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Strand, Wellen, Häuser in Barbados

CC BY-NC-ND 2.0 / flickr.com/scaturchio

Krimi

Cherie Jones’ preisgekrönter Krimi „Wie die einarmige Schwester das Haus fegt“

Barbados - eine karibische Trauminsel. Dass sie auch ein Ort voller Gewalt und Misshandlungen sein kann, beschreibt Cherie Jones in dem Roman „Wie die einarmige Schwester das Haus fegt“ - ausgezeichnet mit dem Deutschen Krimipreis 2022.

Von Zita Bereuter

Coverfoto von Barbados: CC BY-NC-ND 2.0

Rihanna hat sich nach längerer Pause bei der Super Bowl Halbzeit Show wieder gezeigt. Fans wissen, dass Rihanna auf Barbados geboren und aufgewachsen ist. Und Fans wissen auch, dass ihre Kindheit zwischen türkisem Meer, weißem Strand, Palmen und üppiger Vegetation von einem gewalttätigen und prügelnden Vater geprägt war. Das ist auch das Schicksal von Lala, der Protagonistin des Krimis „Wie die einarmige Schwester das Haus fegt“ von Cherie Jones.

Die titelgebende „einarmige Schwester“ stammt aus einer Angstgeschichte, die man dort Mädchen erzählt, damit sie gehorchen und brav daheim bleiben. In diesem Fall warnt die Großmutter die Protagonistin LaLa vor den Tunneln.

Auf Barbados gibt es alte Tunnelanlagen, gebaut und genutzt von Soldaten vor 150 bis 200 Jahren. In der Geschichte der Großmutter geht es um zwei Schwestern, denen verboten wird, diese Tunnel aufzusuchen. Eine aber ist erst recht neugierig, geht in den Tunnel und wird von einem Monster überfallen, das ihr einen Arm abreißt. Damit ist ihr eine triste Zukunft besiegelt, denn wie soll die einarmige Schwester das Haus fegen, fragt die Großmutter. Lala ist wenig beeindruckt.

Buchcover von Cherie Jones - "Wie die einarmige Schwester das Haus fegt"

Culturbooks

Cherie Jones: Wie die einarmige Schwester das Haus fegt. Roman. Aus dem Englischen von Karen Gerwig. Erschienen bei Culturbooks

Lala wächst nach dem Tod ihrer Mutter bei ihren Großeltern auf. Der Großvater ist gewalttätig und misshandelte schon Lalas Mutter. Lala selbst will auch so schnell wie möglich weg. Und so lebt sie schon sehr jung in einem kleinen, halbverfallenen Häuschen am Strand, gemeinsam mit Adan, einem Kleinkriminellen, der sie bald ebenfalls regelmäßig verprügelt und misshandelt. Ein Schema, das sich über Generationen zieht.

„Natürlich hatte sie ihn nicht verlassen. Welche Frau verlässt einen Mann für etwas, das sie wahrscheinlich auch von jedem anderen zu erleiden hätte?“

Auch sonst ist Lalas Umfeld nicht unbedingt von Glück verfolgt. Es wird gedealt, es gibt Prostitution – sowohl von Frauen als auch von Männern. Es wird betrogen und gelogen.

Gleich im ersten Kapitel erleidet Lala eine Frühgeburt und ihr Mann Adan bringt bei einem Raub jemanden um. Für den Mord gibt es eine Zeugin. Und diese kleine weiße Frau muss er umbringen, erklärt Adan.

Cherie Jones erzählt in ihrem Debütroman nicht nur eine Krimihandlung, sondern von Frauenschicksalen, in denen Gewalt dominiert. Vom Alltag weit weg vom Touristentraum. Das alles spielt hauptsächlich auf einem kleinen Strandabschnitt in dem fiktiven Küstenort Baxter Beach. Hier gibt es luxuriöse Villen neben baufälligen Strandhütten. Reich trifft auf arm, Sextouristinnen und -touristen auf Einheimische, die am liebsten genug Geld hätten, um das Leben im „Paradies“ hinter sich zu lassen.

„Tone wacht neben einem neuen Gesicht auf. Es ist eines dieser Gesichter, bei denen er am liebsten Jesus Christus, Maria und Josef schreien möchte. Keiner, der glaubt, dieses Geschäft sei einfach, dass Männer wie er faul seien, hat je einen Tag erlebt, an dem er neben so einem Gesicht aufwachen musste. (...) Er kennt diese Art Frau. Das Kokain ist so sehr Teil von ihr, dass sie schon ein bisschen von seinen übermenschlichen Kräften angenommen hat.“

All das baut Cherie Jones sehr geschickt und mosaikartig aus verschiedenen Perspektiven auf und lässt es in unterschiedlichen Zeiten spielen. Der Mord passiert 1984, es gibt etliche Rückblenden in die Siebziger jahre und bis ins Jahr 1948. Erzählt werden die Mosaiksteine von acht verschiedenen Protagonist*innen, hauptsächlich von Lala und von Mrs. Whalen, der Zeugin des Mordes, aber auch von einer Prostituierten oder einem Polizisten.

Cherie Jones verknüpft die Handlungsfäden gekonnt und es ist nicht weiter verwunderlich, dass „Wie die einarmige Schwester das Haus fegt“ mehrfach ausgezeichnet wurde, unter anderem mit dem Deutschen Krimipreis 2022 in der Kategorie International.

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