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KI-Songs: Wann wird aus TikTok-Spaß eine Gefahr für Künstler*innen?

Kanye singt “WAP”, Donald Duck wird zu Shakira: KI-Edits können Spaß machen, solange sie offensichtlich als Gag einzuordnen sind. Werden sie “zu echt”, hat das für Artists und Labels Konsequenzen.

Eine Kolumne von Verena Bogner

“Certified freak, seven days a week”: Diese Textzeile aus dem Hit “WAP” von Megan Thee Stallion und Cardi B hört man auf TikTok derzeit unter anderem aus dem Mund von Kanye West, was angesichts der Lyrics zugegebenermaßen ziemlich lustig klingt. Ye hat die sexpositive Female-Empowerment-Hymne aber nicht mal eben gecovert, sondern wurde per KI-Edit auf TikTok dazu verdonnert. Und damit ist er nicht allein: Donald Duck, der “Beautiful Liar” von Shakira und Beyoncé singt, oder Lana del Reys “Video Games” in der Stimme von Lady Gaga: Fans können auf TikTok nun all die Crossovers zum Leben erwecken, die sie sich wünschen. Diese Edits sind in der Regel ziemlich leicht als das zu erkennen, was sie sind: Unperfekte Spielereien von Fans, die viral gehen wollen.

Verena Bogner ist freie Journalistin und Autorin und schreibt gerade an ihrem ersten Buch. Sie liebt Mainstream-Popkultur und findet, es gibt keine Guilty Pleasures.

Das trifft aber nicht auf alle Songs zu, die dieser Tage mittels Künstlicher Intelligenz erstellt werden: Kürzlich sorgte ein vermeintlicher Song von Drake und The Weeknd namens “Heart on My Sleeve” für Aufruhr. Der Song klang täuschend echt und ging quasi sofort durch die Decke – kein Wunder bei diesen beiden Hochkarätern. Er hätte sogar in die Charts einsteigen können, wenn Universal nicht eingegriffen hätte, sodass der Song nicht mehr auf Spotify, Tidal & Co. abgespielt werden konnte.

Universal soll Berichten zufolge außerdem fordern, dass große Streaming-Services verhindern sollen, dass KI-Modelle mithilfe der dort verfügbaren, urheberrechtlich geschützten Musik trainiert werden können. Das alles löste unter anderem eine Debatte darüber aus, ob Labels Copyright auf Stimmen beanspruchen können, wenn es sich bei einem Song wie im Fall von “Heart on My Sleeve” um eine neue Kreation handelt.

Dass ausgerechnet Drakes Stimme für den Song herhalten musste, könnte damit zu tun haben, dass er und auch Universal sich in letzter Zeit immer wieder gegen KI-Songs ausgesprochen haben. Anlässlich eines viralen Edits, das ihn zu “Munch” von Ice Spice rappen lässt, schrieb er, dass diese Aufnahme sein „Last Straw“ sei, also es ihm endgültig reiche mit diesen albernen KI-Songs. Das ist auch verständlich: So verlieren Artists gänzlich die Kontrolle über ihr meist größtes Kapital – ihre Stimme. Wer “Heart on my Sleeve” erstellt hat und hinter dem Synonym “Ghostwriter” steckt, weiß man übrigens nicht. Die Person verkündete jedoch: “This is just the beginning.” Klingt ein bisschen nach einer “Black Mirror”-Folge, wenn ihr mich fragt.

Grimes will zur Software werden

Es gibt aber auch Künstler*innen, die KI-Deepfakes nicht ganz so abgeneigt sind wie Drake. Musikerin Grimes scheint jedenfalls mehr als offen für die neue Ära der Musikindustrie zu sein: Sie teilte auf Social Media mit, dass sie dazu bereit sei, 50 Prozent der Einnahmen mit jedem zu teilen, der einen erfolgreichen KI-Song mit ihrer Stimme zustande bringe.

“Das ist derselbe Deal, den Artists bekommen, mit denen ich zusammenarbeite. Benutzt meine Stimme straffrei. Ich habe kein Label und keine rechtlichen Verpflichtungen”, schrieb Grimes auf Twitter. Sie finde es cool, Eins mit einer Maschine zu werden und “Copyright zu killen”, hieß es. Grimes teilte später sogar den Link zu einer Webseite namens “Elf.Tech”, wo jede*r Aufnahmen uploaden kann, die schließlich in Grimes-Lieder verwandelt werden. Einer von Grimes’ nächsten Songs soll übrigens “I wanna be software” heißen. Natürlich kann man die KI-Storys von Drake und Grimes nur schwer vergleichen. Grimes experimentiert schon lange mit der Technologie und hat schon 2021 eine KI-Girlgroup namens NPC gelauncht.

Der Producer Young Guru, der zum Beispiel mit Jay-Z arbeitet, hat kürzlich seine Sorgen rund um die Thematik auf Instagram zum Ausdruck gebracht: “Einerseits ist mir bewusst, dass man Technologie nicht aufhalten kann. Wenn der Geist einmal aus der Flasche ist, kann man ihn nicht zurückstecken. Andererseits müssen wir die Rechte von Artists schützen. Menschen können deinen Namen, dein Bild und Konterfei nicht ohne Erlaubnis verwenden. Wir müssen dieses Gesetz auch für Stimmen anwenden.”

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