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Alex Lahey: Songs wie von der besten Freundin

Mit ein bisschen Abstand kann man auch schon wieder darüber lachen. Alex Lahey schreibt Rocksongs mit Blick in den Rückspiegel. „The Answer Is Always Yes“ ist das dritte Album der Australierin, die darauf auch ihre Erfahrungen als queere Teenagerin thematisiert.

Von Christian Lehner

Wer will das nicht, einfach eine gute Zeit haben? Fällt verdammt schwer in diesen nicht ganz so guten Zeiten. Und wenn man sich als Außenseiter*in fühlt, dann fällt es doppelt so schwer. „Good Time“ heißt der Eröffnungssong des neuen Albums von Alex Lahey. Doch diese gute Zeit will sich einfach nicht einstellen. „Still stuck in the traffic at the end of the day”, so eine Songzeile. Im Refrain lässt sie uns wissen: “I just want a good time, don’t care how, but I know everybody needs it”. Das kann man doch glatt unterschreiben!

Dass der Song zur massentauglichen Post-Corona-Hymne taugt, ist nur mäßig interessant, weil ziemlich offensichtlich. Aber wie die 30-jährige Australierin ihren Blues runterrattert, macht schon wieder gute Laune und das lässt sich beinahe auf alle Songs von Alex Lahey umlegen. Ihr Hadern mit der Welt, die Pannen des Alltags, der Beziehungsmüll, all das erzählt die Multiinstrumentalistin aus Melbourne sehr unterhaltsam. Am Ende hat man dann doch eine „Good Time“.

Alltag, Abstand, Song

„Ich schreibe meine Songs mit großem Abstand zu den Geschehnissen, die sie inspiriert haben“, so Lahey beim FM4-Interview in Berlin. „Deshalb kann man auch darüber lachen. Manchmal sind sie auch sehr sarkastisch“. Schule, Gerüchte, die Ex – im Abstand liegt die Überwindung. Es ist wie abhängen mit den besten Freund*innen. Man erzählt sich arge Anekdoten und kann wundersamerweise darüber kudern.

Ein typischer Alex Lahey-Song ist „Congratulations“. Alex erfährt, dass zwei ihrer Ex-Partnerinnen zur ungefähr selben Zeit heiraten werden. File under: Geschichten, die das Leben schrieb und über die man unbedingt einen Song schreiben sollte. „Liebe, Beziehungen, Party, das sind universelle Erfahrungen. Egal wie unterschiedlich die Kontexte auch sein mögen, diese Dinge verbinden uns als Menschen“, so Lahey.

Zwischen Queerness und Prom-Night

Doch nach dem polternden Break-Up-Debüt „I Love You Like A Brother“ (2017) und dem verliebten Beziehungswirrwarr auf „The Best Of Luck Club“ (2019) kümmert sich Lahey am neuen Album auch um ihre sexuelle Identität. Das Album trägt den Titel „The Answer Is Always Yes.“ Das als Reaktion auf die vielen „Nos“, die die queere Tochter eines englischen Vaters und einer aus Ägypten stammenden Mutter in ihrer Jugend oft zu hören bekam.

Alex Lahey neus Album "The Answer Is Always Yes"

Liberation Records

„The Answer Is Always Yes“ ist auf Liberation Records erschienen. Hier geht es zum Interview-Podcast mit Alex Lahey

Dabei war das Outing mit 16 weder für Alex noch die Eltern oder den Freundeskreis ein großes Problem, wie Lahey im Interview betont. In dem Song „They Wouldn’t Let Me In“ geht es vielmehr um die kleinen und doch so großen Zurückweisungen im Alltag. Lahey prallte immer wieder gegen die oft unausgesprochenen Regeln der Hetenwelt, die selbst in einem toleranten Umfeld sämtliche Bereiche des Zusammenlebens festlegen.

„Gemeint sind etwa Geburtstagsparties, wo die Mädchen und Jungs herumgeknutscht haben“, so Lahey. „Klar, dass ich mich dort nicht unbedingt wohl gefühlt habe. “Oder wenn es bei einer Familienfeier in eine Kirche ging, die sich gegen die gleichgeschlechtliche Ehe stellte.“

Der Gitarrensound hat auf „The Answer Is Always Yes” ein Update in Richtung Breitwand und Gitarrenpop erfahren. Bestimmte Licks, Riffs und Arrangements meint man schon mal bei Hole, den Pixies, Breeders oder Bloc Party gehört zu haben und natürlich lugt die große australische Slacker Queen Courtney Barnett ab und zu grinsend um die Ecke, aber das ist egal, denn Alex Lahey versteht es, mit ihrer starken Songwriter-Persönlichkeit sich all diese Einflüsse einzuverleiben und daraus ihr eigenes Ding zu machen.

“The Answer Is Always Yes” setzt im Alltag an, blickt aber immer unter den Teppich und hinter den Vorhang und das mit sehr viel Humor. Es macht das ganze „Shit Talkin‘“, um einen Songtitel zu zitieren, erträglicher und stiftet Gemeinschaft, wo man sie im „echten Leben“ vermisst. Es sind Songs wie von der besten Freundin.

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