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MARC CARNAL

Am liebsten schreibe ich Witze über tote Erfinder

Ein Gagschreiber verrät sein Betriebsgeheimnis: Kaum etwas ist dankbarer als das Ableben von Erfindern. Pro-Tipp für alle, die den Text nicht lesen wollen: Die Witze kommen am Ende.

Eine Kolumne von Marc Carnal

Nach nun doch schon einigen Jährchen als Witzeschreiber fürs Fernsehen kann ich zwei Dinge feststellen: Erstens finde ich es gut, dass sich “Jährchen” als Verniedlichung von Jahr durchgesetzt hat und nicht etwa Jahrlein, Jahrle oder Jahri. “Mein junger Freund, ich hab auch schon ein paar Jahrlein mehr auf dem Buckel als du.”

Zweitens gibt es Kategorien von Gags, die immer besonders gut von der Hand gehen. Fällt ein Thema, zu dem ich One-liner schreiben soll, in eine dieser Kategorien, weiß ich meistens schon bei der Schlagzeile: Das wird easy.

Zum Beispiel der all-time Classic Ikea. Führt Ikea irgendein neues Produkt oder Service ein, liegt das perfekte Set-up am Silbertablett. Auch das jährlich gekürte Jugendwort des Jahres, Andreas Gabalier oder Innovationen bei McDonalds sind eigentlich immer sehr ergiebig.
Mein allerliebstes Genre sind allerdings Witze über kürzlich verstorbene Erfinder.

Geheimtipp: Am Sonntag lesen Peter Waldeck und Marc Carnal als Warm-up fürs EM-Finale um 18.30 Uhr am Naschmarkt im Rahmen von Wien dreht auf. Da bleibt dir garantiert das Schmunzeln im Hals stecken!

Gendern scheint in diesem Fall obsolet - Die Meldungen über Todesfälle von Erfindern der letzten Jahre betreffen ausschließlich Männer, wenn man von der kürzlich verstorbenen Doreen Lofthouse absieht. Ihre Erfindung ist allerdings weniger glamourös. Doreen Lofthouse hat das Logo von “Fischerman’s Friend” erfunden. Tatsächlich ist der Gender Gap im Bereich der Patentanmeldungen eklatant. Österreich ist in dieser Disziplin - what else - europäisches Schlusslicht, nur 6 Prozent der Patente werden hierzulande von Frauen eingereicht. Einerseits wünscht man sich, dass sich dieses Missverhältnis schnellstmöglich ändert, gleichzeitig graut einem vor den Kampagnen des Bildungsministeriums.

Bis in einigen Jahrzehnten endlich mehr Erfinderinnen sterben, schreibe ich eben Witze über tote Erfinder. Diese Witze werden erstaunlicherweise nie als pietätlos empfunden. Wenn nämlich z.B. über tote Landeshauptmänner gescherzt wird, ist große Aufregung garantiert. “Über Tote macht man keine Witze”, heißt es dann reflexartig. Muss man ja eh nicht sofort, aber: Wie lange genau “darf” man denn nun keine Witze über Tote machen?

Als sich 2018 der Tod von Jörg Haider zum zehnten Mal jährte, las oder hörte man neben Hunderten Dokus und Diskussionsrunden auch den einen oder anderen Scherz. Und selbst in diesem Fall, ein ganzes Jahrzehnt nachdem ein Mossad-Agent Haiders Bremskabeln durchgebissen hatte äh ich meine natürlich nach seinem tragischen Unfall, war die Aufregung unter seinen Jüngern riesig.

Wenn es nach den entrüsteten Anwälten der Totenruhe ginge, dürfte man ja nicht einmal über Kaiser Nero scherzen! Dass die Firma Nero ihre Brenn-Software “Nero Burning Rom” nannte, ist schon ziiiiiemlich gut. Geschmacklos ist dieser ausgefuchste Gag ganz sicher nicht, nur weil der zündelnde Herrscher nicht mehr lebt. Auch eine Hitler-Parodie wird kaum jemand mit dem Argument beanstanden, der arme Führer könne sich ja nicht mehr wehren.

Bei Witzen über verstorbene Erfinder regt sich erfahrungsgemäß niemand auf. Ich vermute, dass sie nicht als Spott, sondern vielmehr als letzte kleine Ehrerbietung empfunden werden, und genau das sollen sie ja auch sein. In diesem Sinne folgen meine Lieblingsgags über tote Erfinder, die ich in den letzten Jahren fürs Fernsehen geschrieben habe:

Dan Robbins, der Erfinder von „Malen nach Zahlen“, ist tot.
Glücklicherweise hat Robbins ein Testament geschrieben. Wie sein Vermögen aufgeteilt wird, haben seine Kinder schwarz auf weiß, oder wie Robbins gesagt hätte: 3 auf 9.

Lou Ottens, der Erfinder der Musikkassette ist gestorben.
Eine traurige Nachricht, aber man kann das Rad der Zeit eben nicht zurückspulen. Sein Leben ging stilecht zu Ende: Ein kurzes “Klack”, dann der plötzliche Kreislaufstillstand.

Peter Florjancic, der Erfinder des Parfumzerstäubers, ist im Alter von 101 Jahren verstorben.
Er hat sich einfach in Luft aufgelöst und sitzt jetzt da oben auf seiner Duftwolke. Denn wie heißt es so schön: Erde zu Erde, Asche zu Asche, Zerstäuber zu Zerstäuber.

Larry Tesler, der Erfinder von “Copy & Paste”, ist tot.
Sämtliche heimische Zeitungen haben Tesler die letzte Ehre erwiesen - Stilecht mit der apa-Meldung. Ganz besonders oe24 hat Tesler gehuldigt. Denn ohne seine geniale Erfindung müsste Wolfgang Fellner bis heute ohne Interviews auskommen.

Ikea-Gründer Ingvar Kamprad ist tot.
Ingvar, wohnst du noch oder stirbst du schon? Das Begräbnis fand im engsten Kreis der Ikea-Family statt, angereist kamen die zahlreichen Trauergäste Imbus.

Ross Lowell, der Erfinder des Gaffer-Tapes, ist verstorben.
Er hinterlässt eine riesige Lücke, die sich kaum gaffern lässt. Lowells trauernde Familie muss nach seinem tragischen Abkleben jetzt ganz fest zusammenhalten.

Sam Panopoulos, der Erfinder der Pizza Hawaii, ist tot.
Panopolous wurde ins Spital eingeliefert, starb aber noch im Krankenwagen. Krankenwagen sind wie der Pizzaservice. Wenn sie zu langsam sind, wird der Inhalt kalt.

Ray Tomlinson, der Erfinder der E-Mail, ist tot.
Bei seinem Begräbnis waren Familie und Freunde anwesend, oder wie Tomlinson gesagt hätte: sein Anhang.

Artur Fischer, der Erfinder des Fischerdübels, ist gestorben.
Er hinterlässt eine Frau, zwei Kinder und zehn Millionen zu große Bohrlöcher.

Gillis Lundgren, der Erfinder des Billy-Regals, ist gestorben.
Und zwar stilecht: Er brach plötzlich zusammen. Auch die Beisetzung war eine Hommage an seine große Erfindung. Die meisten Familienmitglieder und Freunde waren anwesend, aber Teile fehlten.

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