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„Missing“ ist ein Must-See für True Crime-Fans

Hobbydetektiv*innen aufgepasst: „Missing“ könnte die Blaupause zur Lösung des nächsten Kriminalfalls sein. Denn der Thriller setzt auf allgegenwärtige und alltägliche Technologien.

Von René Froschmayer

Träumt nicht insgeheim jede*r True Crime-Verehrer*in vom großen Clou? Wie die großen Vorbilder selbst einen Kriminalfall zu lösen, das wäre doch etwas. Natürlich macht es uns primär Spaß, die Protagonist*innen bei ihrer spurenlüftenden Arbeit zu begleiten. Die Befriedigung, bei der Lösung eines verzwickten Falls beteiligt zu sein, bleibt Fans des Genres in der Regel jedoch verwehrt.

Doch wieso eigentlich? Sind die Sitze der voyeuristischen True-Crime-Tribüne zu bequem, um sie zu verlassen? Oder ist es Selbstschutz vor all der Verzweiflung und dem Leid, die dem Publikum in der Rezipient*innenrolle weitestgehend erspart bleiben?

Mag beides zutreffen – an der verfügbaren technologischen Werkzeugkiste sollte es jedenfalls nicht hapern. Wie die Spurensuche vor Handy- und Laptopbildschirm aussehen könnte, zeigt der Desktop-Thriller „Missing“.

Kriminalarbeit á Gen Z

Der Titel ist Programm. Anders als es vielleicht das Filmposter versprechen mag, wird nicht klischeehaft die Teenagerin June (Storm Reid, u.a. bekannt aus „Euphoria“), sondern ihre Mutter und deren Lebensgefährte vermisst. Jegliche Spur der beiden verläuft im Sand der kolumbianischen Urlaubsdestination, die Justizarbeit gestaltet sich aufgrund der geographischen Distanz schwierig.

Als erfahrene True Crime-Aficionada lässt June nichts anbrennen, verlässt ihre adoleszente Komfortzone und wirft sich in die Detektivinnenarbeit. Was bis vor ein paar Jahren Fingerabdruckpulver, Pinselchen und Lupe waren, ist heute das geballte Potential des Internets. So googelt June Adressen, durchleuchtet Social Media-Profile und errät geschickt systematisch ein Passwort nach dem anderen. Vielleicht in Zukunft nicht immer dasselbe Kennwort verwenden – Stichwort: Datensicherheit. Wer mit dem Internet aufwächst ist in der online Spurensuche klar im Vorteil.

Durch die Webcam mitten ins Geschehen

Nach und nach kommen verwischte Spuren rund um das Verschwinden der beiden Erwachsenen zum Vorschein. Schnell rücken mehr Fragezeichen als Fragen in den Blickpunkt. Zentral: Wer sind unsere Familienmitglieder eigentlich wirklich – wer waren sie, als „wir Kinder“ noch nicht auf der Welt waren. Zur Spurensuche in Südamerika gesellt sich Schulter an Schulter die Nachforschung in der Vergangenheit hinzu.

Missing

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In alter, beliebter True Crime-Manier folgt jedem Twist und jeder Theorie eine nochmals intensivere und verstricktere Wendung. Wie es das Genre verlangt, begleiten wir June im rund 120-minütigen Spielfilm bei ihrer überaus erfolgreichen Onlinerecherche – und zwar ohne Spannungsdurchhänger. Wie bereits in den Social Media-Schockern „Unknown User“ und „Unfriend“ mag das vor allem an den Kameraperspektiven liegen. In „Missing“ verfolgen wir die Protagonistin hinter Webcams, mit der Handykamera oder der smarten Türklingel, wie aus dem Auge des turbulenten True Crime-Tornados rund um das Verschwinden der Mutter heraus. So fern, aber doch so nahe entrollt sich die Handlung vor unserem Auge, fast so, als ob wir in einem stummgeschalteten Videocall als Zeug*innen der verzweifelten Spurensuche beiwohnen.

„Missing“ ist die „geistige Fortsetzung“ von „Searching“ (2018), ebenfalls vom Regieduo Johnson & Merrick.

Authentizität schafft das „Missing“-Regieduo Nicholas D. Johnson und Will Merick durch die Umsetzung mit realen, digitalen Applikationen wie TikTok, Google Maps und Netflix. Das Werbeschaltungsbarometer ist hierbei permanent hoch – etappenweise wirkt „Missing“ dadurch wie der Versuch, möglichst viele Werbeparnter in einer möglichst kurzen Zeitspanne zu präsentieren.

Nichtsdestotrotz ist „Missing“ ein fesselnder Mysteryfilm, der uns zumindest eine Rüge für unseren bisherigen Umgang mit persönlichen Daten erteilt. Ein Must-see für True Crime-Fanatiker*innen!

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