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Publikum bei Yonaka am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Crazy, Intense, Loud: Nova Rock - Tag 2

Am zweiten Festivaltag ist man so richtig angekommen und mittendrin. Musik die Leben rettet und Gründe, warum es sich jedes Jahr wieder lohnt herzukommen.

Von Alica Ouschan

An Tag zwei begrüßen uns nicht nur die ersten zaghaften Sonnenstrahlen, sondern auch die Klänge von Anastacias „Left Outside Alone“. Blind Channel, die den finnischen Beitrag zum ESC vor zwei Jahren geliefert haben, liefern jetzt dieses Cover als Einstimmung für den heutigen Tag auf der Blue Stage. Damit aber keiner draußen alleine gelassen wird wie Anastacia und im Schlamm versinkt hat das Nova-Team letzte Nacht alles gegeben. Mit Baggern und Traktoren wurde der Boden am Gelände präpariert. Der Geruch von nassem Stroh und angetrocknetem Schlamm wabert über die Köpfe, Gummistiefel sind nur mehr eine Empfehlung, kein Muss.

Nicht ganz so rosig sieht es einige Meter weiter bei der Red Bull Stage aus. Nach dem Auftakt der Band Cil City („Cil“ steht für crazy, intense, loud) fällt auf einem Teil des Geländes der Strom komplett aus. Leider ist auch die Red Bull Stage betroffen, die aufstrebende österreichische Gitarren-Band Glazed Curtains kann nicht auftreten, bis zum nächsten Act soll aber alles wieder laufen.

Laufen tun auch die Leute, denn auf der Red Stage ist die Show von Yonaka aus Brighton in full swing. Mit viel Nebel (yeah!) und extraschneller Brille (woohoo!). Feministischer, futuristic NuMetal, so klingt Yonaka: „You either treat me with respect or get out!“ Außerdem gehts viel um Mental Health was Sängerin Theresa Jarvis mit dem begeisterten Publikum bespricht. Die Frage „Who has been going through something? Who’s been having a rough time?“ wurde noch nie so enthusiastisch beantwortet.

Yonaka am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Nach dieser kurzen aber wirkungsvollen Therapy Session im Moshpit bleibt kaum Zeit zum Erholen. Eine Band aus Kalifornien macht sich bereit, um das Nova Publikum zu infizieren. Fever333, eine der spannendsten Acts aus der Crossover-Ecke der letzten Jahre, kämpft gemeinsam mit den Fans gegen die Regenwolken, die sich einfach nicht verziehen wollen. Ein unangenehm leichter Niselregen weicht den angetrockneten Boden wieder auf.

Fever 333 am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Stroh & Stromausfall

Die Red Bull Stage kämpft nach wie vor mit dem Stromaggregat - es ist viertel vor Stagetime für die Wiener Grunge Party-Partie Leftovers. Die waren heuer nicht nur für den FM4 Amadeus Award nominiert, sondern haben auch einige neue Songs im Gepäck. Die Erwartungen an diesen ersten großen Festival-Gig werden leider nicht erfüllt. Der Strom will nicht, obwohl die Menge laut danach verlangt. Die vier Leftis lassen sich Blicken, mit Megaphon werden die Fans bespaßt.

Es bilden sich immer wieder Sprechchöre, die mal den Namen der Band rufen oder nach einem Drumsolo verlangen - das hört man ja auch ohne Verstärker. Es wird gejubelt und gerufen, keiner bewegt sich vom Fleck für die gesamte Dauer des nicht vorhandenen Konzerts. Treu warten alle bis zum letzten Moment, an dem es schließlich heißt, dass die Leftovers heute nicht mehr auftreten können.

Die gute Nachricht: Die Show wird am Freitag um 22:45 Uhr nachgeholt. Jetzt müssen Leftovers zwar gegen Bilderbuch anspielen, beim Nova Rock Publikum werden sich aber bestimmt genügend Leute finden, die ein Grunge Konzert bevorzugen. „JAAAA, morgen Headliner, was looooos?“ sagt die Band. Jetzt heißts erst mal den verpatzten Tag zu genießen und das Beste draus zu machen. Zum Beispiel bei Sum 41. Wenn man sich vor der Blue Stage so umschaut, bekommt man den Eindruck die Kult-Band der 2000er sei der inoffizielle Headliner. Das gesamte Festival scheint sich hier eingefunden zu haben.

Sum41 am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Dafür gibts zwei schlüssige Erklärungen: Sum 41 haben angekündigt, ihre letzte Tour zu spielen. Also ein letztes Mal noch am Nova, ein letztes Mal in Österreich - das will natürlich niemand verpassen. Und Sum 41 ist eine der Bands, die vermutlich alle Besucher:innen mit jung sein und Schabernack machen verbinden. Vielleicht hitten die Songs nicht mehr ganz so hart wie beim allerersten Heartbreak, bei „Pieces“ gibts aber doch eine kollektive Gänsehaut. „Let’s do this one last time“, sagt Derek und schlatzt - ganz Rockstar - auf den Boden. Irgendwie will aber trotz der gewaltigen Masse an Menschen nicht so richtig Stimmung aufkommen. Die Musik ist eine Spur zu leise, aber bei „In Too Deep“ wird die Band ja sowieso von den mitschreienden Fans übertönt.

„Welcome to the family!“

Spannend wirds im Anschluss, denn als nächstes wird Yungblud auf der Bühne stehen. Er steht für eine neue Generation jugendlicher Rebellion, die aber ganz anders gepolt ist. Millenial vs. GenZ wenn man so will. Wie wird das Nova Publikum reagieren? Wird es schwer, nach einer Band wie Sum 41 aufzutreten? Nein. Obwohl etwa ein Fünftel der Leute da ist, ist die Energie mindestens fünf mal so groß. Schon ab der ersten Sekunde, in der Yungblud über die Bühne fetzt hat er die Menge erobert. Wer davor kein Fan war oder Yungblud vielleicht sogar gar nicht kannte, ist spätestens nach dem 2. Song überzeugt: „Is this your first Yungblud experience?“, fragt er. „Welcome to the family!“

Yungblood am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Egal wie kitschig oder pathetisch es auch klingen mag, man fühlt sich aufgehoben und wohl. My Chemical Romance, Twenty One Pilots, Yungblud - eine große Bereicherung für die Reihe der Acts, die so vielen jungen Menschen mit ihrer Musik das Leben gerettet haben. Yungblud gibt mit allem was er tut und sagt jedem Emo Kid, allen Außenseitern, Weirdos und queer Kids so viel. Vor allem so viel Hoffnung auf eine Zukunft, in der sie einen Platz haben werden. Diese Show ist überraschenderweise bereits jetzt eine der besten des gesamten Festivalwochenendes. Aber so ist das eben mit dem österreichischen Publikum - wenn du ihnen deine Energie gibst, kommt sie mit dreimal so viel Power zurück. „This has been one of my favorite Shows ever!“, sagt Yungblud. „Dankeschön, ich liebe dich!“ - Wir dich auch, immer zweimal so viel.

Yungblood am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Nach einer minimalen Erholungspause gehts mit dem nächsten Highlight weiter. Tenacious D, eine dieser Bands die man unbedingt mal live gesehen haben muss, und wenn es nur ist um bei „Tribute“ so laut mitzubrüllen, dass man sich selber den Teufel austreibt. Es wird wenig gequatscht, es gibt ein bisschen Feuer und Pyro - einzig und allein die Tatsache, dass Jack Black sicht nicht dazu durchringt, den wahrscheinlich besten Song des Jahres 2023 live zu spielen kann bemängelt werden. „Peaches“, aus dem aktuellen Super Mario Film, in dem Jack Black dem Bösewicht Bowser seine Stimme leiht, werden wir wohl nur aus Boxen am Campingplatz hören. Der Dude, der im Bowser-Kostüm auf den Schultern seines Freundes sitzt wirkt leicht geknickt - vielleicht macht er ja später noch eine „Peaches“-Performance.

Tenacious D am Nova Rock 2023

Franz Reiterer

Anschließend gilt es eine der schwersten Entscheidungen des Wochenendes zu treffen: Entweder zum großen, großartigen, richtig harten Metal-Act Parkwy Drive. Oder zu The Prodigy, einer der ärgsten Bands aller Zeiten.

Egal wie die Entscheidung ausfällt, an diesem Abend gehen alle glücklich zurück auf den Zeltplatz. Ausgepowert, müde gemosht und vom Festival gezeichnet werden sich noch die Mitternachtssnacks reingestopft - morgen ist ja auch noch ein Tag, der ja vielleicht sogar noch besser wird als der davor.

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