Tricky Women haben’s drauf
Von Maria Motter
Es geht ganz schön rund in „My Love Affair with Marriage“. Da mutiert ein Mädchen immer wieder zu einer kratzenden Katze und Schweineengel singen, die Geschichte switcht zwischen Handlung und Gedankenwelt der Hauptfigur Zelma. Signe Baumanes Animationsfilm „My Love Affair with Marriage“ ist am Festival „Tricky Women/Tricky Realities“ in Wien zu sehen. Und zwar exklusiv im Kino, wo die Regisseurin Signe Baumane auch zu Gast sein wird.
Das Tricky Women/Tricky Realities findet von 8. bis 12. März im Kino und online statt. Für alle, die von zuhause aus dabei sein willen, steht die Streamingplattform des Festivals bereit. Wie vor Ort im Kino gibt es Tickets für Einzelfilme als auch den Festivalpass.
Im Kino bei „My Love Affair with Marriage“ ist das Voice-Over ein eigener Biologieunterricht, der Vorgänge im menschlichen Körper erklärt. Und Signe Baumane hat eigene Musicalsongs in ihrem Animationsfilm. Mit dem Mädchen Zelma startet das Publikum durch und in alltägliche Abenteuer, die in der Sowjetunion spielen und in denen die gesellschaftlich normierte Erwartungshaltung an Frauen von Kindesbeinen an und eigenes Erleben so richtig aufeinanderprallen. Die gebürtige Litauerin Signe Baumane kombiniert ihren künstlerischen Einfallsreichtum mit ihrem Esprit, der selbst ernsten Themen und düsteren Momenten mit Ironie begegnet.

Signe Baumane
Signe Baumane kommt mit „My Love Affair with Marriage“ nach Wien.
Tricky women, tricky realities
Das Tricky Women/Tricky Realities Festival zeigt neue internationale Animationsfilme von Frauen und genderqueeren Künstler*innen. Wunderschön vielfältig sind bereits die acht Kurzfilme der Eröffnung im Gartenbaukino am 8. März. Und gefeiert wird bei der Eröffnungsparty mit FM4s Dalia Ahmed als DJ.
Nebenbei: Für den internationalen Frauentag haben die Vereinten Nationen diesmal das Motto „DigitALL: Innovation and technology for gender equality“ ausgeben, und das Tricky Women ist dafür seit Jahren eine Anlaufstelle. Filmschaffende kommen zusammen und sie geben ihr Wissen auch weiter. Akile Nazlı Kaya and Tomáš Doruška aus Prag geben den zweitägigen Workshop „In the Realm of Animated Documentary“.
Special zu Lateinamerika
Staatliche Repression und Gewalt gegen Frauen, aber vor allem auch der Widerstand dagegen ist in einem der Filmprogramme des Specials zu Lateinamerika zentral. „Of Family and Monsters“ heißt das zweite Filmprogramm. „Animationen erlauben es uns, ganz eigene Welten zu erschaffen, die einer komplett anderen Logik folgen können und uns so die Augen öffnen für tatsächliches Geschehen, das man sonst leicht übersehen könnte“, sagen die Kuratorinnen Emilce Avalos und Cecilia Traslaviña.

Gloria Carrion
Gloria Carrions Kurzdoku „Leaves of K“ ist von einem anonymen Kollektiv editiert und basiert auf Zeitzeugenberichten über das Leben in Nicaragua unter Präsident Daniel Ortega, der vom linken Revolutionär zum Herrscher wurde, gegen Kritiker und die Opposition brutal vorgeht und Proteste gegen seine Regierung niederschlagen ließ.
Schweizer Filmwelten aus 50 Jahren
Einen fantastischen Einstieg in Schweizer Animationsfilmwelten und sogleich auch Überblick über Schweizer Werke aus den letzten 50 Jahren bietet der diesjährige Länderschwerpunkt. Die Produzentin und Kuratorin Saskia von Virág hat drei Filmprogramme zusammengestellt. Neben Glasmalerei, Stop-Motion und Cutout-Animationen kamen Negativfotografie und auch Rotoskopie für die Arbeiten zum Einsatz.
Vier Wettbewerbspakete Kurzfilm
Tricky Women, 8. bis 12. März 2023, Wien und online via Festivalplattform. Festivalkino ist das Metro Kinokulturhaus, die Eröffnung ist im Gartenbaukino.
Die Kurzfilme im internationalen Wettbewerb sind praktisch in vier Vorführungsblöcken kuratiert. „Competition 1“ führt an vertraute Orte, inklusive eines romantischen Aufenthalts im „Hotel Kalura“.

Sophie Koko Gate
Sophie Koko Gates „Hotel Kalura“
„Competition 2“ ist alles in Veränderung und das Publikum begegnet etwa „Un petit homme/A tiny man“, der seiner Frau heimlich ein Abnehmmittel untermischen will, aber der wohl nicht mit einem Twist der Geschichte gerechnet hat. Und da taucht auch der 2022 oscarnominierte “The Flying Sailor” auf, der eine Nahtoderfahrung macht. Zur Einstimmung auf das Tricky Women könnte man sich „The Flying Sailor“ gleich ansehen.
„Competition 3“ widmet sich Experimenten und auch realem Horror, so erzählt „98kg“ von der Gewalt eines Ehemanns und dem Teufelskreis einer Beziehung. „Competition 4“ zeigt kapitalistische Auswüchse. In „Money and Happiness“ können sich drei Hamster in einer aus Plastilin geschaffenen Welt nicht mehr daran erinnern, einen Arbeitsvertrag unterschrieben zu haben. Im Wettbewerb des Tricky Women geht es um schöne Preise. Die „Goldene Filmrolle der Maria Lassnig“ von der Maria Lassnig Stiftung ist mit 10.000 Euro dotiert.
Publiziert am 05.03.2023