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Wo Long - Fallen Dynasty

Team Ninja

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Zu scharf für die meisten

Das Actionrollenspiel „Wo Long - Fallen Dynasty“ ist ein opulentes China-Souls-like ohne Rücksicht auf den Massengeschmack. Eh okay, wenn man’s aushält.

Von Rainer Sigl

Stell dir vor, du gehst in ein Chinarestaurant, das vollgestopft ist mit chinesischen Drachen, dicken Buddhastatuen und sonstigem Asia-Kitsch. Die Speisekarte ist riesengroß und du bestellst dir das Menü. Als die Vorspeise kommt, kannst du sie kaum essen, weil sie so verdammt scharf ist. Dein Mund schmerzt schon beim ersten Bissen und du weißt: Das wird hart.

Ungefähr genauso ist es, „Wo Long - Fallen Dynasty“ zu spielen. Schon nach den ersten paar Minuten im chinesisch inspirierten Actionrollenspiel wischt der Oberboss am Ende des Prologs wieder und wieder den Boden mit mir auf, und das ist nur ein Vorgeschmack auf das, was noch kommt. So ist wenigstens schnell eines klar: Auf Normalogeschmack wird da keine Rücksicht genommen - das hier ist nur für die ganz Harten.

Hart aus Tradition

Aber klar: „Wo Long - Fallen Dynasty“ ist ein Souls-like, also eines der Spiele im Gefolge von „Dark Souls“, und an denen scheiden sich seit jeher die Geister. Im Gegensatz zum direkten Vorgänger des Studios, dem japanisch inspirierten „Nioh 2“, wurde ironischerweise diesmal der Schwierigkeitsgrad eigentlich sogar zurückgefahren; weil sich „Wo Long“ allerdings dramatisch schlecht erklärt und vor allem in der Eingangsphase des Spiels kaum Hilfestellungen anbietet, ist die Frusthürde vor allem zu Beginn des China-Abenteuers subjektiv höher ausgefallen, wie zahllose Online-Hilferufe verzweifelter SpielerInnen belegen.

„Wo Long - Fallen Dynasty“, entwickelt von Team Ninja und im Vertrieb von KOEI Tecmo, ist für Windows, PS4/5 und Xbox erschienen.

„Wo Long“ ist nach Überwindung dieser Hürde tatsächlich nicht im klassischen Sinn „schwieriger“ als seine Genrekollegen und setzt, wie „Sekiro“, auf sekundengenaue Konter. Nicht nur in Sachen Schwierigkeitsgrad braucht man hier starke Nerven und Geduld, denn „Wo Long“ ist deutlich überladener als die Konkurrenz: Es gibt einen unnötig verwirrenden Wust an kleinen und kleinsten Spielmechaniken und eine überwältigende Flut von Gegenständen, durch die man sich wühlen muss - eine Mischung, die Neulinge abschreckt.

Wo Long - Fallen Dynasty

Team Ninju

Nur für Stammgäste

Eigentlich schade, dass sich Team Ninja ausschließlich auf seine kleine, treue Hardcore-Zielgruppe konzentriert und so gar keine Anstalten macht, sein Spiel auch nur ein bisschen mehrheitstauglicher zu machen. Das chinesische Setting zwischen Mythologie und Geschichte wäre originell, wenn auch ein bisschen kitschig. Die Story hingegen bleibt belanglos und die Figuren sind flach. Zentral ist das fein ausbalancierte, aber eben erbarmungslose Kampfsystem, an dem eher nur Abgebrühte Freude haben werden.

Wer trotz der ärgerlich missglückten Einführung die Feinheiten des Kampfes in „Wo Long - Fallen Dynasty“ und damit verbunden seine Härte meistert, entdeckt ein großteils gelungenes, vielleicht ein wenig eintöniges Actionspiel. Sein Reiz liegt, wie im Genre üblich, im aufregenden Adrenalinrausch, seine Härte zu ertragen und letztlich sich selbst zu bezwingen. Ein exquisiter Genuss, ungefähr so, wie die schärfste Chilisauce nicht nur auszuhalten, sondern ihren Geschmack wirklich zu genießen.

Wer auf den Leidensweg bis zu dieser Kennerschaft keine Lust hat, braucht dieses Chinarestaurant nicht zu besuchen: Etwas anderes gibt die Küche nicht her. Hier ist alles höllisch scharf.

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