FM4-Logo

jetzt live:

Aktueller Musiktitel:

Eisklettern in Osttirol

Radio FM4

FM4 Spotcheck

Spot Check: Eisklettern in Osttirol

Für die ersten Schritte beim Eisklettern braucht es einen sicheren Ort zum Üben. Der Eiskletterpark in Osttirol bietet die Möglichkeit mit Steigeisen und Pickel die ersten Schritte in die künstlich angelegten Eisfälle zu schlagen.

von Andreas Gstettner-Brugger

Eisklettern? Das mache ich nie. Das ist viel zu gefährlich. Das war meine Annahme, bevor ich zum 7. Eiskletterfestival nach Osttirol gefahren bin. Im künstlich angelegten Eispark gibt es dort die Möglichkeit in geschütztem Rahmen die ersten Versuche im kalten Eis zu unternehmen. Genau der richtige Moment, um einen Anfänger:innen-Workshop zu besuchen.

Der Eiskletterpark in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Der Osttiroler Eispark umfasst rund 90 Routen mit verschiedenen Schwierigkeitsgraden in Höhen von 8 bis 40 Metern

Nachhaltiges und sicheres Eisklettern

Ein Amerikaner, ein Inder und ein Neuseeländer treffen sich zum Eisklettern. Was wie ein Witz beginnt, ist letzten Samstag wirklich so passiert. Ich treffe Dan der ursprünglich aus Neuseeland kommt, Atul aus Indien und Jason aus Amerika beim Tauernhaus in Osttirol, in der Nähe von Matrei.

Eisklettern in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Sie alle leben derzeit in Europa und sind zum Festival hierher gekommen. Gemeinsam gehen wir bei Minus 12 Grad in der Früh über verschneite Felder rund 20 Minuten zum Eispark, der sich in einer kleinen Schlucht versteckt. Es ist kurz vor 9:00 Uhr und um diese Zeit scheint die Sonne auf die glitzernden Eisfälle. Allerdings nur für kurze Zeit, dann liegt das ganze Gebiet im Schatten.

Die Location ist ideal, wie Alpinist und Obmann des Vereins „Freunde des Eispark Osttirol“ Vittorio Messini meint. Denn es braucht mindestens zwei Wochen mit Temperaturen um die Minus 10 Grad, damit sich genügend Eis bildet. Oberhalb der Wände haben die Gründer eine Wasserfassung angelegt, die das Wasser eines Bachs in Rohre umleitet. Alle 5 bis 6 Meter sind Düsen angebracht, durch die das Wasser den Fels herunterrinnen kann. Zusätzlich wird vom Eiskletterpark-Team während der Saison von Dezember bis Ende Februar der Fels vereist. Die ganze Anlage entspricht den Naturschutz- und Sicherheitsbestimmungen, so das nachhaltig und gefahrenfrei geklettert werden kann.

Wie Raupen am Eis

Am Gelände treffen wir Isidor Poppeller, Bergführer und Iceguide, der mit uns das Material aussucht. Während des Festivals stellen verschiedene Outdoorfirmen ihre Produkte zu Testzwecken aus. Neben Klettergurt und Helm, die wir selbst mitgenommen haben, benötigt man steigeisenfeste Bergschuhe, zwei Pickel und Steigeisen. Bevor wir loslegen können, erklärt uns Isidor die Grundtechniken.

Eisklettern in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Jason versucht sich in der „Raupentechnik“ beim Klettern

In der „Raupentechnik“ steigt man mit den Füßen zwei mal weiter, auf Absätze, oder man hackt die Steigeisen in plattiges Eis, dann schlägt man die Pickel links und rechts meist auf gleicher Höhe ein. Hierbei wird am Ende des Schwungs vor allem mit dem Handgelenk der Pickel ins Eis getrieben. Auch hier verwendet man die natürlichen Strukturen, wie Löcher, Spalten oder Absätze, bei denen man die Pickel einfach „einhängt“, was sehr kraftsparend ist. In der Dreieckstechnik bildet man mit einem eingeschlagenen Pickel, an dem man sich hält, und beiden Füßen links und rechts der Falllinie ein Dreieck. Man steht also mit dem Körperschwerpunkt unter dem Haltearm. Dann setzt man den den zweiten Pickel höher und steigt mit beiden Füßen nach und positioniert den Körperschwerpunkt wieder unter der Haltehand.

Am Anfang ist die Koordination dieser Bewegungen schwierig. Vor allem die Ferse unten zu lassen, denn wenn man sie intuitiv hebt, hebelt man die Zacken der Steigeisen aus dem Eis und rutscht ab.

Hinzu kommen natürlich noch die klassischen Sicherungstechniken des Kletterns, die beherrscht werden müssen. Bei dem Anfängerkurs wird „Toprope“ geklettert, das heißt das Seil ist oben in einer sicheren Verankerung eingehängt. Man bindet das Seil in den Gurt, das von oben kommt und bei einem möglichen Sturz fällt man sofort ins Seil.

Für Dan ist es schwierig bei den ersten Eiskletterversuchen sich daran zu erinnern die Fersen „hängen“ zu lassen, damit man stabil am Eis steht. Und Jason bemerkt den „Overgrip“, das zu feste Halten an den Pickeln. Damit „pumpen“ sich die Unterarme auf und man verbraucht zu viel unnötige Kraft. Und Atul, der überhaupt zum ersten Mal im Leben klettert, schafft es bereits am zweiten Kurstag eine steile Route 10 Meter im Eis zu klettern.

Eisklettern in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Mit ein bisschen Übung und Klettererfahrung kann man sich auch an 25 Meter hohe, senkrechte Eisfälle wagen. Im „Toprope“ alles recht save und ein Vergnügen sich auszuprobieren.

Für jede:n was dabei, wenn das Eis ins Gesicht spritzt

Der Eispark in Osttirol hat rund 90 Touren in verschiedenstem Gelände. Von geneigten Felswänden, die mit der dicken Eisschicht überzogen sind, über senkrechte, gefrorene, kleine Wasserfälle bis zu überhängenden Routen, wobei hier die Athlet:innen meist Felsstrukturen und hängende Eisfälle verwenden. Die Höhe der Routen variiert von 8 bis 40 Meter, wobei die Wandneigung entscheidend dafür ist, ob die Tour kraftaufwändig ist und welche Techniken sie fordern. Manchmal sieht man bei Profis die „Figure of 4“. Hierbei schlingt man mit dem Bein über den eigenen Arm mit dem man sich am Pickel festhält, wenn im Überhang kein Tritt zu finden ist. Spektakulär und koordinativ anspruchsvoll. Vor allem schwierig, sich dabei nicht die Steigeisen in den Arm zu rammen.

Eisklettern in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Bei den zweiten Österreichischen Staatsmeisterschaften im Eisklettern sieht man die berühmte Technik „Figure of 4“ beim Einstieg der Tour. Denn hier gibt es keine Möglichkeit, die Füße viel anders zu platzieren.

Nach den Workshops findet beim 7. Eiskletterfestival dann noch der „Eismaster“, ein Fun-Speed-Kletterbewerb statt, bei dem die Kletterer:innen sich so schnell wie möglich eine Route raufkämpfen müssen. Und im Anschluss werden die Österreichischen Staatsmeisterschaften im Eisklettern ausgetragen. Eine spannende Präsentation davon, was im Eisklettern so alles möglich ist.

Eisklettern in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Volle Konzentration von Jason und Atul beim Sichern

Für Dan, Jason, Atul und mich waren die Tage beim Eiskletterfestival eine schöne Erfahrung und wir haben gemerkt was man in kurzer Zeit lernen und schaffen kann. Der Spaß an der Bewegung, das intensive Gefühl der Kälte, das ins Gesicht spritzende Eis, die koordinatorischen Herausforderungen und das Naturerlebnis lassen eine:n sehr lebendig fühlen. Und das alles in einer sicheren Umgebung.

Denn wie Jason richtig anmerkt, muss man bei einer Tour außerhalb eines künstlichen Eisparks sehr viel alpines Know-How mitbringen. Wetter- und Lawinenkunde und Tourenplanung, sowie körperliche Fitness bei längeren Auf- und Abstiegen sind unerlässlich. Und wenn man in die Königsdisziplin, das „Vorsteigen“, wechseln will, bei der man sich mittels Eisschrauben selbst sichert, die man in die Wasserfälle dreht, braucht es viel Erfahrung und auch die entsprechende mentale Stärke.

Reservieren und loslegen

Für die ersten Schritte im Osttiroler Eispark muss man sich auf der Website registrieren und sich für einen bestimmten Tag einen Platz reservieren. Denn die Besucher:innenzahl ist auf 80 pro Tag limitiert. Leihmaterial erhält man im Tauernhaus, am besten mit Vorbuchung. Und wer komplett neu anfängt, ist mit einem Kurs oder einem der Iceguides gut beraten.

Von Dezember bis Anfang März besuchen rund 2000 bis 3000 Besucher:innen den Eispark, für den Verein bedeutet die Schaffung und Instanthaltung des Parks mehrere hunderte Arbeitsstunden. Dabei ist der Eispark eintrittsfrei zu besuchen. Über eine Spende für die Arbeit freut sich jedoch der Verein „Freunde des Eispark Osttirol“.

Dan, Jason, Atul und Bergführer Isidor Eisklettern in Osttirol

Andreas Gstettner-Brugger

Glückliche und strahlende Gesichter am Ende des Workshops [v.l.n.r.]: Jason, Bergführer und Iceguide Isidor Poppeller, Atul und Dan.

Wenn man die Berge und das Klettern liebt und sich einmal ans Eisklettern herantasten will, dann ist der Kletterpark in Osttirol the place to be. Besser früher als später probieren, denn niemand weiß, wie lange das Klima noch mitspielt und wir Wochen erleben, bei denen es durchgehend unter -10 Grad hat.

Aktuell: