FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

"Das Tier im Dschungel": Tom Mercier und Anais-Demoustier Elsa-Okazaki fläzen auf einem Polstermöbel.

Elsa Okazaki

Vorschau auf die Diagonale: Vom „Tier im Dschungel“ zu „★“

Frühling ist, wenn die Diagonale in Graz leuchtet: Von 21. bis 26. März laufen 115 Filme am Festival des österreichischen Films. Eine Vorschau auf „Das Tier im Dschungel“, auf einen Herzenswunsch in Flossenform und Miethaie, auf Finale in der Mehrzahl und garantiert ein Happy-End.

Von Maria Motter

Wenn die Oscars am Sonntag verliehen werden, ist die großartige Monika Willi im Dolby Theater in Los Angeles im Team von Todd Fields „Tár“ und sie ist die einzige Kandidatin neben männlichen Kollegen für den Oscar für den besten Schnitt. Ein Blick auf ihre bisherige Werkliste macht klar, wieviele Filme man schon gesehen hat, in denen Monika Willi den Takt angegeben hat.

Auf der Diagonale von 21. bis 26. März in Graz laufen gleich vier Filme mit ihrer Beteiligung: Ulrich Seidls „Sparta“ und „Rimini“ werden erstmals als „Böse Spiele“ hintereinander in Österreich gezeigt. Ein Ausflug nach Nordkorea ist Brigitte Weichs Doku „… ned, tassot, yossot“ über vier Frauen, die als Profifußballerinnen für ihr Land gegen die USA antraten und jetzt von ihrer Gegenwart erzählen. „Frankreich, wir kommen!“ von Michael Glawogger ist Teil des historischen Specials unter dem Schlagwort „Finale“, und die Diagonale zeigt wieder „Richtung Zukunft durch die Nacht“ von Jörg Kalt aus dem Jahr 2002. Es ist einer der wortwörtlich verrücktesten Liebesfilme aus Österreich: Die Geschichte läuft rückwärts, das wird aber nur dem jungen Simon Schwarz in seiner Rolle klar. Mit dabei sind Kathrin Resetarits, Nicholas Ofczarek, Georg Friedrich und Margarethe Tiesel. Die Diagonale würdigt Margarethe Tiesel mit dem Großen Diagonale-Schauspielpreis 2023.

Kathrin Resetarits mit Carnevals-Augenmaske in "Richtung Zukunft durch die Nacht".

Sixpackfilm

“Richtung Zukunft durch die Nacht“

„Das Tier im Dschungel“ zur Eröffnung

Ein herrliches Double Feature wird die Eröffnung der Diagonale: „Das Tier im Dschungel“ von Patric Chiha und der siebenminütige Analogfilm „NYC RGB“ von Viktoria Schmid feiern Premiere in Österreich. Und beide Filme kommen mit dem Vermerk „Ode“ nach Graz - ans Kino vor allem.

Anaïs Demoustier und Tom Mercier spielen im ursprünglichen Sinne des Wortes romantisch mit Abgründen in „Das Tier im Dschungel“. Der Film basiert auf einer Novelle des amerikanisch-britischen Autors Henry James um Liebe oder was dafür gehalten wird, Verlorenheit und Zufall.

Eine der ersten Filme mit Anaïs Demoustier war Hanekes „Wolfszeit“ - geschnitten von Monika Willi. Jetzt ist die französische Schauspielerin Anaïs Demoustier mit Stirnfranzen und stets offenem Haar in „Das Tier im Dschungel“ May: Sie ist der sonnige Mai in Person. Seit einem Sommerfest auf einem Sportplatz am Land in den Anblick eines Burschen verliebt, der damals nur auf der Tribüne gesessen hatte und nicht tanzte. Zehn Jahre später sieht sie ihn zufällig in einem Club in Paris wieder.

Er ist ein John und er hat kein Geld für die Toilette. Sie versucht, ihm sanft ein Geldstück zuzustecken. Der junge Mann ist seit der Kindheit überzeugt, zu etwas Außergewöhnlichem berufen zu sein. Für May interessiert er sich erst, als sie liebevoll umarmt von ihrem Freund Geburtstag feiert. Am Tag einer Mondfinsternis zieht er sie fort von ihren Freunden. In wunderbares Licht getaucht, spielt sich diese fatale Bekanntschaft über weite Strecken in einem Club ab. Allein an Mays Kleidern zeichnet sich die Entwicklung der Geschichte ab. Der Soundtrack öffnet in „Das Tier im Dschungel“ alle Türen und kommt kommt vom Wiener Dino Spiluttini. Welch bereichernde Wahl eines Eröffnungsfilms. Wir dürfen uns sehr darauf freuen.

Schön geschminkte und gekleidete Tanzende im Film "Das Tier im Dschungel".

Aurora Films

„Das Tier im Dschungel“ eröffnet die Diagonale 2023.

Spielfilm-Premieren: Monoschwimmerin und Mieter

Durchsetzungsvermögen und eine Schwimmflosse sind gefragt in Franziska Pflaums Langspielfilmdebüt „Mermaids don’t cry“ mit Stefanie Reinsperger und Julia Franz Richter. Eine Supermarktkassierin will sich ihren Herzenswunsch, eine maßgeschneiderte Meerjungfrauenflosse Kostenpunkt 2.458 Euro, erfüllen. Doch eine Freundin halst ihr die Kinder auf und ihr Freund will ihre Wohnung auch nicht mehr verlassen, weil er selbst keine mehr hat.

Als „Wohnungsmarktkrimi“ und „Mietrechtsmusical“ mit Marlene Hauser und Margarethe Tiesel wird Sebastian Brauneis‘ neuer Spielfilm „Die Vermieterin“ angekündigt von der Diagonale.

Anna Suk hat die Hauptrolle im Coming-of-Age-Film „Wer wir einmal sein wollten“ von Özgür Anil: Da steht plötzlich ein Bruder mit einem blauen Auge und in der Bedrouille vor der Wohnungstür einer jungen Frau, die viel für ihre Unabhängigkeit getan hat. Uraufgeführt wird auch der psychologische Horror „Heimsuchung“ von Achmed Abdel-Salam.

Stefanie Reinsperger hält seine Meerjungfrauenschwimmflosse und freut sich. Szene aus "Mermaids don't cry".

Prismafilm

Das Glück ist eine Monoschwimmflosse: Stefanie Reinsperger in „Mermaids don’t cry“

Dokus im Wettbewerb

FM4 präsentiert „Vienna Calling“ von Philipp Jedicke: 25.3., 21.00 Uhr, KIZ Royal (Premiere), 26.3., 19.30 Uhr, Annenhof Kino

Wanda, EsRaP, Voodoo Jürgens und der Nino aus Wien, auch Stefanie Sargnagel und Kerosin95 sind Teil von „Vienna Calling“, der Musikdoku des deutschen Regisseurs Philipp Jedicke. Das „Schmauswaberl“ kommt damit auf die große Leinwand, es ist ein „Tschocherl“ in Wien. "Hier wird der große Rock’n’Roll-Schwindel auch betrieben. Das Wesen der Popkultur kommt mit dem Kino zusammen: „Behauptung ist alles“, teasert Sebastian Höglinger, einer der beiden Intendanten der Diagonale. Im „Club Diagonale“ im P.P.C. findet die Premierenparty statt.

Katharina Mückstein fragt, was der Feminismus in den nächsten hundert Jahren erreichen wird und wie wahre Gleichstellung ausschauen könnte: Die Kinodoku „Feminism WTF“ hat Österreich-Premiere. Am Diagonale-Samstag wird zudem öffentlich debattiert, wie in der Filmbranche zukünftig miteinander gearbeitet werden will.

Ein Dokuthriller ist „Zoo Lock Down“ laut den Diagonale-Intendanten Sebastian Höglinger und Peter Schernhuber. Regisseur Andreas Horvath hat die Tiere im Zoo Salzburg Hellbrunn beobachtet, als sonst keine Besucher*innen kamen: im Frühjahr 2020. Beim Sounddesign hat sich der Fotograf und Filmemacher an Science-Fiction-Filmen orientiert und großes Drama gibt es sogar bei den Heuschrecken. Weltpremiere war beim Karlovy Vary Festival.

„De Facto“ ist der schwerste Film dieser Diagonale. Selma Doborac konfrontiert das Publikum 130 Minuten hindurch mit extremer Gewalt, Staatsterror und Kriegsverbrechen, indem sie die Schauspieler Christoph Bach und Cornelius Obonya Text sprechen lässt: Es sind Auszüge aus Gerichtsurteilen, Berichten von Tätern als auch Zeugen und von Whistleblowern, zudem Passagen aus philosophischen Texten. Da kommen detaillierte Aussagen über Vergewaltigungen und Ermordungen von Kindern zur Sprache. „De Facto“ ist auf der Berlinale mit dem Calgari-Preis ausgezeichnet worden.

Kurzfilmparadies Diagonale

115 Filme sind im Programm des Festivals. Zu den großen Highlights der Diagonale zählen die Programmblöcke mit den Kurzfilmen, unterteilt in Spielfilm und Dokumentation sowie innovativem Kino.

„Die heurige Diagonale wird ein widersprüchlicher Ort sein, an dem es auch darum geht, vor und hinter die Kamera zu blicken, Gesellschaft zu denken und zu schauen, wie Gesellschaft verhandelt wird“, sagt Peter Schernhuber, der seit 2016 mit Sebastian Höglinger die Diagonale leitet. Diese Diagonale wird die letzte ihrer Intendanz. „So widersprüchlich vielleicht wie die Zusammenkunft einer chinesischen Winkekatze und Marge Simpson - auf dem Festivalplakat der Sektion Innovatives Kino.“ Das Filmstill stammt aus Sasha Pirkers „gewesen sein wird“, einem Porträt des Wiener Künstlers und Architekten Heinz Frank (1939-2020).

Kurdwin Ayubs VR-Film "Wunderland" läuft während der Diagonale 2023 im Foyer des Annenhof Kinos in Graz.

Alessio Maximilian Schroder

VR-Brille auf und ab ins „Wunderland“: eine Installation von Kurdwin Ayub im Foyer des Annenhof Kinos in Graz.

Notiert sei noch der Cinema Next Breakfast Club (24.3., 11 Uhr) und die Kurzfilmwanderung des Street Cinema Graz (25.3., 19.30 Uhr). Mit dem Schubertkino, dem KIZ RoyalKino – das dieses Jahr 50-jähriges Bestehen feiert –, dem Rechbauer- und dem Annenhofkino sind wieder alle traditionalen Spielstätten für die Diagonale bereit. VR-Brille und Kopfhörer auf und ab in Kurdwin Ayubs neuen Film „Wunderland“, der in einer Installation im Foyer des Annenhofs zu sehen sein wird. Und in der Nacht vom Diagonalesamstag auf den -sonntag leuchten wieder Sterne der Filmgeschichte in Johann Lurfs „★“.

mehr Film:

Aktuell: