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Jubelnde Studierendenvertreterinnen und -vertreter in der Bundes-ÖH Zentrale

Radio FM4/ Lena Raffetseder

Zugewinne bei der Wahlbeteiligung und für den VSStÖ

Drei Tage lang haben rund 346.000 Studierende in Österreich ihre Vertretung auf Studien-, Hochschul- und Bundesebene gewählt. Die Wahlbeteiligung ist auf 21,2 Prozent gestiegen. Erst vier Tage nach Wahlschluss wurde nun das Ergebnis der ÖH-Wahl 2023 verkündet. Stärkste Fraktion bleibt auf Bundesebene der Verband Sozialistischer Student_Innen (VSStÖ).

Von Lena Raffetseder und Michael Fiedler

So lang hat es noch nie gedauert, bis ein Endergebnis der Wahlen zur Österreichischen Hochschüler_innenschaft (ÖH) feststand. Der Verband Sozialistischer Student_Innen (VSStÖ) kommt bei der Wahl der Bundesvertretung schließlich auf 26,5 Prozent. Die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG) (21,1 Prozent) überholt die Grünen und Alternativen Student_innen (GRAS), die im Vergleich zur Wahl 2021 drei Prozentpunkte verlieren und auf 18,5 Prozent kommen. Alle Parteien, die für das 55 Mandatar*innen große Studierendenparlament angetreten sind, haben den Einzug geschafft.

Darunter auch die neue Liste Who the f*ck is Herbert?, die ein Mandat mehr bekommt als der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS), der mit einem Mandat die kleinste Fraktion in der Bundesvertretung bleibt. Die liberalen JUNOS erreichen fünf Mandate, verlieren also im Vergleich zur Wahl 2021 ein Mandat. Die Unabhängigen Fachschaftslisten (FLÖ) erreichen 8,3 Prozent der Stimmen und verlieren zwei ihrer bisher 6 Mandate. Die aktuelle Bundesvertretung bestehend aus VSStÖ, GRAS und FLÖ hätte aber weiterhin eine Mehrheit von 30 der 28 dafür benötigten Mandate. Der Kommunistische Student_innenverband - Linke Liste (KSV LILI) gewinnt mit 5,2 Prozent das Duell der kommunistischen Listen, der Kommunistische StudentInnenverband (KSV KJÖ) kommt auf 4,45 Prozent.

Grafik mit den Wahlergebnissen

APA

Während die Ergebnisse einzelner Hochschulvertretungen bereits am Wahlabend veröffentlicht wurden, dauerte es weitere vier Tage, bis das Ergebnis der Bundesvertretung feststand. Ein neues Onlinesystem war der Grund, die einzelnen Wahlkommissionen hatten Probleme, ihre Ergebnisse ins System einzugeben.

Anstieg bei Dauer der Auszählung und Wahlbeteiligung

Aus Kostengründen, wie das aktuelle ÖH-Vorsitzteam sagte, wurde nicht das Bundesrechenzentrum mit der Durchführung der Wahl beauftragt, sondern eine private Firma.

Alle Ergebnisse der ÖH-Wahl 2023 im Detail gibt es hier.

Österreichweit traten neun Fraktionen für die Wahl zur Bundesvertretung an. Porträts aller Fraktionen, die Zusammenfassung der ÖH-Wahldebatte und bisherige Berichte zur ÖH-Wahl gibt es hier.

Im System sei die Verknüpfung zwischen Verzeichnis und Gesamtergebnis fehlerhaft gewesen, erklärte Boryana Badinska (Unabhängige Fachschaftslisten - FLÖ) vom aktuellen ÖH-Vorsitzteam am Tag nach der Wahl die Verzögerung. Und das, obwohl man im Vorfeld „sehr viele“ Tests gemacht habe, sagte sie. In den Wahlkommissionen an den einzelnen Hochschulen arbeiten Ehrenamtliche, die mussten die Auszählung an den Tagen nach der Wahl neben ihren Jobs noch fertigstellen. Auswirkung auf das endgültige Ergebnis sah Badinska im Nachhinein keine: „Alle Fehler, die passiert sind, ändern nichts am Endergebnis und auch nichts an dessen Gültigkeit.“

Schon während der Wahl hatte es Probleme mit dem System gegeben. Am Dienstag, dem ersten Tag der Stimmabgabe, war wegen Serverüberlastungen die Wahl an vielen Standorten teilweise stundenlang nicht möglich.

Muhammed Durmaz von der ÖVP-nahen Aktionsgemeinschaft kritisiert den Ablauf der Wahl: „Angefangen vom Wähler*innenverzeichnis, dem Shutdown am ersten Wahltag, wo mehrere hundert, wenn nicht Tausende Leute heimgeschickt werden mussten, auch bei den Briefwahlkarten gab es Probleme.“ Und dann natürlich die vier Tage Verzögerung bei der Auszählung. „Es ist nicht unser Ziel, per se eine Wahl anzufechten, aber man muss das alles prüfen, weil es im Endeffekt ein großes Chaos war.“ Durmaz sieht das Vorsitzteam der Bundes-ÖH in der Verantwortung: „Es geht halt nicht, dass man die Schuld den lokalen Wahlkommissionen zuschiebt, wo ehrenamtliche Leute sitzen.“

Grafik über Wahlbeteiligung bei ÖH-Wahlen im Jahres-Verlauf, heuer bei 21,2 Prozent

APA

Oberstes Ziel war im Vorfeld dieser Wahl, die Wahlbeteiligung (bei der vergangenen ÖH-Wahl gab es den historischen Tiefstand von 15,7 Prozent) zu erhöhen. Das Ziel wurde erreicht, das Ergebnis von 21,2 Prozent Wahlbeteiligung ist aber das zweitschlechteste der Geschichte. ÖH-Vorsitzende Keya Baier (GRAS) sprach am Wahlabend von einer „absoluten Trendwende“. Ihre Stellvertreterin Sara Velić (VSStÖ) war mit ihrer Freude etwas zurückhaltender: „Es ist alles andere als ideal, aber darüber werden wir noch zur Genüge reden.“

Für ÖVP-Wissenschaftsminister Martin Polaschek ist die gestiegene Wahlbeteiligung „ein starkes Signal“. Man dürfe nicht vergessen, dass durch die Coronavirus-Pandemie die Wahlbeteiligung zurückgegangen sei. „Viele Studierende, die sich in der Zeit eigentlich noch nicht so mit der ÖH identifizieren konnten, sind wahrscheinlich auch nicht wählen gegangen. Wir haben fast fünf Prozentpunkte mehr Wahlbeteiligung. Ich sehe das als ein schönes Zeichen, dass den Studierenden ihre Vertretung ein Anliegen ist“, sagte der Bundesminister für Bildung, Wissenschaft und Forschung im FM4 Interview.

Ausblick

Wie die Vertretung in den nächsten zwei Jahren auf Bundesebene genau aussieht, wird sich erst nach Koalitionsgesprächen zwischen den Fraktionen entscheiden. Die aktuelle Koalition, bestehend aus dem SPÖ-nahen VSStÖ, den grünen GRAS und den parteiunabhängigen, aber linken Fachschaftslisten FLÖ, hätte weiter eine Mehrheit. Die drei Fraktionen scheinen - bis auf eine Ausnahme 2020, als sie sich zerstritten hatten und die Koalition platzte - gut miteinander zu können und haben im vergangenen Jahrzehnt fast immer miteinander koaliert.

Die konstituierende Sitzung der neuen ÖH-Bundesvertretung findet am 23. Juni statt. Dort wird dann auch das neue Vorsitzteam gewählt. Die zweijährige Funktionsperiode beginnt am 1. Juli.

Alle Ergebnisse der ÖH-Wahl 2023 im Detail gibt es hier.

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