Salzburg: Wenn Wohnen nicht mehr leistbar ist
Von Xaver Stockinger
Anrufe über Anrufe. Im Büro vom Mieterschutzverband Salzburg im Stadtteil Nonntal laufen die Telefone seit Monaten heiß. Zwischen zwei Beratungsterminen hat die Leiterin, Karin Edtbrustner, Zeit für ein Gespräch. „Momentan ist es ganz schlimm. Wir haben Verzweiflung und Tränen im Büro. Leute, die am Ende des Monats nicht mehr wissen, was sie ihren Kindern kochen sollen, weil einfach kein Geld mehr da ist.“
Vor allem im letzten Jahr sind die Wohnkosten durch die allgemeine Teuerung massiv in die Höhe geschnellt. Neben den gestiegenen Betriebs- und Energiekosten wurden auch die Mieten im Schnitt um 7% angehoben - auf durchschnittlich 11,93 Euro pro Quadratmeter. In vielen Haushalten haben diese Erhöhungen dazu geführt, dass die Wohnkosten um 300 Euro pro Monat gestiegen sind, erklärt Karin Edtbrustner. Die alte Faustregel, dass die monatlichen Ausgaben fürs Wohnen maximal ein Drittel des Einkommens ausmachen sollen, kann in Salzburg nicht eingehalten werden. „Bei vielen Leuten sind wir hier bei fast 50%, bei Alleinerzieher:innen und Mindestpensionist:innen bei 75%. Da bleibt schlichtweg nichts mehr zum Leben“, so die Leiterin des Salzburger Mieterschutzverbandes.

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Auch die Wohnungssuche gestaltet sich in Salzburg für viele ausweglos. Ich treffe die 26-jährige Sara. Die Flugbegleiterin und Psychologie-Studentin sucht schon seit drei Monaten eine kleine Zwei-Zimmer-Wohnung in der Stadt. Bei einem Budget von 600-700 Euro warm scheint das jedoch unmöglich: „Es ist wahnsinnig schwer, in der Stadt etwas Leistbares zu finden. Ich suche mittlerweile schon in Salzburg-Umgebung bis Hallein und noch weiter raus.“ Saras Traum von einer eigenen Wohnung, in der sie bald auch eine kleine Praxis für psychologisches Coaching aufmacht, scheint unrealisierbar – zumindest in Salzburg. „Ich würde gerne unabhängig sein und mir an meinem Lebensmittelpunkt etwas aufbauen, aber es wird einem hier einfach wahnsinnig erschwert.“
Wie erklärt sich die Wohnungsnot?
Treiber der Wohnproblematik sind allem voran die durch die Teuerung gestiegenen Wohnkosten. Dazu kommt die Tatsache, dass relativ viel Wohnraum in der Stadt für Salzburger:innen gar nicht verfügbar ist: Schätzungen zufolge befinden sich allein in der Stadt bis zu 10.000 leerstehende Wohneinheiten gar nicht auf dem Mietmarkt. Zwar gibt es keine genauen Daten, doch wird vermutet, dass viele dieser Wohnungen reine Spekulationsobjekte sind. Investoren lassen Wohnungen oft leer stehen, da die hohen Renditen eine Vermietung gar nicht mehr notwendig machen. Allein die Wertsteigerung deckt die Kosten. Die stetig wachsende Zahl an Hotels sowie AirBnBs und Festspiel-Absteigen tragen das Übrige zur Wohnungsknappheit im touristisch beliebten Salzburg bei.

WIFO
Michael Klien
Auch gibt es in Salzburg deutlich weniger sozialen Wohnbau als in anderen Bundesländern. Laut einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts (WIFO) liegt der Anteil von sozialen Mietwohnungen in Salzburg mit 46% um 10 Prozentpunkte niedriger als im österreichischen Durchschnitt (56%). Das liege vor allem an den hohen Kosten, wie Michael Klien vom WIFO erklärt: „Die Baukosten sind in Salzburg so hoch wie in kaum einem anderen Bundesland. Ein besonderes Gewicht bekommen auch die hohen Grundkosten und überhaupt die begrenzte Verfügbarkeit von Bauland.“ Salzburg sei zwar Meister, wenn es darum gehe, Böden zu schützen und Versiegelung hintanzuhalten, jedoch sei man nicht in der Lage, für ausreichend sozialen Wohnbau z.B. durch Flächenumwidmungen- oder Flächenankäufe zu sorgen. Aus Sicht des WIFO-Forschers ist das jedoch der Hebel, den die kommende Landesregierung betätigen muss, um das Wohnproblem in Salzburg mittel- und langfristig zu entschärfen.

APA / Franz Neumayr
Die KPÖ hat im Wahlkampf das Thema Wohnen besetzt.
Bis sich an der Situation etwas ändert, müssen sich die Salzburger:innen wohl noch gedulden. Bei der Landtagswahl am vergangenen Wochenende war die Wohnproblematik jedenfalls ein bestimmendes Thema. Die KPÖ, die sich im Wahlkampf voll auf leistbares Wohnen konzentriert hat, erreichte landesweit aus dem Stand über 11% der Stimmen (in der Stadt Salzburg sogar über 20%). Für Karin Edtbrustner vom Mieterschutzverband sind die Forderungen an die kommende Landesregierung nach der Wahl klar: „Wir brauchen keine teuren Immobilien, wir brauchen keine Chalet-Dörfer. Wir brauchen für die Bevölkerung leistbaren Wohnraum.“
Publiziert am 28.04.2023