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Szenenbild aus dem Film "Para:Dies"

Elena Wolff

Diagonale

Das „Para:Dies“ liegt nicht im Salzburger Land

Ein weltoffenes, queeres Pärchen nestet sich für den Sommer in einer konservativen ländlichen Gegend ein. In der Doku-Fiktion „Para:Dies“ wird diese Beziehung nicht nur dadurch auf eine harte Probe gestellt.

Von Christian Pausch

Man darf den Rechten und den Heteros nicht das Land überlassen. So oder so ähnlich sehen es viele junge, linke, oft queere Menschen Anfang 30, die ihre ehemalige Heimat reclaimen wollen und dorthin zurückziehen. Als Jugendliche haben sie die Enge der Dorfgemeinschaften nicht mehr ausgehalten und sind deshalb der Reihe nach in die große Stadt gezogen. In Österreich heißt das oft Wien, vielleicht noch Graz, oder auch, wie im Fall von Lee und Jasmin, Berlin.

Dort konnten die beiden ihr Leben unbehelligter leben als am Land, sich mit Community Spirit und jeder Menge Gleichgesinnter einen Schutzpanzer aufbauen, der dann auch bei Besuchen bei der Familie helfen soll. Lee ist nonbinary und im Salzburger Land aufgewachsen und hofft, dass dieser Schutzpanzer vielleicht schon stark genug ist, um wieder dorthin zurückzuziehen, ins Haus der Eltern mit großem Garten und Indoor-Pool. Bei einem Sommertrip soll auch Lees Freundin Jasmin von den Reizen des Ländlichen überzeugt werden, doch die Beziehung sieht sich bald noch ganz anderen Hürden gegenüber.

Elena Wolff auf der Diagonale 2022

Radio FM4 | Christian Pausch

Elena Wolff beim FM4 Interview in Graz

Lee, gespielt von Regisseur*in Elena Wolff, und Jasmin, gespielt von Produzentin Julia Windischbauer, laden nämlich noch eine dritte Person ins vermeintliche Idyll ein: Amira, die fast über den ganzen Film nur hinter der Kamera agiert, denn sie dreht einen Doku-Film über die beiden. „Para:Dies“ wird ausschließlich durch Amiras Kameralinse gezeigt und so entsteht für uns Zuschauer*innen der Eindruck, dass es sich tatsächlich um eine Dokumentation handelt. Dass es in Wahrheit eine fiktionale Story ist, vergisst man im Laufe des Films zunehmend, so real ist das Setting.

Durch die Anwesenheit der Kamera versuchen Lee und Jasmin anfangs noch die Pärchenfantasie aufrecht zu erhalten, die sie sich auch selbst zurechtgelegt haben, doch nach und nach fallen die Fassaden ab und es offenbaren sich tiefe persönliche Traumata, die beide in ihre Beziehung mitgebracht haben. Das habe Elena an diesem Film besonders interessiert: Was passiert, wenn man jemanden hineinlässt in dieses sonst undurchdringliche und vulnerable Gespann einer Zweierbeziehung.

Es ist der Moment, wenn ein Trauma in einer romantischen Paarbeziehung zum Vorschein kommt, weil man so nackt ist.

„Para:Dies“ dauert nur 76 Minuten, hat es aber in sich: Es geht um Scham, um Trauma, um Stadtflucht, um Privilegien und den Umgang mit diesen aus einer queeren Perspektive. Trotz der vielen schweren und emotionalen Themen, hat Elena Wolff auch jede Menge Humor in das Drehbuch eingebaut. Besonders weiblich gelesene Personen dürfen in Filmen nur selten wirklich witzig sein, merkt Wolff im Interview an und ergänzt: „Ich finde, Humor ist das wichtigste Mittel, um alles zu erzählen. Auch Tragik vor allem.“ So wird „Para:Dies“ zu einer wilden Hochschaubahnfahrt der Gefühle, die auch ihre ruhigen und wunderschönen Momente hat.

FM4 präsentiert „Para:Dies“ auf der Diagonale

Am Samstag, 9. April 2022 zeigt die Diagonale den Film „Para:Dies“ um 18 Uhr im Annenhofkino in Graz, präsentiert von Radio FM4. Nach dem Film gibt es ein Gespräch mit den beiden Filmemacher*innen Julia Windischbauer und Elena Wolff.

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