf jedenfalls nicht in die Wertung einfließen, ist sich das Publikum einig.

Lasse Mangold kommt von Mango Lassi und so crazy ist dann auch der Auftritt des Duos, das seinen Song „Gegen die Wand“ passenderweise in Warnwesten absolviert. Sigrid Horn wäre gern auf die eben gehörte Weltuntergangsparty eingeladen geworden, während es für Kreiml & Samurai ein bissl too much war. Antonia Stabinger findet, dass heute schon ziemlich viele Männer auftreten. Aber jetzt kommt zum Abschluss KüR.

„Ljudi“ hat vermutlich den gleichen Wortstamm wie „Leute“, so nah sind sich Ukrainisch und Deutsch. Die 18jährige Maryna, die noch minderjährig vor dem Krieg nach Österreich geflohen ist, hat viele Fans im Publikum, nicht nur die Klassenkolleg*innen, die sie heute begleiten. KüRs Auftritt ist ebenso stark wie verletzlich, die Jury ist sich in jeder Hinsicht einig: Gänsehautmomente.

Vorjahresgewinnerin IZRAA

Christian Stipkovits, Radio FM4

Während Vorjahressiegerin IZRAA ihre Gewinnerlied und neue Songs performt, brütet die Jury Backstage über ihrer Punkteverteilung und die Hörer*innen und Fans stimmen als 7. Jurymitglied ab.

Kür ist am Montag Gast in der FM4 Passt Show

Am Montag den 13.02. ist Maryna ab 13 Uhr zu Gast in der FM4 Passt Show mit Antonia Stabinger und Stefan Elsbacher! Und ab Montag gibt es hier dann auch alle Videos vom Protestsongcontest 2023.

Die Punkteverteilung (alle Infos dazu hier) ist diesmal sehr schnell und ganz ohne die üblichen Entschuldigungen für das eine oder andere Lied, das leider keine oder zu wenige Punkte bekommt. Und das liegt daran, dass es so klar ist. So klar wie noch nie. Kür bekommt für ihr Antikriegslied fünf Mal die Höchstpunkteanzahl, insgesamt 57 Punkte, das ist die beste Wertung in der Geschichte des Protestsongcontests.

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist einfach das Thema unserer Zeit. Und wir sind dagegen.

Hier gibt es nun den ganzen Protestsongcontest 2023 zum Nachschauen:

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