Neue Musik von Gashtla, Sigrid Horn, Resi Reiner u.v.m.

Hip Hop Druckausgleich unter Wasser, leiser Pop mit Streichquartett, Popliebe statt Verabschiedung und der Wunsch, durch Gitarrenmusik ein Stück glücklicher zu sein. Das sind die neuesten Videos und Singles der Woche aus Österreich.

von Andreas Gstettner-Brugger

In dieser Affenhitze verflüchtige ich mich meist gern in die Berge. Das kann man übrigens auch „klimafreundlich“, wie uns hier Simon Welebil nahelegt. Oder man kann sich in einen klimatisierten Raum auf die Couch legen und sich die neuesten Songs und Videos aus Österreich anhören und ansehen. Da gibt’s diese Woche nämlich Einiges.

Zum Beispiel darf man sich über unseren neuen Soundpark Act des Monats Juli freuen: Apollo Sissi. Der hat sich doch glatt das Wort Rockstar auf den Bauch tätowiert. Zumindest im Song „hasse alles (ausser dich)“. Außerdem verliert er sich gerne im Verliebtsein.

Und wer sich dann doch nach draußen wagen will, kann sich schon auf Ende Juli freuen. Denn da findet wieder das Wiener Popfest statt. Das Line-Up von Anna Mabo und Dorian Concept erstellt, verspricht ein spannendes Festivalwochenende am und rund um den Karlsplatz.

Und wir gehen jetzt gleich mal auf Tauchgang.

Gashtla - „Druckausgleich“

Mein werter Kollege Florian Wörgötter spaziert mit österreichischen Acts immer durch ihre Heimat. Zuletzt ist er für die Reihe „FM4 in Viertel“ mit Cari Cari am Neusiedlersee gewesen. Unter dem Namen Gashtla macht der Journalist und Photograph auch selbst Musik. Sein zweites Album nennt sich „Dive Mode“. Ein Konzeptalbum, bei dem jede Nummer immer tiefer auf der Tauchskala Richtung Marianengraben führt. Ein ausführliches Interview mit Gashtla zu dem Album findet ihr hier. Angereichert mit Samples von Meeresbiolog*innen und Forscher*innen rappt er auch selbst und hat manchmal mit den Füßen im Meer die Percussions gemacht.

In dem Track „Druckausgleich“ geht es nicht nur in die Abgründe des Meeres, sondern auch in die derzeitigen sozialen und politischen Abgründe, die unsere Gesellschaft spalten. Also tauchen wir ab mit Gashtla, auf dass wir beim Auftauchen wieder einen freien Kopf haben.

Sigrid Horn - „Leiser“

Ein Album mit Streichquartett. Wie wunderschön. Und dann noch die Stimme von Sigrid Horn dazu. Darauf können wir uns im Herbst freuen. Der erste Vorbote ist ein zartes Stück über den Zerfall einer Beziehung. Über sich immer mehr breit machende Sprachlosigkeit. Durch das Streichquartett bekommt der Song trotz seiner Reduziertheit eine starke Dynamik. Auch ein starkes Zeichen nach mehr als drei Jahren Veröffentlichungspause.

Resi Reiner feat. Rahel - „Volare“

Zwei Sängerinnen und Stimmen, die sowohl vom Timbre als auch von der Art, Musik zu machen, gut zusammenpassen, sind Resi Reiner und Rahel. Statt in den Flixbus zu steigen, vergnügen sich die beiden im Prater und führen Hunde an der Leine spazieren. „Volare“ ist ein verträumtes, liebevolles Lied, dass das Flimmern der Stadthitze ebenso gut transportiert wie auch die Gefühle füreinander. Statt Abschied doch noch bleiben und die gemeinsamen Stunden genießen, egal was morgen kommt.

Pande - „Happier“

Der Wiener Musiker Dominik Pandelidis alias Pande möchte gerne glücklich sein. Da ist er wohl auf der Suche nach sich selbst manchmal falsch abgebogen, wie er in seiner neuen Single singt. Musikalisch ist er jedoch auf dem richtigen Gleis. Schöner Indiepop mit ebenso schön verzerrten Gitarren. Weezer und Beck lassen grüßen. Reduziert auf das, was einen guten Popsong ausmacht: schlichte Strophen und ein ohrwurmartiger Refrain. Reduziert auch das Video, das nur mit Schwarz und Weiß auskommt und mit vielen liebevoll gestalteten Ideen überrascht.

Hidden By The Grapes - „Herz geht auf“

Die Grazer Band Hidden By The Grapes sind eigentlich fest im Punk, Postrock, Hardcore und Rock verankert gewesen. Diesmal rauchen zwar noch die Röhren der Gitarrenverstärker, jedoch wird hier der Dialekt über die brachiale Musik gelegt. Inklusive Falco-Zitat. Da können wir noch gespannt sein, was auf dem füften Album „Opus“ noch so alles oben ist und ob uns davon auch das Herz aufgehen wird. Dieses Stück, das vielleicht eine Kreuzung von Attwenger und Bulbul sein könnte, ist mit einem außergewöhnlichen Video kunstvoll umgesetzt.

Auch noch gut und gut zu wissen

• Fast jeder österreichische Act scheint einen Sommertune gemacht zu haben. „Blue Crystal Water“ kommt mit dem gewohnten psychedelischen Einschlag von Pressyes mit Rumkugel-Feeling.

• Schöner Retro-Indie-Elektronik-Sound kommt von Paul Ruben mit dem Song „Ich schmelze“. Zu finden auf einer EP, die Paul beim Renovieren eines alten Hauses auf einer nicht ganz so alten Festplatte gefunden hat. Früher hätte er die deutschen Songs nicht veröffentlicht. Heute passt ihm das ganz gut ins Konzept. Vor allem bei der Hitzewelle ist dieser Song passend.

• Was machen, wenn plötzlich alles anders ist und keine Kerze mehr brennt? Im Dunklen hat Jasch in „Alles Anders“ seinen Veränderungsprozess mit Indiepop festgehalten.

• Wenn der Ehepartner stirbt, dann ist man mit der Einsamkeit konfrontiert. Über diese schwierige Situation seines Großvaters hat Modest Oda den fantastischen Song „The Long Way“ geschrieben, der ein bisschen nach Roosevelt klingt. Was eine gute Referenz ist.

• Das italo-österreichische Projekt rossvanboss geht diesmal kerzengerade in die „disco disco“.

• Jakuba und keeplove haben sich mit fetten Beats und humorigen Lyrics aufgemacht, die Musiklandschaft unsicher zu machen. Mit „Der Jäger“ wildern sie im Hip Hop, Indiepop und Kinderlied Genre.

• Grayshadow ist bekannt für seine breit angelegte Indieproduktion. Auch der neue Song „Nothing’s The Same“ klingt international und flockig. Auch wenn nichts gleichbleibt, bleibt hier Greyshadow in einer unglücklichen Beziehung stecken.

• Letzten Donnerstag hat Lisa Schneider im Soundpark mit Soundpark Act des Monats Juli Apollo Sissi geplaudert und ARAI war auch zu Gast.

• Und letzten Sonntag habe ich Euch in der Soundparknacht das Album von Gashtla vorgestellt, mit Sprachnachrichten von Florian Wörgötter, der gerade in Italien am Meer gesessen ist. Außerdem waren die Konzerte von AVEC beim Lido Sounds und von Raf Camora vom Donauinselfest zu hören.