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„John Wick: Chapter 4“: Actionkino, wie von der K.I. ausgedacht

Seit 2014 schießt, sticht und prügelt sich Keanu Reeves als wortkarger Ex-Auftragskiller durch die Unterwelt. Auch der neue Teil dürfte die Meinungen spalten.

Von Christian Fuchs

Er ist wieder da. Unaufhaltsamer Gang, verkniffener Blick, die schön fettigen Haare wehen im Wind, der schwarze Anzug mit Krawatte sitzt. Keanu Reeves alias John Wick, der ehemalige Auftragskiller auf endlosem Rachefeldzug, greift wieder zu den Waffen. Ein wortkarger Action-Antiheld des 21. Jahrhunderts, eine Figur, wie einem Oldschool-Videospiel entsprungen.

Wer sich nicht mehr an „John Wick: Chapter 3 - Parabellum“ erinnern kann, der Schreiber dieser Zeilen hat dafür vollstes Verständnis. Höchstens Fragmente einer Story flackerten da mitten im andauernden Kugelhagel auf. Dafür durfte John Wick gefühlt hunderte Bösewichte aus dem Weg räumen, ob mit Kung-Fu-Kicks oder, bevorzugt, mittels Kopfschuss aus nächster Nähe. Inklusive viel digitalem Blutgestäuber.

Die Resthandlung drehte sich um die mysteriöse Killerorganisation, die im Zentrum des John Wick Universums steht. Diese weltweit verzweigte Verschwörungsgruppe, die Hohe Tafel, mit ihren pittoresken Retro-Hotels in diversen Metropolen, verspricht in Teil 4 dem exkommunizierten Killer Wick die Läuterung und das Leben. Aber um einen hohen Preis.

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Trademark-Gewalt voller Comic-Abziehbilder

Es begann alles mit einer Gruppe russischer Mafiosi, die den Hund eines verwitweten amerikanischen Auftragskillers erschießen. Das war 2014. Seither läuft der mysteriöse Mann namens John Wick schwer bewaffnet Amok gegen die Unterwelt. „Matrix“-Star Keanu Reeves steht hinter einer der erfolgreichsten Action-Reihen der Gegenwart. „John Wick: Chapter 4“ dauert übrigens 2 Stunden und 49 Minuten.

Wobei, was genau welche Figuren in diesem Film motiviert, spielt wirklich keinerlei Rolle. Es geht um Bubenkino voller spektakulärer Set Pieces, berauschender Farben, chicer Anzüge und Frisuren. Ach ja, und natürlich um den Non-Stop-Actionporn, das Markenzeichen der Reihe.

Längst funktioniert die Trademark-Gewalt von Chad Stahelski, dem Fäderzieher der Saga, wie eine eingeölte Maschine, reale Stuntkunst trifft auf tonnenweise CGI-Effekte, zumindest einen eigenen Style muss man der John-Wick-Maschinerie zugestehen.

Mittendrin im digitalen Fegefeuer agieren sympathische Schauspieler wie Bill Skarsgård oder Laurence Fishburne wie Comic-Abziehbilder. Ersterer verwandelt sich als sarkastischer Marquis de Gramont in die Karikatur eines bereits im Original überzeichneten James-Bond-Supergangsters. Zweiterer spult seinen minimalen Part als selbstironische Matrix-Anspielung ab. Frauen tauchen höchstens in Erinnerungen oder winzigen Nebenrollen auf.

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Action-Autopilot und irritierendes Pathos

Nur die asiatischen Altstars Hiroyuki Sanada und vor allem Donnie Yen machen sich im Bodycount-Overkill passabel, mit ihrer stoischen Art rufen sie kurz Erinnerungen an ikonische Martial-Arts-Klassiker wach.

Dabei wirken all die dazugehörigen Hommagen, von japanischen Zatoichi-Schwertkampf-Epen über Bruce Lees Nunchaku hin zur Fernsehserie „Kung Fu“, berechnend eingesetzt. Man wünscht Keanu Reeves einen Regisseur wie Quentin Tarantino, in dessen Asian-Pop-Feuerwerk „Kill Bill“ ähnliche Zitate leidenschaftlich lodernd zum Einsatz kamen.

Aber Keanu, der gute Mensch von Hollywood, der liebe Kerl, dem wir niemals böse sein können, der ewig junge Stoner-Jesus, fightet so sehr auf Action-Autopilot, dass ihm ohnehin alles wurscht zu sein scheint. Wenn er dann zwischendurch den Mund öffnet und pathetische Dialogsätze ausspuckt, die öfter das Wort „Töten“ enthalten, ist der Irritationsfaktor hoch.

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Wirklich alle in diesem Film sagen aber Sätze, die anscheinend von Chat GPT geschrieben wurden, passend zu den Bildern wie von Midjourney entworfen, eingespeist wurden die Vorgängerwerke und dazu passende Referenzen. Dabei fütterte man die Maschinen wohl auch mit Cartoons á la Tom & Jerry oder Ren & Stimpy. Wenn John Wick zum x-ten Mal von Autos überfahren wird, aus Fenstern fliegt oder steile Treppen runterstürzt, führt das höchstens zu einem Achselzucken im Kinosaal.

Regisseur Chad Stahelski, der Ex-Stunt-König, der zum Hollywood-Powerplayer mutierte, schwärmt in höchsten Tönen über seinen Film. „Wenn man Sergio Leone mit Akira Kurosawa mixt, beschreibt das ‚John Wick 4‘“, sagt er. Man möchte ihm entgegnen: Dream Baby Dream. „John Wick: Chapter 4“ könnte nämlich locker der erste Actionfilm sein, den eine künstliche Intelligenz inszeniert hat.

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