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Redfall

Arkane Austin

Blutleerer Wiedergänger

„Redfall“, das neue Spiel von Arkane, will ein Massenpublikum erreichen und lässt dafür alte Tugenden vermissen.

Von Rainer Sigl

Die kleine Stadt Redfall auf einer kleinen Insel vor der Ostküste der USA ist eigentlich ein idyllisches Örtchen - genau so, wie man das etwa aus den Romanen von Stephen King auch kennt. Oder besser gesagt: Redfall war einmal ein idyllisches Örtchen, denn damit ist es vorbei.

Eine ganze Armee mächtiger Vampire hat sich hier eingenistet, unzählige Bewohner zu Untoten und den Rest mit Gewalt und Massenhypnose gefügig gemacht. Die Blutsauger treiben nicht nur bei Nacht ihr Unwesen: Ein Zauber sorgt dafür, dass ihnen auch die Sonne nichts anhaben kann. Außerdem ist das Meer rund um das Inselstädtchen wie versteinert und lässt keinen Menschen mehr diesen Ort verlassen. In der Gestalt eines von vier charismatischen Helden soll ich im gleichnamigen Game die apokalyptische Stadt Redfall von diesem Fluch erlösen.

Das schwere Erbe der Immersive Sim

„Redfall“ ist das neue Spiel des hoch angesehenen Entwicklerstudios Arkane, doch sein neues Werk unterscheidet sich stark von dessen vorigen Games. „Dishonored“, „Prey“ und auch „Deathloop“ waren Immersive Sims, also jene von Fans heiß verehrte, aber kommerziell immer in der Nische gebliebene Spielart von First-Person-Action-Games, die stets vom Experimentieren mit zahlreichen Spielmechaniken und -systemen gelebt haben. In „ImSims“ hat man die Wahl zwischen Schleichen, Kampf, Magie oder ausgefallenen eigenen Lösungsansätzen - die Welten der früheren Spiele von Arkane waren relativ kompakte, aber dafür höchst interaktive Sandkästen, in denen jede*r so spielen durfte, wie er oder sie wollte.

„Redfall“ will etwas anderes sein; was genau, ist aber leider nicht so ganz klar. Die Vermutung liegt allerdings nahe, dass dem Studio, das sich gemeinsam mit seinem Publisher Bethesda seit 2020 beim neuen Besitzer Microsoft wiederfindet, der Auftrag mitgegeben wurde, doch ein bisschen massenkompatibler zu werden. Anders lässt sich die leider eher lustlos abgehakte To-do-Liste an Trend-Must-haves kaum erklären. Nur: Das funktioniert leider nicht.

„Redfall“, entwickelt von Arkane Austin und vertrieben von Bethesda Softworks ist für Windows und Xbox Series X/S erschienen.

Als First-Person-Koop-Shooter, den ich zu viert spiele, ist „Redfall“ zu wenig rasant, als Loot-Shooter zu eintönig, als Survival-Horrorspiel zu wenig gruselig und als Open-World-Rollenspiel zu simpel geraten. Irgendwo in dieser immer wieder durchaus beeindruckend gestalteten Kleinstadt ist eine klassische Arkane-ImSim begraben, ans Tageslicht darf sie aber kaum. Kurz gesagt: „Redfall“ sitzt zwischen allen Stühlen und das ziemlich unbequem.

Redfall

Arkane Austin

Trauriger Bauchfleck

Dass beim Start technische Probleme und Bugs dazukommen - geschenkt. Viel schwerer wiegt, dass die große Qualität der früheren Spiele von Arkane hier nirgends so richtig zur Geltung kommen darf. Nur hin und wieder blitzt sie kurz hervor: in großartigen Locations, spannenden, sich aus dem Spiel selbst ergebenden Situationen und leider viel zu seltenen Momenten, in denen alles doch einmal zusammenpasst.

„Redfall“ ist nicht nur für Arkane-Fans eine Enttäuschung. Auf der Jagd nach dem großen Publikum hat man hier offenbar vergessen, was den Reiz der früheren Spiele ausgemacht hat. Schade um das interessante Setting, schade um eine Vision, die dem Schielen nach mehr Absatz geopfert wurde, schade um ein Spiel, das sich kaum jemals übers Mittelmaß aufschwingt.

Im Großen und Ganzen ist „Redfall“ leider ein Reinfall, hoffentlich einer, von dem sich Arkane erholt.

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