Nina Chuba ist kein One-Hit-Wonder
Wäre alles wie geplant verlaufen, würde sie heute in Berlin an der Uni sitzen und Regie studieren, erzählt Nina Chuba mit breitem Grinsen im Gesicht während ihrem Interview-Besuch im FM4-Studio.
Dass die für ihren Hit „Wildberry Lillet“ mehrfach mit Platin-Platten ausgezeichnete Künstlerin stattdessen von Interviewtermin zu Interviewtermin reist, um ihr Debütalbum „Glas“ zu promoten, ist der Tatsache geschuldet, dass sie die Aufnahmeprüfung damals nicht geschafft hat. Eine rückblickend glückliche Schicksalsfügung für die ehemalige Kinderschauspielerin (bekannt aus der TV-Serie "Pfefferkörner) aus Norddeutschland, die sich dadurch mehr auf ihre Musikkarriere konzentrieren konnte.
Nach anfänglich noch in englischer Sprache aufgenommenen Songs, die für eine Zeit stehen, in der sie auf der Suche nach ihrer eigenen Soundidentität war, hat sich der Schritt hin zu Songs mit deutschsprachigen Texten als absolut richtige Entscheidung herausgestellt. Unterstützt von einem kleinen Team aus talentierten Produzenten & Songwritern (unter anderem Wanja Bierbaum alias Hardy X aus Österreich), hat Nina Chuba mittlerweile die geheime Rezeptur für breitenwirksam erfolgreiche Songs entschlüsselt und ihren eigenen Sound gefunden.

David Daub
Das Erfolgsrezept für ihren Sound-Cocktail
Gefragt nach Künstler*innen, die sie als Fan geprägt haben, fallen Namen wie Rosalía (vor allem deren ältere Alben), Trettmann & Kitschkrieg, Doja Cat, Peter Fox oder Billie Eilish. Ebenso Marteria, der sie bei seiner letzten Tour als Support-Act mitgenommen hat. Und auch Trettmann dürfte ein Fan von Nina sein, immerhin hat er sie für eine Kollabo auf seinem im März 2023 erscheinenden neuen Album eingeladen.
Alle genannten Inspirationsquellen haben soundästhetisch eindeutig Spuren auf dem Debütalbum „Glas“ hinterlassen. Da sind Bläsersätze über treibenden Riddims zu hören, wie man sie aus alten Seeed-Zeiten kennt (zb. „Mangos mit Chili“). Moderne Afrobeats- und Reggaeton-Vibes („Solo“, „Tracksuit Velours“), eingängige Balladen („Glas“) oder der Reggae-Song „Ich will heut nicht mehr gehen“, aufgenommen mit der deutschen Indie-Pop-Band Provinz, die neben MAJAN und Chapo102 die einzigen Gäste auf dem Album sind.
Musikalische Vielseitigkeit und Experimentierfreudigkeit, gepaart mit Authentizität und Texten, die Nina Chubas Lebensphase der letzten Jahre einfangen, sind ihr Erfolgsrezept. Neben lebensbejahenden, uplifting Songs zum Feiern ist da auch Platz für intime und nachdenkliche Momente, die die düstere Seite von Nina Chuba zeigen.
Mehr als 40 Songs wurden im Vorfeld aufgenommen, weniger als die Hälfte davon haben es letztendlich aufs Album geschafft. Sei mussten einen harten Selektionsprozess überstehen. Manche Tracks waren rückblickend einfach nicht stark genug oder „zu generisch“ wie sie im Interview erzählt.
Ob alleine am Klavier zuhause oder in einem Ping-Pong aus Ideen gemeinsam mit ihrem Team in einem gemieteten Haus im Ausland: Nina Chubas Lieder entstehen auf sehr unterschiedliche Weise. Sich dabei mit den richtigen Menschen zu umgeben und auf das eigene Bauchgefühl zu hören ist eine ihrer großen Stärken.
Do’s & Dont’s als TikTok-Star
Dass Nina Chuba keine Scheu vor Kameras hat, ist in Zeiten von Social Media ein großer Vorteil. Völlig unverkrampft hat sie einen humorvollen Weg gefunden, Apps wie TikTok für sich und ihre Kunst äußerst erfolgreich zu nutzen. Regelmäßig generiert sie Millionen von Views mit witzigen Ideen und Videos aus ihrem Alltag oder „Behind-The-Scene“-Momenten. Das erfolgt fast immer spontan und ohne große Strategie, wie sie verrät. Auch Social Media-Pausen zwischendurch seien wichtig.
Gefragt nach Erfahrungswerten, was man auf TikTok auf keinen Fall machen soll, gibt sie den Tipp, bei Videos nicht nur an den Zweck der Promotion und Werbung für ein Produkt zu denken. Je persönlicher und unverkrampfter die Ansprache, desto besser. Seine Persönlichkeit auf humorvolle oder spannende Art zu zeigen und Menschen ein Gefühl dafür zu geben, wer man wirklich ist, sei die wesentlich erfolgreichere Methode, um ein großes Publikum zu erreichen.
Gut geerdet ins neue Jahr

David Daub
In den vergangenen 6 Monaten hat Nina Chuba irgendwann gemerkt, dass alles gefühlt an ihr vorbeizieht und sie gewisse Momente gar nicht richtig genießen konnte. Termine, Verpflichtungen, Deadlines, Druck, Erwartungshaltungen, Aufmerksamkeit... wenn der Erfolgsmotor der Popindustrie mal ins Laufen kommt, kann man sich in dieser „Bubble“ als Künstler*in schnell verlieren. Umso wichtiger ist es laut Nina, sich regelmäßig vor Augen zu führen, dass alles (und man selbst) nicht so wichtig ist.
Dankbar für die Erfahrung des großen Hits „Wildberry Lillet“ würde sie sich natürlich über weitere Hits in dieser Größenordnung freuen. Das muss aber gar nicht sein. Sie ist schon zufrieden, wenn sie mit ihrer Kunst ihre Miete zahlen und vor Menschen live spielen kann.
Wenn das irgendwann nicht mehr klappen sollte, würde sie sich als Songwriterin beschäftigen oder doch noch einen Versuch hinter der Kamera als Regisseurin wagen. Gefragt nach ihrem persönlichen Lieblingssong des Debütalbums „Glas“, verrät sie abschließend, dass das „Alles Gleich“ - einer der ältesten Songs und gleichzeitig der letzte Song auf der Platte - ist.
Publiziert am 24.02.2023