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Publikum am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Auf in die Schlammschlacht!

Tausend Liter Regen können die Stimmung nicht trüben! Das Nova Rock 2023 ist gestartet, mit Konzerten von Bibiza, Disturbed, RIN und Slipknot.

Von Alica Ouschan

Es wäre nicht das Nova Rock, wenn nicht schon am ersten Tag Caravans aus dem Matsch gezogen und die Gummistiefel ausgepackt werden müssen. Es schüttet wie aus umgedrehten, geöffneten Bierdosen, als die aus Iowa stammende Band Vended das Festival auf der Blue Stage eröffnet.

Doch nicht einmal tausend Liter Regen und Matsch können diese Stimmung trüben und auch die Schmatzgeräusche von tausenden durch den Schlamm stapfenden Gummistiefeln die laute Musik nicht übertönen. Die Besucher*innen werfen sich frohen Mutes in die Schlammschlacht, bewaffnet mit extravaganten Outfits und einem Jahr Vorfreude. Der erste Tag am Nova verlangt einem ja ohnehin schon einiges ab: reinfinden in den Festival-Spirit, denn für viele ist es das erste in diesem Sommer. Im Kopf behalten, wer wann, an welchem Tag auf welcher Stage spielt - auch nach dem siebten Bier. Und dann hält dieser erste Tag am Nova Rock 2023 auch gleich noch einige Highlights bereit.

Publikum bei Disturbed am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Besonders Slipknot,die Headliner des Abends, sorgen für erregte Gemüter. Bis es soweit ist gibt es aber noch viele andere Momente, die es ins kopfeigene Erinnerungsalbum schaffen. Zum Beispiel als sich gegen 16 Uhr die ersten Sonnenstrahlen ihren Weg durch die grauen Wolken bahnen. Bei You Me At Six kommt man schon wieder leicht ins Schwitzen: „Let’s keep this fucking going“, heißt es, dabei haben wir ja gerade erst angefangen.

Wiener Grindsbatzencharme in den Pannonia Fields

Die kanadischen Emo-Kuschelrocker Simple Plan nehmen uns mit ins „Summer Paradise“ und bringen mit einem superduperhit-Medley, bestehend aus „Sk8er Boi“, „Mr. Brightside“ und dem Scooby Doo Theme Song die Einstimmung aufs bevorstehende Partywochenende. Währenddessen performt Sharon den Adel, Frontfrau der der niederländischen Symphonic-Metal-Band Within Temptation und einzige Frau die an diesem Tag auf einer Bühne steht, mit mitreißender Inbrunst.

Als nächstes wird die Red Bull Stage zum Schauplatz eines der nicht ganz so großen, aber ebenso unvergesslichen Spektakeln dieses ersten Tages: Falco-Reincarnation und Indie-Rapper Bibiza bringt den Wiener-Grindsbatzencharme in die Pannonia Fields. In strahlend weißer Hose („Perfektes Outfit für den Schlamm, mein Ziel ist, dass sie weiß bleibt!“) und strahlendem Grinsen legt Franz Bibi Bibiza gemeinsam mit seiner Liveband eine Show hin, die sogar die ganz hartgesottenen Nova Rocker*innen anlockt.

Bibiza

Franz Reiterer

Für manche vielleicht überraschend, dass ausgerechnet Bibiza die Stimmung derart schnell hochbringen und das ganze Konzert über auf Level halten kann. Andererseits gehts ja in recht vielen Songs ums zua sein - und damit kennt sich das Nova Publikum natürlich aus, mit dem Spritzwein wird sich enthusiastisch zugeprostet, es ist ja auch schon Mittwoch-Schnittwoch!

Ein Tag der Dualität

Außerdem ist es ja schon seit einigen Festivalsommern Gang und Gäbe, dass sich das Line Up am Nova Rock nicht mehr ausschließlich auf Acts aus der Metal-, Punk- und Rock-Ecke zusammensetzt. Gerade HipHop-Acts machen mittlerweile gefühlt ein Fünftel aus. Es ist ein Festival der Dualität geworden, nicht umsonst heißt es: „Je härter die Musik, desto netter die Leit!“

Der ein oder andere Wiederspruch lässt sich dann aber doch nicht völlig ausblenden. Wo, wenn nicht am Nova Rock sieht man eine Metal-Kutte mit aufgenähter Rainbow-Flag und „Feminist“-Patch, direkt neben einem Rammstein-Logo. Die gut gefüllte Red Stage beim Auftritt von Deutschrapper Marteria, der erst vor kurzem in den USA verhaftet wurde, weil ein Streit mit seiner Freundin im Hotel eskalierte (laut Polizei lautet der Festnahmegrund „assault by strangulation“), genau so wie die hunderten Rammstein-Shirts, die auf stolz geschwellter Brust getragen werden, beweisen einmal mehr, dass ‚cancel culture‘ nur in der Vorstellungskraft jener existiert, die Angst vor Konsequenzen für ihr Fehlverhalten haben. „Mir ist das egal, die Musik ist trotzdem geil“, lautet das niederschmetternd gleichgültige Fazit einer schulterzuckenden Besucherin. Solidarität ja, aber wenn dann mit Til Lindemann.

Disturbed am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Dann gibt’s aber zum Glück auch so Bands wie Disturbed aus Chicago, die auch nach so vielen Jahren einfach nur Dankbar für die Metal-Community sind und ihre Fans das auch bei jedem Song spüren lassen. Außerdem schrecken sie nicht davor zurück, Evergreens aus der Rock-Klassiker-Ecke rauszudreschen: Ihr „Land Of Confusion“-Cover hätte Phil Colins sicher stolz gemacht. Und natürlich geht auch kein Disturbed Konzert vorüber, ohne ihre legendäre Version von „Sound of Silence“, bei denen sich die Fans glückseelig und laut mitsingend in den Armen liegen. Der krönende Abschluss ist natürlich der eine Moment, auf den alle den ganzen Tag gewartet haben: „Uh ah ah ah ah!“

Publikum bei Disturbed am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Eine angespannte, euphorische Stimmung macht sich breit, vorfreudige Nervosität. Die Band Slipknot hat in den letzten Jahren vor allem Tiefen erlebt. Der heutige Abend gehört aber nicht dazu - die Energie, die ab der Sekunde, in der der Slipknot-Vorhang fällt, wie eine Welle über die Menge schwappt ist unvergleichlich. Alle sind bereit absolut alles zu geben, scheiß auf Regen und Matsch und die mühevolle Anreise, scheiß auf durchnässte Zelte und dreckige Hosen - das ist der Grund, wieso man immer wieder aufs Nova Rock kommt, der Grund, warum es sich jedes Jahr anfühlt wie nach hause kommen.

„My voice is a little fucked today“, sagt Corey Taylor. „But that doesn’t mean I won’t give you absolutely everything I fucking got!“ - und damit ist er nicht allein. „Can you help me sing?“, fragt Corey. Die Crowd schnappt in einem einzigen gemeinsamen Atemzug nach Luft und hält sie an, als die ersten Töne von „Snuff“ erklingen. Da weint sogar das stahlhärteste Metaler-Herz. Mit einem ausgelassen headbangenden und einem weinenden Auge geht dieses Konzert zu Ende - es ist mit hoher Wahrschenlichkeit eines der letzten Slipknot Konzerte überhaupt, die vermutlich letzte große Show in Österreich.

Es geht um gar nix!

Um das zu sehen, sind manche Leute sogar zwölf Stunden aus Berlin ins Burgenland gefahren. Ein Feuerwerk zelebriert das Ende einer Ära und den gelungenen Kick-Off des ersten Tages am Nova Rock 2023. Und er ist noch nicht ganz vorbei - während Slipknot noch auf der Bühne steht, kommt das Ausnahmetalent im deutschen Rapgame, einer der erfolgreichsten Deutschrapper unserer Zeit, RIN auf die Blue Stage. „Das ist das erste Konzert in diesem Festivalsommer - ist kein Heimspiel, in Österreich und dann auch noch auf einem Rock-Festival“, sagt Renato, der passend zum Anlass wie viele der Anwesenden ganz in schwarz gekleidet ist. „Dafür, dass ich gerade gegen Slioknot spiele ist echt viel los, ich dachte hier stehen vielleicht zehn Leute!“

RIN am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

RIN versucht aus den bereits erschöpften Energiereserven der Besucher*innen alles rauszuholen. Er spielt eine breite Palette aus alten Hits und neueren Songs und präsentiert sein neues Showkonzept, an dem er lange gefeilt hat - es unterteilt die Show in mehrere Kapitel. Leider sind viele schon zu müde, um zu appreciaten was sich RIN dabei gedacht hat. Er macht das beste draus: „Ich hab Spaß!“, sagt er und spielt einfach so mal drei ganz neue, noch unreleaste Songs. Weils eh schon wurscht is!

Publikum bei RIN am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Das Nova Rock Publikum ist ohnehin so ein Dankbares - und weil’s an dem Tag noch nicht oft genug gesagt wurde: Es ist das Nova, es geht um nix! - Außer natürlich ums gemeinsame Spaß haben, um die Community und die Musik.

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