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SZA bei einem Konzert in Toronto

LupEnd007 (CC BY 2.0)

verena bogner

Thank You, Ex: Warum lieben wir Trennungssongs von Frauen?

SZA, Miley Cyrus, Shakira: Female-Empowerment-Hymnen, in denen Künstlerinnen ihre Trennungen verarbeiten, schießen gerade aus dem Boden. Sind wir bereit für unsere kollektive Villain Era?

Eine Kolumne von Verena Bogner

So stellte Late-Night-Host Trevor Noah kürzlich im Rahmen der Grammys Sängerin SZA vor: „Diese Frau wäre fast Meeresbiologin geworden. Und wenn sie das getan hätte, hätten wir jetzt keinen Theme-Song darüber, wie man seinen Ex killt.“ Adeles Reaktion auf diese Anmoderation ging direkt viral – sie schien geschockt über den Hintergrund zu SZAs Hit „Kill Bill“, in dem die doch recht deutlich und überspitzt darüber sinniert, wie wütend sie ist, und dass sie lieber für ihre Racheakte in der Hölle schmoren würde, als allein zu sein. In einem Interview erklärte SZA, dass sie auf ihrem Album „SOS“ ihre Trennung nach elf Jahren Beziehung verarbeitet. Der perfekte Soundtrack für ihre „Villain Era“ also, wie sie selbst sagt.

Verena Bogner

Verena Bogner

Verena Bogner ist freie Journalistin und Autorin und schreibt gerade an ihrem ersten Buch. Sie liebt Mainstream-Popkultur und findet, es gibt keine Guilty Pleasures.

Ein bisschen softer wagte sich kürzlich Miley Cyrus mit ihrem Über-Hit „Flowers“, der starke Anleihen an „I Will Survive“ nimmt, an das Thema heran. Auch hierbei handelt es sich um einen klassischen Revenge-Song. Statt Mordfantasien serviert Miley uns aber empowernde Manifestationen und die Feststellung, dass wir manchmal alleine einfach besser dran sind. Und die Fans lieben es: „Flowers“ brach den zuvor von Adele gehaltenen Spotify-Rekord für die meisten Streams innerhalb einer Woche. Den Song veröffentlichte sie natürlich stilecht am Geburtstages ihres Ex-Mannes Liam Hemsworth, um den es auch im Song gehen soll. (Die Internet-Theorie, dass er sie in dem Haus, in dem das Musikvideo spielt, mit 14 Frauen betrogen haben soll, konnte übrigens nie bestätigt werden.) Und dann wäre da noch Shakira, die ihren untreuen Ex anhand eines Marmeladenglases überführt haben will und in ihrem neuesten Song kräftig gegen Gerard Piqué ausholt. Mit dem dazugehörigen Video hat sie den YouTube-Rekord für den meistgesehenen neuen Latin-Song gebrochen.

2023: Das Jahr der Villain Era

Natürlich haben die genannten Künstlerinnen das Rad nicht neu erfunden, es gibt seit Anbeginn der Popkultur Songs von Frauen, in denen sie Trennungen verarbeiten und ihre Ex-Beziehungen besingen. Viele davon bedienen jedoch die klassischen Muster, die wir alle aus den ausgelutschten Rom-Coms kennen, die uns Netflix auch im Jahr 2023 noch im Wochentakt vorsetzt. Danke für die schöne Zeit, mein geliebter Ex, ohne dich wird mein Leben nie mehr dasselbe sein, denn du warst der Richtige für mich, sozusagen mein ganz persönlicher Mr. Big. Warum erkennst du es nicht auch? Alleine, verheult, verschmäht zuhause sitzen und sich wie Bridget Jones aus Frust einen Ben&Jerry’s-Kübel gönnen, ist die Lösung, die uns diese altbekannten Narrative präsentieren.

Die Vorstellung der gebrochenen, verlassenen Frau scheint aktuell immer mehr zu bröckeln. Und das ist auch gut so, denn irgendwann müssen wir alle erkennen, dass Mr. Big ein toxischer Clown und immer schon schlecht für Carrie war. Vielleicht fühlen wir die neuen Break-up-Hymnen deswegen so sehr, weil auch wir uns wünschen, genauso wie SZA endlich in unserer Villain Era anzukommen, uns freizumachen vom Klischee der machtlosen Single-Frau. Was Villain Era eigentlich bedeutet? Laut „Urban Dictionary“ beschreibt der Begriff den Punkt, an dem man sich entscheidet, kein leichtes Opfer mehr zu sein, und endlich beginnt, Nein zu sagen. Zusatz: Findet oft nach einer Trennung statt. Wo kann ich mich anmelden?

Natürlich sind Songs wie „Flowers“ auch gerade deswegen so zeitgeistig, weil sie den Fokus auf das Innenleben der Frauen lenken – ganz im Sinne unserer Selfcare-Culture, die vor allem auf TikTok floriert. Hier lautet das Credo: Hör auf, dich selbst mit den Augen dieser einen gottverdammten Person zu sehen, die dir wehgetan hat, und kümmere dich stattdessen endlich um dich selbst. Sei wütend (SZA), sei von mir aus kleinlich (Shakira) – solange du am Ende realisierst, dass du diesen ganzen Scheiß gar nicht nötig hast (Miley).

Und apropos kleinlich: Ehrlich gesagt tut es ein ganz kleines bisschen gut, zu sehen, dass auch Superstars hin und wieder genauso petty sind wie wir, wenn ihre Gefühle verletzt wurden. Als Lana Del Rey kürzlich ihr neues Album ankündigte, wurde genau ein überdimensionales Billboard aufgestellt – und zwar in der Heimatstadt ihres Ex-Freundes. Geben wir es zu: Hätten wir die Kohle, würden wir dasselbe tun.

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