Nur beinahe unbesiegbar
Von Rainer Sigl
Es ist eigentlich kein Wunder, dass die Romane des legendären polnischen Science-Fiction-Autors Stanisław Lem wenig verfilmt und überhaupt noch nie als Videospiel umgesetzt wurden. In den Geschichten des 2006 verstorbenen Autors gibt es kaum wagemutigen Helden, keine bombastischen Schlachten oder gruselige Aliens. Stattdessen liest man von kühlen Wissenschaftern, moralischen Dilemmas und philosophischen Überlegungen - kaum Stoff für Hollywood, und für Games noch weniger.
Trotzdem ist es jetzt so weit: Mit dem ebenfalls aus Polen stammenden Game „The Invincible“ darf man in die Welt des gleichnamigen Romans aus dem Jahr 1964 eintauchen - ein atmosphärisch beeindruckender Trip im gelungenen retrofuturistischen Styling, mit der dazu passenden großartigen Synth-Musikkulisse.
Ein „Firewatch“ auf einem anderen Planeten
Als Astrobiologin Yasna finden wir uns in „The Invincible“ allein und ohne Gedächtnis auf der Oberfläche des Planeten Regis 3 wieder. Unsere Crew ist verschwunden, und wir müssen herausfinden, was passiert ist.
Aus der First-Person-Perspektive erforschen wir die raue, aber auch spektakulär schöne neue Welt, auf der sich anscheinend mysteriöse Dinge zugetragen haben. In Flashbacks werden uns immer wieder Teile der Vorgeschichte erzählt, via Funk sind wir in Kontakt mit unserem Navigator, dessen Weltsicht immer wieder mit unserer kollidiert. Wie im Games-Klassiker „Firewatch“ verbinden sich Erkundung, einfache Puzzles und Dialoge zu einer Geschichte mit einigen Überraschungen - wenn, ja wenn man genügend Geduld dafür aufbringen kann.

Starward Industries
Klassische Story, maues Gameplay
„The Invincible“ erzählt die klassische Science-Fiction-Story aus einer anderen Perspektive, bleibt aber ansonsten sehr nah am Werk Stanisław Lems - und das ist für ein interaktives Medium leider ein Problem.
„The Invincible“, entwickelt von Starward Industries und vertrieben von 11bit Studios, ist für Windows, PlayStation und Xbox erschienen.
Für die letztlich linear bleibende Erforschung dieser Welt sind etliche Kilometer zu laufen, und das im meist quälend langsamen Tempo. Die Kulisse ist beeindruckend, aber zugleich ziemlich leer, die Puzzles sind logisch, aber reichlich simpel und gegen Ende des mit knapp acht Stunden recht langen Abenteuers stellt sich angesichts mehrerer, nur mäßig befriedigender Enden die Frage, ob man stattdessen nicht doch lieber zum Lesen des Originalromans raten sollte.
Schade - das spannende Werk Stanisław Lems hätte sich eine packendere Umsetzung ins interaktive Medium verdient gehabt. „The Invincible“ ist kein schlechtes Spiel; richtig begeistern kann es allerdings auch nicht.
Publiziert am 06.11.2023