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Finale mit Trettmann & Kitschkrieg

Trettmann & Kitschkrieg haben mit „Insomnia“ ihr drittes und gleichzeitig letztes gemeinsames Album veröffentlicht. Inhaltlich geprägt von einer persönlichen Krise Trettmanns und mit jeder Menge Gästen wie Herbert Grönemeyer, Bilderbuch, Nina Chuba uvm.

Von Alex „DJ Phekt“ Hertel

Schlaflose Nächte, das Leben auf den Kopf gestellt, eine kreative Blockade. Trettmann hat turbulente Jahre hinter sich. Nach 20 Jahren ist während der Pandemie die Langzeitbeziehung mit der Mutter seiner kleinen Tochter in die Brüche gegangen. Das ernüchternde Resultat nach einer unheimlichen Erfolgswelle, auf der er an der Seite von Kitschkrieg seit 2017 gesurft ist.

Damals ist mit „DIY“ jenes heute als „Deutsch-Rap-Klassiker“ bezeichnete Album erschienen, das den zweiten Frühling von Trettmann als Künstler eingeläutet hat. Beziehungsweise den ersten richtigen Sommer. Denn mit Mitte 40 wurde der ehemals als Reggae-Artist durch die Lande ziehende Trettmann an der Seite von Kitschkrieg zum gefeierten Star, der uns zeitlose Songs wie „Grauer Beton“ oder „Billie Holiday“ geschenkt hat. Gleich nach der Tour zum zweiten Album hat die Pandemie Anfang 2020 alles auf den Kopf gestellt und gezwungenermaßen den „Pauseknopf“ gedrückt. Von 100 auf 0.

Das Ende ist der Anfang

Trettmann dreht mit uns auf „Insomnia“ als Hörer*innen eine Runde. Der melancholische erste Song „6 Nullen“, in dem er ausführlich über seinen persönlichen Tiefpunkt erzählt, beginnt mit einem Loop, der uns am Ende des Albums noch einmal begegnet. Das Ende ist der Anfang. Und der führt wieder zum Ende.

„Ich weiß nicht, ob wir Menschen wirklich dazu fähig sind, aus Fehlern zu lernen. Das ist immer leicht gesagt. Man kann und sollte an sich arbeiten. Aber das Leben spielt sich - soweit ich es jetzt erahnen kann - immer in diesen Zyklen ab, wo man wieder von vorne beginnt.“ (Trettmann im FM4-Tribe Vibes-Interview, 03/23)

Im Interview erzählt Trettmann auch, dass er eine Zeit lang wie gelähmt war und keine guten Songs schreiben konnte. Er ist viel gereist in den letzten Jahren. Das sei mitunter die beste Bildung die man bekommen kann, wie er sagt. Als Flucht vor den eigenen Problemen allerdings völlig ungeeignet. Sobald man wieder zuhause ist, muss man genau da weitermachen, wovor man geflüchtet ist.

In etwas mehr als 30 Minuten vertont „Insomnia“ den Prozess des Sich-wieder-Aufraffens. Herzschmerz, Trauer und Enttäuschung prägen den ersten Teil der Platte. Ab der Mitte wird es dann „uplifting“ und tanzbarer. Kitschkrieg haben dem sympathischen Sänger mit dem Blues in der Stimme wieder Tracks maßgeschneidert, die sich im Spannungsfeld zwischen moderner Rap-Musik, zeitgenössischem R&B, Dancehall, Amapiano und Berliner Club-Sounds abspielen. Beim Track „Tauchen“ (featuring Nina Chuba) haben Modeselektor im Studio mitgeschraubt.

Bilderbuch, Herbert Grönemeyer, Henning May

Für die meisten Features auf dem Album sind Kitschkrieg verantwortlich. Der Song mit Bilderbuch basiert auf einem Loop, der im Rahmen einer gemeinsamen Session im Studio entstanden ist. Auf die Stimme von Maurice Ernst wartet man allerdings vergeblich. Es handelt sich um eine rein musikalische Kollaboration.

Henning May von AnnenMayKantereit singt den Refrain beim Song „Kalte Welt“. Paula Hartmann ist ebenfalls zu hören („Gekreuzte Finger“), sowie Lena („Timeline“) und Levin Liam („Für dich da“).

Herbert Grönemeyer begleitet Trettmann seit den 80er Jahren. Für ihn ist er einer der größten Popstars aus Deutschland, dessen unprätentiöse, ehrliche Texte er schon immer sehr geschätzt hat.

„Weiß immer noch was ein Brot kostet... aber nicht was die Uhr von Bonez kostet"
(Trettmann in "Stefan Richter“)

Als in der DDR sozialisierter Mensch hat Trettmann nicht viel übrig für Materialismus und Statussymbole. Geld korrumpiert und zieht Menschen an, die einen nur deswegen mögen. Eine Tatsache, über die er viel nachgedacht hat. Gleichzeitig macht es das Leben viel einfacher und ermöglicht es, Freunde und Familie oder Projekte, die man gut findet, zu unterstützen.

Gefragt nach dem Fazit des Albums, antwortet Trettmann:

„Die Quintessenz des Albums: Money can’t buy love. All der Erfolg und das Geld sind nichts wert wenn die Liebe in deinem Leben wegbricht oder du nicht mehr von den Menschen umgeben bist, die du liebst.“

Wie geht es weiter?

Kitschkrieg und Trettmann werden nach „Insomnia“ ihre von großen Erfolgen geprägte Zusammenarbeit bewusst beenden. Die gemeinsame Story sei fertig erzählt und man möchte sich nicht wiederholen.

Kitschkrieg sind aktuell regelmäßig in den USA und arbeiten dort mit Acts an neuer Musik. Trettmann nimmt ebenfalls schon seit längerer Zeit neue Songs mit ganz unterschiedlichen Produzenten auf um herauszufinden, welcher Vibe ihn inspiriert und wo die musikalische Reise hingehen könnte. Er ist auf jeden Fall offen für neue Experimente.

Anerkennend bestätigt Trettmann, dass Kitschkrieg die ersten Produzenten waren, die verstanden haben, wie seine Stimme gut klingt und genug Raum hat, um über einem Beat zu funktionieren, ohne mit anderen Instrumenten zu konkurrieren. Ihre raffiniert-reduzierten Produktionen und die dazu perfekt eingesetzten Effekte waren in Kombination mit seiner Stimme ähnlich wie Yin & Yang.

Live könnt ihr Trettmann in Österreich beim diesjährigen FM4 Frequency Festival sehen, das zwischen 17. und 19. August im Greenpark St. Pölten stattfinden wird.

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