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Mega-Konzerte werden immer teurer: Wie lange machen wir das noch mit?

Ob Bruce Springsteen, Beyoncé oder Taylor Swift: Die Shows großer Acts werden immer teurer. Das haben wir Dynamic-Pricing-Praktiken zu verdanken, die den Live-Sektor immer mehr zum freien Markt machen. Wie lange machen wir das noch mit?

Eine Kolumne von Verena Bogner

In ihrem Banger „Break My Soul“ legte Beyoncé uns allen ans Herz, unsere Jobs hinzuschmeißen, während Harry Styles in „Music for a Sushi Restaurant“ die Textzeile „I don’t want you to go broke“ in unser Ohr säuselt. Fans der beiden Mega-Stars dürften diese Lyrics einen müden Lacher kosten. Denn es ist nämlich so, wie „The Atlantic“ kürzlich titelte: Beyoncé-Tickets sind das neue Statussymbol. Dasselbe gilt für Tickets zu Shows von Superstar-Kolleg*innen wie eben Harry Styles, Taylor Swift oder Coldplay.

Verena Bogner ist freie Journalistin und Autorin und schreibt gerade an ihrem ersten Buch. Sie liebt Mainstream-Popkultur und findet, es gibt keine Guilty Pleasures.

Konzert-Tickets zu großen Shows werden immer teurer – in den USA noch extremer als hierzulande. Als ich 2022 die Stadion-Tour von Lady Gaga in Stockholm besuchte, erzählte ein US-amerikanisches Pärchen, das ebenfalls extra für das Konzert angereist war, dass es für den Preis, den ein Ticket für eines der US-Dates kosten würde, einen gesamten Stockholm-Trip zu zweit bezahlen konnte. Am Secondary Market gingen die Tickets für gute 5000 Dollar über die Ladentheke, während ein Golden-Circle-Ticket in Stockholm umgerechnet zirka 140 Euro kostete. Auf TikTok machen Fans von Superstars wie Beyoncé oder auch Blink-182 ihrem Ärger und Frust regelmäßig Luft: Schon vor dem Vorverkaufsstart zu Queen Beys heiß ersehnter Renaissance-Tour schmissen viele die Nerven weg und scherzten darüber, dass sie für Beyoncé wohl oder übel einen Kredit aufnehmen oder ihr Erstgeborenes verkaufen müssten.

Ein Grund, warum Ticketpreise so durch die Decke gehen, ist etwas, das sich Dynamic Pricing nennt. Ganz einfach erklärt: Je mehr Fans auf ein Konzert wollen, desto höher die Preise. Die unsichtbare Hand des Marktes regelt hier also in Form eines Algorithmus – ungefähr so, wie wenn du zu Silvester kurz vor Mitternacht die Uber-Preise checkst.

Wand mit vergrößerten Konzerttickets, davor eine Frau

Unsplash/Dylan Mullins

Aber wem können wir die Schuld für diese Entwicklungen geben? Einerseits sind es die Stars und ihre Teams, die mitbestimmen, zu welchen Preisen ihre Tickets verkauft werden sollen – und ob Praktiken wie Dynamic Pricing zum Einsatz kommen sollen. Bruce Springsteen wurde kürzlich scharf dafür kritisiert und erklärte, dass er doch nur das mache, was alle tun, und es besser sei, das Geld lande bei den Artists als am Schwarzmarkt.

Produzent Jack Antonoff, der mit Künstler*innen wie Taylor Swift und The 1975 zusammengearbeitet hat, gibt der Musikindustrie und großen Monopolisten die Schuld. Bei den Grammys im Februar sagte er: „Wenn ich online gehe und ein verdammtes Auto kaufen und zu meinem Haus geliefert bekommen kann, warum kann ich kein Ticket zu dem Preis kaufen, zu dem es der Artist verkaufen will?“ Man solle nicht alles auf die Künstler*innen schieben, sondern stattdessen den Blick auf Mega-Promoter wie Ticketmaster lenken.

In einem Interview sprach auch 1975-Frontmann Matty Healy über die steigenden Ticketpreise. Ihm und seinen Bandkollegen sei es wichtig, dass die Tickets zu ihren Shows leistbar bleiben würden – mehr als 40 oder 50 Pfund wollen sie dafür nicht nehmen. Schließlich sei der Sinn der Sache nicht, ausschließlich für Rich Kids zu performen. Er wünsche sich beinahe ritterlich, dass die Besucher*innen ihrer Konzerte inspiriert würden, selbst Musik zu machen und eine Band zu gründen.

@mattyandthematties ♬ original sound - Jen

Offiziell geht es bei Dynamic Pricing darum, den Sekundärmarkt und damit einhergehende Wucherpreise einzuschränken, sodass sich keine Dritten an überteuert weiterverkauften Tickets bereichern können. Der Haken ist jedoch, dass hier mit etwas Hochemotionalem gehandelt wird, nämlich mit Konzert-Erlebnissen. Dadurch wird diese kulturelle Experience immer schwerer zugänglich, immer exklusiver. Und so werden die, die denken, sie würden sich durch diese neuen Strategien gegen Abzocker*innen stark machen, zu den wahren Bösewicht*innen.

Klar, so funktioniert ein Leben im knallharten Kapitalismus eben. Und solange wir mitmachen, gibt es für Superstars und Promoter*innen wenig Grund, ihre Strategien zu überdenken. Wer will sich schon ein Stadionkonzert von Beyoncé entgehen lassen? Eben. Dennoch können wir letzten Endes nur darauf hoffen, dass in Sachen Dynamic Pricing ein Plateau erreicht werden wird. Das legt zumindest eine britische Umfrage nahe: 71 Prozent der Befragten sind gegen Dynamic Pricing, 51 Prozent gaben an, wegen gestiegener Ticketpreise in den letzten fünf Jahren auf mindestens einen Konzertbesuch verzichtet zu haben.

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