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Kultspiel in Bestform

Das Remake des 1994 erschienenen „System Shock“ ist nichts weniger als die definitive Fassung eines wegweisenden Ausnahmetitels - und auch heute noch aufregend modern.

Von Rainer Sigl

Größenwahnsinnig, unmenschlich, fast allmächtig: Wer es einmal mit der bösartigen KI Shodan zu tun bekommen hat, vergisst sie nicht so schnell - auch nicht nach drei Jahrzehnten. Shodan ist der Bösewicht im 1994 erschienenen Kultspiel „System Shock“. Als einziger Überlebender kämpfe ich auf der von Cyborgs, Robotern und Mutanten überrannten Raumstation Citadel gegen die übermächtige Maschinengöttin, die die ganze Menschheit auslöschen will. Dass es so weit gekommen ist, ist meine Schuld - immerhin habe ich als krimineller Hacker im Auftrag eines machthungrigen Anzugträgers die ethischen Fesseln der KI gelockert.

„System Shock“, entwickelt von Looking Glass unter der Leitung der Games-Industrie-Legende Warren Spector, war eine umwerfend originelle Mischung aus First-Person-Shooter und Rollenspiel und hat sein ganz eigenes Genre begründet. Spätere Spiele wie „Bioshock“, „Deus Ex“ oder „Dishonored“ stehen bis heute in der Tradition des großen Klassikers.

Wiedergeburt eines Kultspiels

Das drei Jahrzehnte alte Original ist leider in Sachen Grafik und Steuerung sehr schlecht gealtert - genau da setzt das Remake an. Nightdive Studios, das Entwicklerteam, das das Remake nach zermürbenden sieben Jahren Wartezeit nun hier vorlegt, ist Spezialist fürs Ausgraben versunkener Uralt-Spiele und Wiederbeleben alter Franchises wie „Turok“, „Blood“ oder, vor zwei Jahren, „Quake“. Bei „System Shock“ war aber mehr angesagt als leichte technische Anpassungen; dieses Remake ist keine schnöde Neuauflage, sondern eine waschechte Wiedergeburt.

„System Shock“, das Remake, entwickelt von Nightdive Studios, vertrieben von Prime Matter, ist für Windows erschienen.

Dabei geht man durchaus eigene Wege, die bei anderen Remakes, etwa den erst vor kurzem neu aufgelegten Horrorklassikern „Resident Evil 4“ und „Dead Space“ so nicht beschritten wurden. Naturgemäß ist die technische Anpassung der Grafik an moderne Standards ein zentrales Element aller Remake-Projekte, doch 2023 sieht das wiedergeborene „System Shock“ trotzdem irgendwie genauso aus wie in meiner nostalgisch verklärten Erinnerung. Natürlich täuscht mich die, und zwar gewaltig, wie ein einfacher Vergleich mit dem - mal ehrlich: nicht gerade hübschen - Original belegt.

System Shock

Nightdive

Nostalgie ohne Kitsch

Statt topmoderner Hochglanzgrafik gibt es einen hübschen und vor allem atmosphärisch toll ausgeleuchteten, aber eindeutig nostalgischen Grafikstil. Der kann zwar mit dem Bling anderer Remakes nicht mithalten, vermittelt aber perfekt den Style des Originals, nur in viel, viel schöner. Viel wichtiger sind aber die Anpassungen an moderne Steuerungs- und Bedienungsgewohnheiten. Abgesehen davon ist „System Shock“ großteils dasselbe Spiel wie 1994 - und diese unverfälschte Rückkehr beweist, warum es zu Recht Kultstatus genießt.

Das Remake von „System Shock“ ist in seiner Originaltreue ein aufregender Anachronismus: So unerbittlich, sperrig und lakonisch traut sich heutzutage kaum ein Spiel zu sein. Wer sich in seine (retro-)futuristischen Labyrinthe wagt, muss auf viele spätere Bequemlichkeiten - ein Tutorial etwa, oder Navigationshilfen - verzichten. Genau in dieser Reduktion ist es aber auf paradoxe Weise modern und in seinem Minimalismus erstaunlich immersiv.

Kurz gesagt: Wer den Klassiker immer schon spielen oder wiederspielen wollte, bekommt mit diesem Remake die definitive Version davon; wer „System Shock“ noch nicht kennt, sollte diese Bildungslücke genau jetzt schließen.

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