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Indika

Odd Meter

Nonne auf Abwegen

„Indika“, das Debüt eines exilrussischen Entwicklerstudios, ist surreales Arthouse-Kino zum Spielen: stilsicher, ungewöhnlich und verstörend.

Von Rainer Sigl

In Videospielen schlüpft man ja in verschiedenste Rollen, als russisch-orthodoxe Nonne war man aber mit ziemlicher Sicherheit noch niemals in virtuellen Welten unterwegs. Im Game „Indika“ spiele ich eine junge Nonne gleichen Namens, die ihr Leben in einem Kloster führt.

Das Team von Odd Meter befindet sich seit 2022 wegen des russischen Kriegs gegen die Ukraine im selbstgewählten Exil in Kasachstan wird und vom polnischen Indie-Publisher 11bit Studios betreut.

Am Anfang des Spiels des russischen Entwicklerstudios Odd Meter werde ich mit einem Brief aus meinem Kloster in die Welt geschickt - und die ist ziemlich schräg: eine Art Steampunk-Version eines Russlands irgendwann Anfang des 20. Jahrhunderts. Auf meinem Weg treffe ich bald schon einen entflohenen Häftling, gemeinsam suchen wir nach unserer jeweils ganz persönlichen Erlösung.

Third-Person-Glaubenskrise

Aus der Schulterperspektive erforsche ich diese schneebedeckte Welt voller brutaler Militärs, verlassener Dörfer und riesiger, surrealer Industrieruinen. Verlaufen kann ich mich dabei nicht, spielerische Herausforderung gibt es in Form eher einfacher Rätsel und manchmal etwas hakeliger Geschicklichkeitstests.

„Indika“, entwickelt von Odd Meter, vertrieben von 11bit Studios, ist für Windows erschienen, Konsolenversionen werden folgen.

Die Hauptsache in „Indika“ ist aber die Story, die in gekonnt filmisch inszenierten Cutscenes und Dialogen eine beachtliche Tiefe und Ambition entwickelt. In den Gesprächen mit meinem Weggefährten und der wie in „Hellblade“ in meinem Kopf flüsternden Stimme eines psychotischen oder aber satanischen Erzählers aus dem Off geht es buchstäblich um Gott und die Welt: Die Themen sind Glauben, freier Wille und Schuld. Unterbrochen wird die Handlung immer wieder durch Rückblenden in die Vorgeschichte der Heldin, die in sympathischem 2D-Pixelstil gestaltet sind.

Indika

Odd Meter

Absurd, witzig, düster

Das Schicksal der Figuren ist durchaus tragisch, trotzdem sorgen die gekonnt stylische Inszenierung und ein absurder Humor dafür, dass dieses russische Drama immer unterhaltsam und spannend ist. Nach drei bis vier Stunden ist die Odyssee am Ende, und man bleibt beeindruckt und ein wenig verstört zurück. Weil die russisch-orthodoxe Kirche, die sich bekanntlich auch im Ukrainekrieg eindeutig aufseiten Putins gestellt hat, hier nicht besonders gut wegkommt, gab es schon vorab Drohungen gegen den Entwickler.

Wäre „Indika“ ein Film, würde es in verrauchten Arthouse-Kinos gezeigt, als Spiel ist es ein cooles Unikat, das hin und wieder ausgerechnet an seinem Gameplay strauchelt, wenn etwa einzelne Szenen immer und immer wieder neu versucht werden müssen. Zum Glück stört das nur wenig: Wer außergewöhnliche Spiele liebt, kommt an diesem hier absolut nicht vorbei. Man darf sich auf weitere Spiele dieses Studios freuen.

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